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Alarmierender Trend bei Infektionskrankheiten – INTERREG-Projekte gestartet

Die Entwicklung ist alarmierend: In den vergangenen Jahren nahm die Zahl der Infektionen zu, die durch Antibiotika-resistente Bakterien verursacht wurden (laut Jones, Nature vol 451). Außerdem traten in den letzten Jahrzehnten neue Infektionskrankheiten auf, bei denen es zu einer Übertragung von Tier auf Mensch kam. Beispiele hierfür sind HIV, SARS, MRSA und Vogelgrippe. Für die Forschung auf diesem Gebiet erhält eHealth-Professorin Lisette van Gemert-Pijnen von der University of Twente nun erhebliche Fördermittel. Ziel ist es, die grenzüberschreitende Sicherheit der Gesundheitsversorgung in Deutschland und den Niederlanden zu stärken.

Um Infektionskrankheiten zu bekämpfen, starteten am 28./29. November die beiden INTERREG VA-Projekte EurHealth-1Health und Health-i-care. An beiden Projekten beteiligen sich rund 50 Parteien aus Wissens- und Gesundheitseinrichtungen sowie 30 kleinere und mittlere Unternehmen (KMU). Leiter beider Projekte ist Prof. Dr. Alex W. Friedrich, der auch Leiter der Abteilung für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Groningen ist.

Die University of Twente ist eine der größten Parteien des Projektes und auch die einzige beteiligte technische Universität. „Mit unserer Erfahrung bei eHealth und GeoHealth wollen wir einen wesentlichen Beitrag leisten zum Thema Infektionen, die durch bestimmte resistente Mikroorganismen (BRMO) verursacht werden, und zum Vorkommen von Antibiotikaresistenzen bei Mensch und Tier“, betont Lisette van Gemert-Pijnen, Professorin für „Persuasive Health Technology” an der Fakultät „Behavioural, Management & Social Sciences” (BMS) der University of Twente.

11,9 Mio. Euro Fördermittel

Von den Fördermitteln in Höhe von insgesamt 11,9 Millionen Euro für beide Projekte geht ein erheblicher Teil in den nächsten vier Jahren an die University of Twente für die Forschung zu diesen Projekten, an der sich zwei Doktoranden und ein Postdoktorand beteiligen. Prof. van Gemert-Pijnen: „Minister Schippers und der Vorstand haben bei der Provinz Overijssel erklärt, dass das Thema insbesondere in dieser Region eine große Aufmerksamkeit benötigt. In Twente ist das Risiko solcher Infektionen aufgrund der intensiven Landwirtschaft hoch und wir haben es mit einer relativ großen Gruppe von gebrechlichen älteren Menschen zu tun. Darüber hinaus grenzen wir an Deutschland – auch hier gibt es eine intensive Viehhaltung.“

EurHealth-1Health Projekt

Das EurHealth-1Health Projekt beschäftigt sich mit einer der größten Herausforderungen der Gesundheitsversorgung: dem Vorkommen von Infektionen, die nicht mehr mit Antibiotika zu behandeln sind. Dafür ist es notwendig, die komplette Entstehungsgeschichte von Antibiotika-Resistenzen zu durchleuchten. Dies ist nur möglich durch die Nutzung eines integrierten „1Health Konzeptes“, denn Gesundheit von Mensch und Tier sind direkt miteinander verbunden und sie wird zum Teil durch die Umwelt beeinflusst. Die Bevölkerung wird älter, die Begleiterkrankungen nehmen zu und die Infektanfälligkeit steigt. Die gemeinsame Aus- und Weiterbildung in den Bereichen Gesundheit, Veterinärwesen und Landwirtschaft sind von großer Bedeutung.

eHealth Technologie

Die Fakultät BMS der University of Twente unterstützt den sektorübergreifenden Entscheidungsprozess mit der eHealth-Technologie. Zwei Doktoranden werden in den nächsten Jahren auf der Basis von Daten über Infektionsausbrüche und Umwelt Entscheidungsmodelle für Pflegebeteiligte entwickeln. Hierdurch sollen proaktive und zielgerichtete Aktivitäten ermöglicht werden. Als Beispiel kann das Ausbrechen von MRSA in Pflegeheimen, Krankenhäusern und bei der intensiven Landwirtschaft dienen.

Prognosemodelle

„Forscherkollegen von der Fakultät ITC (Geoinformationswissenschaft und Erdbeobachtung) verfügen über eine große Erfahrung bei der Entwicklung von Prognosemodellen auf Basis von Geodaten”, erläutert van Gemert-Pijnen. Darüber hinaus verfüge die Fakultät EWI (Elektrotechnik, Mathematik und Informatik) über die Möglichkeiten, Mobilitätsdaten mit Sensortechnik zu analysieren. „Zusammen mit unseren Erkenntnissen aus der Verhaltensforschung kann dieses Wissen gebündelt werden in einer benutzerorientierten technologischen Unterstützung. Für die Entwicklung der Technologie arbeiten wir von Anfang an mit den Benutzern des Systems zusammen. Künftig können die Pflegekräfte rechtzeitig in Echtzeit über das Infektionsrisiko informiert werden. Big-Data basierte spezifische Beratungen ermöglichen entsprechende Entscheidungen.“

Health-i-care Projekt

Das Health-i-care Projekt hat das Ziel, die Zusammenarbeit bei „Wissen – Pflege – Unternehmen“ zu stärken, um BRMO-Infektionen und Antibiotikaresistenzen zuvorzukommen. Deutsche und niederländische Experten aus Industrie, Wissenschaft und dem Gesundheitswesen haben daher innerhalb des Projektes Health-i-care ihre Kräfte gebündelt. „Es wird betrachtet, wie eHealth für die Ausbildung von Pflegekräften durch eLearning-Programme genutzt werden könnte. Hierfür setzt die University of Twente in den nächsten Jahren unter anderem einen Postdoktoranden ein. Die University of Twente fungiert als Wissenspartner für KMU und Spin-off-Unternehmen, sowohl in der ersten Phase der Entwicklung von Innovationen als auch real bei dem Einbringen von eHealth-Dienstleistungen und -Produkten auf den Markt”, berichtet van Gemert-Pijnen.

Grenzüberschreitend

Beide Projekte werden in den kommenden Jahren in der Grenzregion der Niederlande und Deutschlands umgesetzt. Dabei bauen sie auf dem grenzüberschreitenden Netzwerk auf, das in den vergangenen acht Jahren in früheren Projekten (MRSA-net; EurSafety) mit Universitäten, Krankenhäusern, Pflegeheimen und der hausärztlichen Versorgung aufgebaut wurde.

eHealth

Für die University of Twente ist eHealth ein wichtiges Thema: Forschung und Lehre von eHealth-Professorin van Gemert-Pijnen fokussieren sich auf Konzeption, Realisierung und Bewertung von Technologie in der Pflege, um die Qualität von Gesundheit und Sicherheit zu fördern. EHealth wird durch Kurse in Psychologie, Gesundheitswissenschaften, Kommunikationswissenschaften, Biomedizinische Technik und Technische Medizin (TG) abgedeckt. Neu an der University of Twente ist der Master-Kurs „Monitoring und Persuasives Coaching”, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Gesundheitspsychologie (BMS), EWI und Gesundheitswissenschaften. Die Studenten sollen mit realen Daten aus beiden Projekten arbeiten und sie bei persuasivem Coaching für Entscheidungen umsetzen.

GeoHealth

Laut Prof. Dr. van Gemert-Pijnen ist die Aufmerksamkeit für GeoHealth an der University of Twente relativ neu. Sie arbeitet in diesem Bereich eng zusammen mit Forschern aus den Fakultäten ITC und EWI sowie mit Wissenschaftlern von der University of Waterloo (Kanada). Eine zentrale Frage ist, wie Daten aus dem Monitoring von Infektionen, Verhalten oder Mobilität in ein personalisiertes persuasives Coaching-System zu übertragen sind. Personalisiert bedeutet, dass der Endbenutzer im Mittelpunkt steht.