Die Deutsch-Niederländische Gesellschaft zu Aachen (DNG Aachen) ist mit dem deutsch-niederländischen Doppelbesteuerungsabkommen teilweise nicht einverstanden. In einer Pressemitteilung und einem offenen Brief an Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans kritisiert die DNG Aachen die Besteuerung deutscher Grenzgänger.
Die Pressemitteilung im Wortlaut:
Am 1. Januar ist das neue deutsch-niederländische Doppelbesteuerungsabkommen in Kraft getreten. Im Grunde ein gutes, ein wichtiges Abkommen. Es soll nämlich sicherstellen, dass Grenzgänger, also Deutsche, die in Deutschland wohnen aber in den Niederlanden arbeiten oder umgekehrt bei der Besteuerung oder den Abgaben zur Sozialversicherung nicht unangemessen benachteiligt werden, gerade für die Menschen in der Euregio Maas-Rhein eine ganz wichtige Regelung.
Dabei gilt der Grundsatz, dass Niederländer, die in Deutschland arbeiten, bei den Steuern und Abgaben zunächst so behandelt werden wie Ihre deutschen Arbeitskollegenkollegen auch. Sie sollen aber auch nicht gegenüber Ihren niederländischen Nachbarn benachteiligt werden. Wenn die Steuer- und Abgabenbelastung in den Niederlanden niedriger ist als in Deutschland, erstattet der niederländische Staat Ihren Grenzgängern den Differenzbetrag. So weit – so gerecht.
Nur leider gilt diese Regelung umgekehrt nicht, zum Nachteil der deutschen Grenzgänger. Ob eine Kompensation durch den deutschen Fiskus schlechtweg vergessen wurde oder ob dahinter Methode steckt, ist bislang noch unklar.
Sicher ist, dass das Arbeiten für Deutsche in den Niederlanden an Anziehungskraft verlieren wird. Das, obwohl doch immer wieder die Notwendigkeit offener Grenzen – gerade auch beim Arbeitsmarkt – gefordert wird. Die Deutsch-Niederländische Gesellschaft zu Aachen e.V., die seit über 40 Jahren für ein gutnachbarliches Zusammenleben über die deutsch-niederländische Grenze hinweg wirbt, kämpft jetzt für eine Korrektur und hat den Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen gebeten, auf eine Korrektur diese Webfehlers hinzuwirken. Allerdings liegt eine Reaktion aus Düsseldorf noch nicht vor.
Brief an das NRW-Finanzministerium im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Minister,
das neue Doppeltbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und den Niederlanden ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Wir als Deutsch-Niederländische Gesellschaft haben das Abkommen reflektiert und möchten Ihnen unsere – zum Teile kritische – Sicht mitteilen. Einwohner aus den Niederlanden, die in Deutschland als Grenzgänger arbeiten, werden in Deutschland besteuert und sind in Deutschland sozialversichert, zahlen im Gegenzug in den Niederlanden keine Einkommenssteuer und keine Sozialversicherungsbeiträge. Deshalb ist es durchaus möglich, dass ein Grenzgänger mehr deutsche Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlt, als er fiktiv in den Niederlanden zu zahlen hätte, wenn er dort arbeiten würde. Zur Kompensation dieses finanziellen Nachteils ist im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Niederlanden und Deutschland eine Kompensationsregelung enthalten (Protokoll zum DBA: XII. Zu den Artikeln 14, 15, 16, und 18).
Die niederländische Kompensation wird berechnet durch die Differenz zwischen:
- dem Gesamtbetrag der Steuer und gegebenenfalls der Einheitsversicherungsbeiträge, die in den Niederlanden zu zahlen sind, zuzüglich der Steuerlast und gegebenenfalls den vergleichbaren Beiträgen für die soziale Sicherheit, die in Deutschland zu zahlen sind, und
- dem Betrag, den Sie in den Niederlanden für Steuer und Einheitsversicherungsbeiträge zahlen würden, wenn das in Deutschland steuerpflichtige Einkommen aus Arbeitsleistung auch in den Niederlanden steuerpflichtig wäre.
Die Kompensation im Doppeltbesteuerungsabkommen führt dazu, dass niederländische Grenzgänger in Deutschland gleich behandelt werden (‚Gleiche Behandlung im Beschäftigungsstaat‘) und gleichzeitig gleich behandelt werden im Vergleich zu ihrem niederländischen Nachbarn (‚Gleiche Behandlung im Wohnstaat‘).
Das Rechtsprinzip von ‘doppelter‘ gleicher Behandlung für niederländische Grenzarbeiter wird leider nicht für Einwohner von Deutschland angewandt, welche als Grenzgänger in den Niederlanden arbeiten. Bei finanziellen Nachteilen werden sie nicht vom deutschen Staat kompensiert.
Wir bitten Sie um ihre Stellungnahme und ersuchen Sie, beim Bundesfinanzministerium eine derartige Kompensationsregelung für deutsche Grenzgänger in den Niederlanden zu erwirken.
Ein weiteres Problem für niederländische Grenzgänger ist die Besteuerung von Krankengeld und Elterngeld. Nach Artikel 17, Absatz 1 des DBA werden beide Leistungen im Wohnstaat besteuert. Während des Bezugs dieser beiden Leistungen bleibt der niederländische Grenzgänger im Beschäftigungsstaat (Deutschland) sozialversichert, und sein Arbeitsvertrag wird während des Bezuges dieser beiden Leistungen fortgesetzt. In den Niederlanden werden beide Leistungen voll besteuert. Ein weiterer Nachteil ist, dass der Grenzgänger seine unbeschränkte Steuerpflicht verliert. Es wäre auch logischer und unbürokratischer, das Krankengeld und das Elterngeld im Beschäftigungsstaat zu besteuern.
Wir bitten um ihre Stellungnahme und sich beim Bundesfinanzministerium dafür einzusetzen, dass soziale Leistungen wie das Krankengeld und das Elterngeld im Beschäftigungsstaat zu besteuern sind.
Mit freundlichen Grüßen,
Vorstand DNG