Kategorien News

Kommen Reformen im niederländischen Arbeitsrecht?

Sollten der Wahlgewinner D66 und seine potenziellen Koalitionspartner VVD und CDA in einer neuen Regierung umsetzen, was in ihren Wahlprogrammen zu lesen war, könnte es im niederländischen Arbeitsrecht bald zu einer einschneidenden Veränderung kommen: Die Dauer der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall steht zur Disposition. Diese sollte zwar auch nach Meinung maßgeblicher Instanzen in den Niederlanden dringend und kurzfristig reformiert werden. Aber Beamte mehrerer zuständiger Ministerien und die Arbeitsagentur UWV fordern die Politik auf, dabei die Verpflichtung für Arbeitgeber beizubehalten, im Krankheitsfall das Gehalt zwei Jahre lang weiter zu zahlen. Das berichtet die öffentliche-rechtliche NOS.

Anreize zur Wiedereingliederung

Es wird zwar eingeräumt, dass die Lohnfortzahlung bei bis zu zwei Jahren Krankheit eine schwere Verpflichtung für Arbeitgeber darstellt. Den Sachverständigen in den Ministerien zufolge ist dies jedoch immer noch eine der besten Möglichkeiten, um Fehlzeiten und langfristige Arbeitsunfähigkeit zu vermeiden. Bei kranken Arbeitnehmern, die nicht mehr bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt sind, entfällt nämlich ein wichtiger Anreiz zur Genesung, da sie keinen Arbeitsplatz mehr haben, auf den sie hinarbeiten können. Und auch die Arbeitgeber bemühen sich im zweiten Jahr stärker darum, Arbeitnehmer wieder in Arbeit zu bringen. Ein weiterer großer Nachteil der Verkürzung der Lohnfortzahlung besteht darin, dass mehr Menschen früher auf ihre Arbeitsunfähigkeit geprüft werden müssen. Und das, obwohl das System bereits jetzt unter dem Mangel an Vertrauensärzten ächzt.

Dass am System der Erwerbsunfähigkeitsleistungen dringend etwas getan werden muss, ist mittlerweile in Regierungskreisen allgemein anerkannt. Die Kosten sind zwischen 2015 und 2023 von 5,1 Milliarden auf 8,3 Milliarden Euro gestiegen. Mehr als die Hälfte davon steht im Zusammenhang mit psychischen Beschwerden aufgrund der Arbeit, wie Burn-outs, Stress und unerwünschten Umgangsformen.

Lohnfortzahlung im europäischen Vergleich länger

Auffällig ist, dass die Beamten den künftigen Koalitionsparteien raten, die Lohnfortzahlung im zweiten Jahr nicht abzuschaffen. Dies steht nämlich in den Wahlprogrammen der möglichen Koalitionspartner D66 und VVD. Der mögliche Dritte im Bunde für eine noch zu bildende Regierungskoalition, die CDA, will über die Streichung des zweiten Jahres noch diskutieren. Dass die genannten Parteien diese Regelung gerne ändern würden, ist nicht verwunderlich. Arbeitgeber in den Niederlanden müssen nämlich ihrer Meinung nach im Vergleich zu den Nachbarländern zu lange Lohnfortzahlungen leisten.