Deutsche Unternehmen, die vorhaben, in den Niederlanden tätig zu werden, müssen vorab einige Entscheidungen treffen. Zum Beispiel, wie genau sie den niederländischen Markt betreten möchten. Es ist möglich, dass deutsche Firmen einfach von Deutschland aus in den Niederlanden tätig werden. Auch die Beauftragung eines niederländischen Handelsvertreters oder Vertriebsmitarbeiters für die Niederlande ist eine Option. Häufig entscheiden deutsche Firmen sich aber dafür, eine niederländische GmbH (BV) zu gründen. Kommerzielle, steuerliche und rechtliche Gründe können dabei eine Rolle spielen. Welche Vor- und Nachteile hat die Gründung einer BV? Wie wird sie gegründet? Und worauf ist nach der Gründung noch zu achten? Der niederländische Rechtsanwalt Wouter Timmermans beantwortet diese und weitere Fragen in diesem Blogbeitrag.
Welche Vorteieile hat die Gründung einer BV?
Die BV ist ein selbständiges Rechtsobjekt. Sie ist für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen selbst verantwortlich und kann für Schäden haftbar gemacht werden. Die Geschäftsführung und Gesellschafter haften daher grundsätzlich nicht persönlich. Wenn es trotzdem so weit kommen sollte, dass die Gesellschafter haftbar gemacht werden, dann ist die Haftung grundsätzlich auf die geleistete Stammeinlage beschränkt.
Anders als in Deutschland können auch juristische Personen (z.B. eine GmbH) Geschäftsführer einer BV sein. Geschäftsführer, die in Deutschland wohnhaft sind, können Geschäftsführer einer BV werden. Wenn man mehrere BVs in einer Konzernstruktur gründet, kann man Risiken besser über die jeweilige BVs verteilen.
Anders als in Deutschland ist kein Stammkapital in Höhe von 25.000 Euro erforderlich. Die BV kann bereits mit einem Mindeststammkapital von 0,01 Euro unter vereinfachten Voraussetzungen gegründet werden.
Eine BV wird relativ schnell gegründet, es dauert in der Regel nur ein bis zwei Wochen. Die Tarife der niederländischen Notare sind sehr unterschiedlich. Eine Standard-Gründung ist in der Regel relativ kostengünstig möglich.
Welche Nachteile hat die Gründung einer BV?
Für eine BV gilt eine ausführlichere Buchführungspflicht als beispielsweise für ein Einzelunternehmen. Die BV ist verpflichtet, jährlich innerhalb von fünf Monaten nach Beendigung des Geschäftsjahres einen Jahresabschluss zu erstellen und zu veröffentlichen. Damit sind Kosten verbunden.
Aus steuerrechtlicher Sicht ist es erforderlich, dass sich der Verwaltungssitz der BV tatsächlich in den Niederlanden befindet. Das niederländische Finanzamt (Belastingdienst) prüft nach der Gründung der BV und der Eintragung im Handelsregister, ob dies wirklich der Fall ist. Eine BV mit einem niederländischen Briefkastensitz oder als virtuelles Büro ist daher nicht erlaubt.
Der Geschäftsführer-Gesellschafter, der mindestens fünf Prozent der Geschäftsanteile besitzt, wird vom niederländischen Finanzamt als „Direktor und Großaktionär“ (DGA) klassifiziert. Der DGA kann sich in der Regel nur Dividenden ausschütten und als solche versteuern lassen, wenn er sich zuvor ein Geschäftsführergehalt in Höhe von mindestens 47.000 Euro (Stand: 2021) hat auszahlen lassen. Dividendenausschüttungen werden viel günstiger als Einkommen besteuert. Der niederländische Gesetzgeber möchte somit vorbeugen, dass der DGA zu wenig Steuer zahlt. Besonders für startende Unternehmer mit wenig Umsatz oder für Unternehmer mit finanziellen Problemen könnte es schwierig sein, den Geschäftsführer ein Jahresgehalt von mindestens 47.000 Euro auszuzahlen. In manchen Situationen ist es dann möglich, das Finanzamt schriftlich zu bitten, Ausnahmen zu machen.
Wie wird die BV gegründet?
Es ist ratsam, vor der Gründung einer BV sorgfältig zu prüfen, ob der vorgesehene Handelsname nicht bereits von einem anderen Unternehmen verwendet wird. Ist das der Fall, dann könnte das zur unerwünschten urheberrechtlichen Streitigkeiten führen. Das sollte man vermeiden.
Es wird eine Gründungsurkunde erstellt, die auch die Satzung umfasst. Die Urkunde und Satzung werden in niederländischer Sprache ausgestellt. Es ist ratsam, sich bei der Erstellung des Gesellschaftsvertrages von einem niederländischen Anwalts beraten zu lassen. Außerdem ist es hilfreich, die Unterlagen auf Deutsch übersetzen zu lassen.
Die endgültige Version der Gründungsurkunde muss von einem niederländischen Notar beglaubigt werden. Sie wird vom Notar und dem/den Gründer(n) oder einem Bevollmächtigten unterzeichnet. Zudem muss ein Bankkonto eröffnet und das Stammkapital in Höhe von mindestens 0,01 Euro eingezahlt werden. Nach Unterzeichnung der Gründungsurkunde und Einzahlung des Mindeststammkapitals wird die BV in das Handelsregister der Handelskammer (KvK) eingetragen.
Worauf muss man nach der Gründung achten?
In manchen Fällen ist es wünschenswert, dass die BV vor der Gründung bereits Verträge, zum Beispiel ein Mietvertrag, abschließt. Wenn vor der Gründung bereits Verträge im Namen der BV in Gründung (i.G) abgeschlossen worden sind, ist die BV nach der Gründung in der Regel nur daran gebunden, sofern sie diese dem jeweiligen Vertragspartner gegenüber ausdrücklich oder stilschweigend bestätigt.
Macht sie das nicht, dann haften in der Regel die Personen, die im Namen der BV (in Gründung) die Verträge abschlossen haben. Sie haften auch dann, wenn die BV die Verträge nach der Gründung zwar bestätigt hat, aber daraufhin innerhalb eines Jahres nach der Gründung Konkurs anmeldet. Auch der/die Geschäftsführer können in dem Fall unter Umstände haftbar gemacht werden.
Über den Autor
Wouter Timmermans berät und vertritt seit vielen Jahren deutsche Unternehmen mit seiner Expertise im niederländischen Recht. Er ist Anwalt der Kanzlei Stellicher advocaten NV in Arnheim (Niederlande) und Vorsitzender des Deutsch-Niederländischen Businessclubs Gelderland.