Trotz Mentalitätsunterschieden: Der Ton macht die Musik

Trotz Mentalitätsunterschieden: Der Ton macht die Musik
John Mazeland

Deutsche und Niederländer kommen recht gut miteinander zurecht, außer wenn es um Fußball geht… Allerdings existieren deutliche Mentalitätsunterschiede, die mit dafür verantwortlich sind, ob eine Geschäftsbeziehung geschmeidig oder nur mit Reibungen verläuft.

Im Allgemeinen kommen die Niederländer mit ihrer lockeren Art in Deutschland gut an. Man ist schnell beim Du und beim Vornamen. Gäste bekommen als erstes „koffie“ angeboten und sogar Firmenchefs sind sich mitunter nicht zu schade, ihn selbst aufzusetzen oder einzuschenken. Befehlston ist vermutlich in niederländischen Chefetagen seltener zu hören als in deutschen. Das kann im Alltag zu Missverständnissen führen: Etwa, wenn ein Geschäftsführer (NL) zu seiner Sekretärin (D) sagt: ,,Rita, wenn du Zeit hast, wärest du dann so nett und machst mir die Präsentation fertig?“ Eine Niederländische Sekretärin hätte den Auftrag sofort umgesetzt; eine deutsche vermutlich nicht. Um seine Präsentation am Nachmittag zu bekommen, hätte der Chef nach deutschen Maßstäben eher sagen müssen: ,,Frau Scholz, machen sie mir bitte die Präsentation heute bis 16.30 Uhr fertig.“ Für John Mazeland von der Business Alliance Niederlande Deutschland (BAND) ein klassisches Beispiel für die Unterschiede der Niederländischen und Deutschen Unternehmenskultur.

Erstens haben Niederländer eine selbstverständlichere Dienstleistungsmentalität. Zweitens herrscht im Arbeitsleben eine Konsenskultur. Drittens: „Auch die Handelstradition ist in den Niederlanden noch lebendig“, sagt Mazeland. „Darum geht man mit seinem Gegenüber, einem potenziellen Kunden, einfühlsamer um. Aufgaben werden vorsichtiger formuliert.“ Eines der Themen in den Seminaren, die Mazeland in Nordrhein-Westfalen regelmäßig veranstaltet. Ein typischer Seminartitel: Wie anders ticken die Holländer? Für Niederländische Teilnehmer gibt es ein vergleichbares Seminarangebot.

Titel, Ausbildung und der erlernte Beruf spielen in den Niederlanden eine geringere Erfahrung als in Deutschland. Eher der Job, den man im Moment Beruf ausübt. Und wer einen Titel hat, macht kein großes Aufhebens darum. Ein Zeichen der Anerkennung ist es in den Niederlanden, wenn etwa über dem Ministerpräsidenten gesagt wird, er sei „ ein ganz normaler Junge geblieben“, mit dem man noch prima reden könne. Trotz aller Individualität, die man den Niederländern auch nachsagt, gilt es in den Niederlanden als Tugend, nicht aus dem Rahmen zu fallen. „Bleib mal normal, dann bist du schon verrückt genug“, wird gern gesagt. Im Umkehrschluss rät John Mazeland Deutschen im Kontakt mit Niederländern: Bescheidenheit ist am Platz, vor allem wenn man sich klarmacht, das sie Niederlande von der Einwohnerzahl her der erheblich kleinere Bruder sind, der den Größen- und Statusunterschied nicht ständig aufs Butterbrot geschmiert bekommen möchte. In der Praxis heißt das: Es kommt nicht gut, typisch deutsche Statussymbole herauszustellen: den dicken Wagen, die Quadratmeterzahl des Hauses, die beeindruckenden Daten der Yacht am IJsselmeer.

Über den Autor
Claas Möller ist Wirtschaftsjournalist mit Schwerpunkt Niederlande

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