Das Europäische Parlament und die Minister der EU-Mitgliedstaaten haben sich gestern auf einen Kompromiss zum Telekommunikations-Binnenmarkt geeinigt. Damit sollen die Roaming-Gebühren am 15. Juni 2017 fallen und Mobilfunknutzer bei Reisen innerhalb der EU denselben Preis zahlen wie zu Hause. Außerdem werden erstmals strenge Regeln für Netzneutralität im EU-Recht verankert, die allen EU-Bürgerinnen und Bürger einen diskriminierungsfreien Zugang zu Internetinhalten garantieren. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch eine ehrgeizige Reform der EU-Telekommunikationsvorschriften im Jahr 2016, unter anderen sollen in Zukunft die Funkfrequenzen auf EU-Ebene effektiver abgestimmt werden.
Andrus Ansip, EU-Kommissar für den digitalen Binnenmarkt, begrüßte den Vorschlag: „Die Bürgerinnen und Bürger Europas haben das Ende der Roaming-Gebühren ebenso wie und Vorschriften für die Netzneutralität gefordert und darauf gewartet. Auf ihre Forderungen wurde eingegangen. Es liegt noch viel Arbeit vor uns, um einen digitalen Binnenmarkt zu schaffen. Unsere Pläne dafür wurden vergangene Woche von den Staats- und Regierungschefs uneingeschränkt gebilligt, und wir sollten in dieser Sache jetzt umso schneller vorankommen.“
Günther H. Oettinger, EU-Kommissar für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft, ergänzte: „Ich bin froh und erleichtert, dass eine politische Einigung gefunden wurde – und die Roaming-Gebühren endlich abgeschafft werden. Auch bei der Netzneutralität haben wir eine sehr gute Lösung mit EU-weiten pragmatischen Regeln gefunden. Davon werden Verbraucher und Unternehmer profitieren. Bei der anstehenden Überprüfung der EU-Telekommunikationsvorschriften werden wir auf diesen wichtigen Grundlagen aufbauen.“
Billigung von EU-Parlament und -Rat steht aus
Die EU-Kommission hatte vor fast zwei Jahren ihren Vorschlag unterbreitet und immer wieder für eine schnelle Annahme und vor allem eine schnelle Abschaffung der Roaming-Gebühren geworben. Im Anschluss an die politische Vereinbarung muss der Text vom Europäischen Parlament und vom Rat förmlich gebilligt werden. Danach wird er in alle EU-Amtssprachen übersetzt, im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und schließlich offiziell in Kraft treten.
Damit die Roaming-Gebühren wegfallen können, muss eine Reihe technischer Voraussetzungen erfüllt sein. Die EU wird die notwendigen Vorbereitungen treffen. Die Kommission setzt alles daran, um diese Voraussetzungen zu schaffen und sicherzustellen, dass der Wegfall der Roaming-Gebühren ab dem ersten Tag wirksam wird.
2016 wird das Roaming günstiger
Schon von April 2016 an wird Roaming günstiger: Die Betreiber können auf die national geltenden Tarife nur noch geringe zusätzliche Gebühren erheben, diese betragen (ohne Mehrwertsteuer): 0,05 Euro pro Minute eines Anrufs, 0,02 Euro für jede gesendete SMS und 0,05 Euro pro Daten-MB.
Mit den neuen Regeln zur Netzneutralität erhalten Nutzer freien Zugang zu den Inhalten ihrer Wahl, sie werden nicht mehr ungerechterweise blockiert oder ihre Geschwindigkeit gedrosselt; ein bevorzugter Zugang gegen Bezahlung wird verboten. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass der Zugang zur Website eines neuen „Start-Up“-Unternehmens nicht mehr unfairerweise verlangsamt wird, um einem Großunternehmen Vorrang zu geben. Keine Dienstleistung wird blockiert, weil Anbietern von Internetdiensten keine zusätzlichen Gebühren gezahlt werden. Es wird keine Filterfunktionen mehr geben, von denen es abhängt, wozu die Bürgerinnen und Bürger Zugang haben.
„Offenes Internet“
In einem „offenen Internet“ wird der gesamte Datenverkehr gleich behandelt – er unterliegt lediglich der effizienten Abwicklung der täglichen Netzverwaltung durch die Anbieter von Internetdiensten ebenso wir streng umrissener und klar festgelegter Ausnahmen im öffentlichen Interesse, wie beispielsweise Netzsicherheit oder der Bekämpfung von Kinderpornografie.
Gleichzeitig haben die Anbieter von Internetzugängen weiterhin die Möglichkeit, spezielle Dienste höherer Qualität wie z. B. Internetfernsehen oder neue, innovative Anwendungen anzubieten, solange diese Dienste nicht auf Kosten der Qualität des „offenen Internets“ erbracht werden.
Die EU erhält die weltweit strengsten und umfassendsten Vorschriften für „offenes Internet“, die durch gestärkte Rechte für End-Nutzer sicherstellen, dass die Teilnehmer auch erhalten, wofür sie bezahlen. Die Regeln werden EU-weit für alle Mitgliedstaaten Wirklichkeit, sobald der Text vom 30. April 2016 an gilt.
Durch diese gemeinsamen EU-weit gültigen Internetvorschriften wird eine Aufsplitterung des Binnenmarkts vermieden, Rechtssicherheit für Unternehmen geschaffen und die grenzübergreifende Arbeit erleichtert.