Was können Sie unternehmen, wenn der niederländische Kunde Ihren Rechnungen zwar nicht widerspricht, oder er mehrmals schriftlich bestätigt hat, dass er Ihre offenen Rechnungen zahlt, er es dann aber trotzdem nicht macht? Ein deutscher Gläubiger würde in so einem Fall meistens ein Mahnverfahren in die Wege leiten. Das wäre in den Niederlanden nicht möglich, weil die Niederlande kein Mahnverfahren nach deutscher Art kennen. Der Europäische Zahlungsbefehl könnte jedoch eine gute Alternative sein. Wir zeigen Ihnen in 4 Schritten, wie Sie in dem Fall am besten vorgehen.
Schritt 1: Das richtige Gericht aussuchen
Prüfen Sie bitte vorab, ob das Antragsformular beim niederländischen oder deutschen Gericht einzureichen ist. Reichen Sie das Formular nämlich beim falschen Gericht ein, wird Ihr Fall nicht bearbeitet. Sie sind dann aber trotzdem verpflichtet, die Gerichtskosten zu zahlen. Dadurch können unnötig hohe Kosten entstehen. Die Gerichtskosten richten sich nach dem Streitwert. Eine Übersicht der niederländischen Gerichtskosten finden Sie hier.
Häufig steht im Vertrag oder in den AGB eine Gerichtsstandklausel. In dem Fall ist es schnell deutlich, ob Sie das Formular beim niederländischen oder deutschen Gericht einreichen müssen. Ist der Kunde ein Verbraucher, dann gilt, dass ausschließlich das Gericht zuständig ist, wo der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.
In den Niederlanden ist nur das Landgericht Den Haag für Europäische Zahlungsbefehle zuständig. Den Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls haben Sie also bei diesem Gericht zu beantragen. Die Kontaktdaten des Landgerichts Den Haag finden Sie hier.
Schritt 2: Das Antragsformular ausfüllen, unterzeichnen und einreichen
Das niederländische Antragsformular finden Sie hier. Es ist in niederländischer Sprache auszufüllen, auszudrucken und per Post an das Gericht zu versenden. Es besteht keine Anwaltspflicht, d.h., dass Sie das Formular selber, ohne Anwalt einreichen können.
Der Antrag muss:
- die Namen und Kontaktdaten der Parteien (und Vertreter);
- die Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit;
- die Gründe dafür, dass die Sache als grenzüberschreitend anzusehen ist;
- die Bankverbindung (fakultativ);
- die Hauptforderung und Zinsen;
- die Kosten und Vertragsstrafe (falls zutreffend);
- eine Beschreibung der vorhandenen Beweismittel, auf die sich die Forderung stützt;
- zusätzliche Erklärungen und weitere Angaben (falls erforderlich) und
- die Angabe zum weiteren Verfahren im Falle eines Einspruchs durch den niederländischen Kunden beinhalten.
Schritt 3: Eventuelle Änderungen oder Berichtigungen des Antrags fristgerecht durchführen
Das Gericht prüft den Antrag und räumt Ihnen, falls erforderlich, die Möglichkeit ein, den Antrag zu vervollständigen oder zu berichtigen. Dafür legt es eine angemessene Frist fest. Antworten Sie nicht fristgerecht oder lehnen Sie den Vorschlag des Gerichts ab, so weist das Gericht den Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls insgesamt zurück.
Den Antrag wird auch zurückgewiesen, wenn:
- bestimmte gesetzliche Voraussetzungen nicht erfüllt worden sind oder
- die Forderung offensichtlich unbegründet ist.
Schritt 4: Die Zwangsvollstreckung in den Niederlanden einleiten
Das Gericht stellt den Zahlungsbefehl dem niederländischen Kunden zu. Ab der Zustellung hat er 30 Tage Zeit, die geforderte Geldsumme zu bezahlen oder Einspruch gegen den Zahlungsbefehl zu erheben.
Legt der niederländische Kunde innerhalb der Frist Einspruch gegen den Zahlungsbefehl ein und beantragen Sie, ein Zivilprozessverfahren beim niederländischen Gericht zu führen, gibt das Landgericht Den Haag diesen Rechtsstreit an das von Ihnen zu benennende, zuständige niederländische Gericht ab. Es besteht für Sie aber auch die Möglichkeit, das Verfahren einzustellen.
Soweit kein Einspruch vorliegt, erteilt Ihnen nach Ablauf der Einspruchsfrist das Gericht eine vollstreckbare Ausfertigung des Zahlungsbefehls, mit dem Sie die Zwangsvollstreckung in den Niederlanden einleiten können.
Grundsätzlich können alle Vermögensgüter des niederländischen Kunden gepfändet werden. Manche Vermögensgüter sind allerdings ausgenommen.
Wouter Timmermans berät und vertritt seit vielen Jahren deutsche Unternehmen mit seiner Expertise im niederländischen Recht. Er ist Anwalt der Kanzlei Stellicher advocaten NV in Arnheim (Niederlande) und Vorsitzender des Deutsch-Niederländischen Businessclubs Gelderland.