Auswahl internationaler Führungskräfte : „Die Perspektive wechseln“

Deutschland ist seit Jahren Exportweltmeister. Immer mehr Unternehmen sehen Wachstumspotenziale im Ausland, auch in den Niederlanden. Das bedeutet, dass sie auch stärker in anderen Regionen vertreten sein müssen. Dafür benötigen sie zuverlässige Führungskräfte in ihren Zielmärkten. Was ist bei der Rekrutierung auf internationaler Ebene zu beachten? Im Gespräch mit AHA24x7.com erläutert Remco Spooren von der international agierenden Velde Gruppe, worauf es bei der Personalsauwahl in anderen Ländern ankommt.

AHA24x7.com: Was müssen Unternehmen bei der Suche nach Führungskräften im Ausland grundsätzlich beachten?

Remco Spooren: Wir vertreten die Überzeugung, dass Unternehmen bei internationalen Aktivitäten immer mit lokalen Spezialisten aus dem Zielland arbeiten sollten. Auf diese Weise lassen sich Barrieren auf den Gebieten Kultur, Kommunikation und Geschäftsgebaren von vornherein umgehen. Dabei ist es jedoch besonders wichtig, dass die Personalchefs sich der Tatsache bewusst sind, dass sie einen ausländischen Mitarbeiter mit eigenem kulturellem Hintergrund einstellen. Sie müssen dafür offen sein und sich die Mühe machen, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen. So ist es beispielsweise von grundlegender Bedeutung, sich über die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen im Zielland beraten zu lassen, um dem Kandidaten einen angemessen Vertragsvorschlag unterbreiten zu können. Insgesamt muss man sich also der Unterschiede zwischen Deutschland und dem Zielland bewusst sein und darauf eingehen.

 

„Ein anderer Fehler ist die Verwendung deutscher Arbeitsverträge. Das kann für ausländische Mitarbeiter weitreichende Folgen haben und ist auch aus steuerlicher Sicht meistens ungünstig.“

 

AHA24x7.com: Was ist ein typischer Kardinalfehler, den Unternehmen dabei begehen?

Remco Spooren: Der häufigste Kardinalfehler besteht darin, dass Unternehmen einen Exportmarkt aus ihrer deutschen Perspektive beurteilen und dabei auf die typisch deutsche Weise vorgehen. Aufgrund der Kulturunterschiede zwischen den verschiedenen europäischen Ländern ist die deutsche Herangehensweise nicht unbedingt auch in anderen Ländern erfolgreich. Ein anderer Fehler ist die Verwendung deutscher Arbeitsverträge. Das kann für ausländische Mitarbeiter weitreichende Folgen haben und ist auch aus steuerlicher Sicht meistens ungünstig. Deshalb empfehlen wir unseren Kunden, sich dem anderen Markt und den entsprechenden arbeitsrechtlichen Gepflogenheiten anzupassen.

 

„In Deutschland gilt „ein Wort ist ein Wort“. Das ist in anderen Ländern häufig nicht der Fall.“

 

AHA24x7.com: Können Sie Beispiele für typische Kulturunterschiede im Businessalltag zwischen Deutschen und anderen Europäern nennen?

Remco Spooren: Das ist eine schwierige Frage, da sich alle europäischen Länder hinsichtlich Kultur und Geschäftsgebaren voneinander unterscheiden. Das deutsche Geschäftsleben jedenfalls ist stark hierarchisch orientiert, während die Mitarbeiter niederländischer Firmen beispielsweise wesentlich freier arbeiten und auch selbstständig agieren dürfen. Mitarbeiter haben oft auf unteren Ebenen größere Entscheidungsbefugnisse, während dies in Deutschland häufig Chefsache ist. Deutsche Unternehmer sollten also darauf achten, die Rolle des ausländischen Gesprächspartners vorab sorgfältig einzuschätzen. Ein Mitarbeiter, der aus dem Zielland stammt, kann dabei helfen.

Zudem verlaufen die Verkaufsprozesse in Deutschland anders als in benachbarten Ländern. Während es in Deutschland wichtig ist, zunächst Vertrauen aufzubauen, ist es in den Niederlanden leichter, mithilfe attraktiver Angebote geschäftliche Abschlüsse zu erzielen. In Frankreich und Belgien ist es üblich, Geschäfte beim Lunch oder Abendessen abzuschließen.

In Deutschland gilt „ein Wort ist ein Wort“. Das ist in anderen Ländern häufig nicht der Fall. In Belgien, Frankreich und den südeuropäischen Ländern wird dies oft viel lockerer gesehen. Wenn man denkt, dass man es hier geschafft hat, kann es am Ende doch noch ganz anders laufen.

Ein anderer Unterschied liegt in der persönlichen Herangehensweise. Während in Deutschland Kompetenz und Zuverlässigkeit in Verkaufsgesprächen die Hauptrolle spielen, geht es in anderen Ländern eher um die persönliche Beziehung zwischen den potenziellen Geschäftspartnern. Deutsche trennen in der Regel strikt zwischen Beruf und Privatleben. Bei geschäftlichen Mahlzeiten in Frankreich dagegen wird viel über Familie, Hobbys und andere persönliche Interessen gesprochen.

Darüber hinaus geht es in Deutschland in der Regel förmlicher zu, bleibt man lange beim „Sie“, während man in anderen Geschäftskulturen direkt zum „Du“ übergeht. Wenn Unternehmer also eine Vorgehensweise wählen, die zu dem Land passt, in dem sie tätig werden wollen, kommen sie leichter ans Ziel.

Im zweiten Teil des Interviews erklärt Remco Spooren am kommenden Freitag u.a., was der Bewerber bei der Bewerbung beachten muss,  welche Eigenschaften er mitbringen sollte – und welche nicht.

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