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Niederlande verzeichnen historisch niedrige Zahl an Insolvenzen

Die Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise haben 2021 zahllose Unternehmen in den Niederlanden vor der Pleite bewahrt. Die Anzahl der Insolvenzen war übers Jahr gesehen historisch niedrig. Vorläufigen Angaben des Centraal Bureau voor de Statistiek (CBS) zufolge wurden im vergangenen Jahr insgesamt 1.536 Unternehmen für insolvent erklärt. „Das ist nicht nur 43 Prozent weniger als im Vorjahr, es ist auch die zweitniedrigste Zahl seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 1981“, weiß Gabi Preiss, Geschäftsführerin von Incasso Preiss in Rotterdam. Nur 1990 habe die Zahl der zahlungsunfähigen Unternehmen im Nachbarland mit 1.527 knapp daruntergelegen.

Gabi Preiss
Gabi Preiss

Die Zahl der Insolvenzen im Jahr 2021 war somit die niedrigste seit 31 Jahren. „Dass in Zeiten der Pandemie weniger Unternehmen für zahlungsunfähig erklärt worden sind, ist ohne Zweifel das Ergebnis der gezielten Corona-Hilfsmaßnahmen durch die niederländische Regierung“, betont CBS-Sprecherin Marjolijn Jaarsma. Andererseits gebe es aus nachvollziehbaren Gründen in Zeiten der Pandemie auch weniger Unternehmensgründungen. „Es ist nicht gerade die geeignetste Zeit, ein Unternehmen zu gründen“, so Jaarsma. „Vor der Corona-Krise haben mehr Menschen den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt, von denen manche dann vielleicht bald gescheitert sind. Heute, wo es weniger Gründer gibt, gibt es folgerichtig weniger Insolvenzen bei Startups.“

Stärkster Rückgang der Insolvenzen beim Handel

Die Zahl der Insolvenzen ging im Übrigen in fast allen Branchen zurück. Insgesamt war der Rückgang beim Handel indes am stärksten. Dort sank die Zahl von 581 im Jahr 2020 auf 289 im Jahr 2021, ein Rückgang von 292. Im Einzel-, Großhandel und Autohandel sank die Zahl der Insolvenzen um 146, 132 bzw. 14. Zudem sank die Zahl der Insolvenzen im Gastgewerbe von 235 im Jahr 2020 auf 97 im Jahr 2021. Im Beherbergungsgewerbe sank die Zahl der Insolvenzen um 29 und in der Gastronomie um 109. Das Gastgewerbe verzeichnete von allen Branchen den stärksten Anstieg der Insolvenzzahlen (39). Damals gingen gerade zu Beginn der Corona-Krise relativ viele Unternehmen in Konkurs.
Der deutliche Rückgang der Insolvenzen im Vergleich zu 2020 vollzog sich auch auf der Ebene der Provinzen des Landes. Den größten Rückgang gab es in der Provinz Noord-Holland mit 254 Unternehmen. Relativ gesehen verzeichnete die Provinz Zeeland den größten Rückgang (um 60 Prozent). Die Provinzen Zuid-Holland, Noord-Holland und Noord-Brabant verzeichneten die meisten Insolvenzen, dort befinden sich aber auch die meisten Unternehmen.

Manchen Unternehmen gehen die Reserven aus

Der Rückgang der angemeldeten Insolvenzen kann auch Gabi Preiss zufolge nicht von der Nothilfe der Regierung getrennt gesehen werden. Das erfahre ihre Incasso-Firma tagtäglich beim Forderungseinzug. Schuldnerfirmen teilten ihr regelmäβig mit, dass man „mit Hilfe der Unterstützung durch die Regierung den Kopf gerade mal über Wasser halten” könne. „Auch teilen Schuldnerfirmen uns mit, dass die zur Weiterführung des Unternehmens notwendigen eigenen Reserven erschöpft sind. Und das ist bedenklich,“ so Preiss. „Der Wegfall der Regierungshilfen, der für Ende März diesen Jahres angepeilt ist, dürfte Konsequenzen zeitigen und die Insolvenzzahlen über kurz oder lang womöglich wieder ansteigen lassen.“

Was, wenn die Hilfsmaßnahmen auslaufen?

In absehbarer Zeit werden die Hilfsmaßnahmen auslaufen. Ob dies dann zu einer aufgeschobenen Insolvenzwelle führen wird, lässt sich nur schwer vorhersagen. CBS-Sprecherin Marjolijn Jaarsma macht es davon abhängig, ob der Geldhahn auf einen Schlag zugedreht würde, wie die Hilfe zurückgezahlt werden müsse und ob es womöglich durch eine weitere Covid-Variante zu einem erneuten Lockdown käme. „In dem Fall wird es für viele Unternehmer extrem schwer“, so Jaarsma.