Auf AHA24x7.com befassen wir uns in erster Linie mit Unterschieden zwischen Deutschen und Niederländern. In diesem Fall jedoch geht es um die unterschiedliche Kommunikation von Venus und Mars – oder: von Männern und Frauen. Aber irgendwie hat es ja doch mit Deutschen und Niederländern zu tun. Schließlich heißt es doch allenthalben, dass Niederländer eine feminin geprägte Kultur haben und Deutsche ein maskulin geprägte. Oder?
Mit männlichen UND weiblichen Kommunikationsmustern gelassen in Führung gehen. Ein Vierteiler von Katja Schleicher.
Erinnern Sie sich: weder Frauen noch Männer per se sind die besseren oder schlechteren Führungskräfte. Erfolgreich werden diejenigen sein, die sowohl männliche als auch weibliche Kommunikationsmuster virtuos beherrschen.
Fakten vs. Emotionen
Rezente neuro-kommunikative Studien belegen auch wissenschaftlich, was wir schon lange wissen: Wir reagieren auf Gefühle und Empathie ungleich direkter als auf rationale Ansagen. Auch die verstärkte Nutzung von narrativen Elementen wie Storytelling in den verschiedenen Kommunikations-Kanälen zeigt ein Widererstarken dieses weiblichen Kommunikationsmusters. Das heißt aber nicht, das die “G’schichtln-Erzähler“ per se erfolgreicher sind: Bleiben die Sachverhalte (männliches Muster) auf der Strecke, entsteht selbst beim empathischsten Team der Eindruck, dass da nur gelabert wird und das Substantielle fehlt. Eine sehr einfache Übung, um das weibliche Muster zu stärken, ist das bewusste Ausblenden aller „gefühlten“ Faktoren und ein extremer Fokus auf eine – und wirklich nur eine – einzige Sache. Im Umkehrschluss lautet eine Übung für die Stärkung des männlichen Musters, das Ziel zunächst loszulassen und die Aufmerksamkeit allein auf „umgebende“ Faktoren zu richten (bis hin zur Farbe von Ohrringen oder Sockenstreifen).
Lingus
In einem Personalgespräch ist es häufig zu erleben, dass der/die Personaler(in) einzig und allein im weiblichen Muster der Empathie unterwegs ist und entsprechende Fachmanager sich ausschließlich im männlichen Muster austoben.
Das Fragezeichen ist ein sicheres Kennzeichen des weiblichen Musters, das auffordernde Ausrufezeichen (gefühlter kategorischer Imperativ!) steht für das männliche Muster. Wie schön, wenn man je nach kommunikativem Ziel wechseln kann. Auch hier gibt es wiederum Abstufungen, die feine Unterschiede sichtbar machen und die sich leicht üben lassen: „Erzählen Sie mal!“ klingt als Aufforderung empathischer als z.B. „Sagen Sie mal…“.
Eine einfache Übung im Lingus-Bereich, um das männliche Kommunikationsmuster zu stärken, kannte schon Kurt Tucholsky in seinen „Ratschläge[n] für einen guten Redner“, wo er empfiehlt: Hauptsätze. Hauptsätze. Hauptsätze. Nebensätze – stärker weibliches Muster –relativieren die Kernbotschaft. Umgekehrt sind Nebensätze für alle, die nur im männlichen Muster unterwegs sind, eine große Bereicherung ihrer kommunikativen Toolbox.
Wer sich hauptsächlich im weiblichen Muster bewegt, kann gezielt üben: durch die Verwendung härter wirkender Wörter/ Wendungen bei gleichbleibender Stimme oder aber umgedreht – weiche Formulierung kombiniert mit vertrauenswürdigem Stimm-Muster (Stimme senkt sich am Ende des Gedankens/ Satzes). Die bewusste Kombination von beiden Mustern wird oft als verwirrend, weil verbrämt empfunden, wenn Authentizität fehlt. Virtuos dagegen beherrscht Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen diese kommunikative Spielart: kristallklare Ansagen, sehr weich verpackt.
Senden – Empfangen
Ein markantes nonverbales weibliches Kommunikationsmuster ist die sogenannte „Vögelchen-Haltung“: das Neigen des Kopfes zur Seite (und damit das automatische Freilegen der anderen Halsseite, was verletzlich wirkt). Ein sehr rezeptives, warmes Muster, das es dem Gegenüber ernsthaft ermöglicht, seinen Gedanken zu Ende zu führen und Gesprächsinteresse signalisiert. Will Mann oder Frau aber im wahrsten Sinne des Wortes seinen Kopf durchsetzen, sind andere nonverbale Mittel stärker.
Im Intellectus, dem strukturellen Bereich oder auch der Herangehensweise, verbindet man das männliche Muster eher mit entscheiden und priorisieren. Das weibliche zeichnet sich dadurch aus, zunächst ganz allgemein und nicht wertend Informationen zu sammeln und nur grob zu sortieren.
Hier geht es zum ersten Teil des Vierteilers.
Katja Schleicher
ist Kommunikations-Trainerin, interkultureller Coach und Storytelling-Expertin im europäischen Umfeld. Sie wusste schon früh, dass Reden Gold und Schweigen der Anfang von allem Unglück ist. Deshalb bringt sie mit IMPACT! Communication Coaching Manager und Teams zum interkulturellen Reden – und arbeitet mit ihnen an der Verbesserung ihrer kommunikativen Wirkung im Dialog, Interviews und Präsentationen. In drei Sprachen und ganz Europa.
www.interview-training.eu