Blog: Neuer Trend bei Ärzten – Apps auf Rezept

Blog: Neuer Trend bei Ärzten – Apps auf Rezept
Karolina Lange, Anwältin für Medizinrecht

Ein Blog von Karolina Lange, Anwältin für Medizinrecht bei Taylor Wessing

 

Ein kranker Patient kann in Deutschland seit neuestem nicht nur Medikamente oder Heilmittel wie Physiotherapie oder Logopädie auf Rezept erhalten, sondern auch Software. Das bedeutet, dass die Krankenversicherungen der Patienten die Kosten für die Nutzung von Apps übernehmen. „Digitale Gesundheitsanwendungen“ – kurz: DiGA – heißen diese neuen verschreibungsfähigen Apps. Was es genau damit auf sich hat und wie es funktioniert, erklärt Karolina Lange, Anwältin für Medizinrecht, in diesem Beitrag. Außerdem wirft sie einen Blick in die Niederlande.

Was ist der Hintergrund der Apps auf Rezept?

Zweck der Neuerungen ist die Versorgungsverbesserung für Patienten durch Digitalisierung und Innovation. Hierzu wurde das Digitale-Versorgung-Gesetz („DVG“) letztes Jahr verabschiedet.

Was ist das DVG und was sind seine wichtigsten Regelungen?

Gesunde Apps: Gesundheits-Apps haben einen medizinischen Nutzen. Sie dienen z.B. dazu, die Einnahme von Arzneimitteln zu überwachen oder Vitalparameter aufzuzeichnen. Bei den ersten verordnungsfähigen Apps handelt es sich um kalmeda des Herstellers mynoise GmbH, welche Patienten mit chronischer Tinnitusbelastung eine leitlinienbasierte, verhaltenstherapeutische Therapie bietet. Die Webanwendung velibra des Herstellers GAIA AG dient hingegender Unterstützung von Patienten mit Symptomen von bestimmten Angststörungen.

Apps auf Rezept: Solche „gesunden“ Apps können nun vom Arzt verschrieben werden. Das ist dann der Fall, wenn sie in das sog. Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen („DiGA-Verzeichnis“) aufgenommen sind.

DiGA- Verzeichnis: Seit Mai 2020 haben App-Hersteller beim Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte („BfArM“) die Möglichkeit, einen Antrag auf Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis zu stellen, um die entsprechende Gesundheits-App in die Gesundheitsversorgung der Patientinnen und Patienten einzubringen. Die Möglichkeit die Kosten der Apps letztlich von der gesetzlichen Krankenversicherung („GKV)“ erstatten zu lassen, stößt angesichts der bereits 33 gestellten Anträge (Stand 19.10.2020) auf positive Resonanz der Medizinproduktehersteller.

Kostenerstattung

Die Kosten für die Appnutzung trägt die GKV – und zwar wie folgt:

  • Im ersten Jahr werden die Apps zu den Herstellerpreisen erstattet.
  • Langfristig sollen die Preise zwischen den Herstellern und dem GKV-Spitzenverband verhandelt werden. Auch sollen ärztliche und psychotherapeutische Leistungen, die mit der Nutzung von DiGAs verbunden sind, honoriert werden. Bislang ist die Vergütung noch nicht geregelt, Ärzte und Psychotherapeuten können diese dennoch verordnen (dafür soll das Arzneimittelrezept (Formular 16) unter Angabe der Verzeichnisnummer der DiGa und die Verordnungsdauer in Tagen verwendet werden), Patienten können diese dann im Wege der Kostenerstattung in Anspruch nehmen.

Finanzierung und Kapital: Krankenkassen können nun die Entwicklung digitaler Innovationen gezielt fördern und einfacher mit Herstellern von Gesundheits-Apps, Anbietern telemedizinischer Verfahren oder IT- Unternehmen kooperieren. Auch können sie zur Förderung der Entwicklung digitaler Innovationen Anteile an Investmentvermögen erwerben. Dafür eignen sich insbesondere auf Gesundheitstechnologien spezialisierte Fonds.

Digitales Netzwerk: Leistungserbringer werden durch das DVG verpflichtend in ein digitales Netzwerk eingebunden. Für Ärzte, die sich weiterhin nicht an die Telematik-Infrastruktur anschließen wollen, wird ein erhöhter Honorarabzug von 2,5 Prozent statt bisher 1,0 Prozent ab dem 1. März 2020 vorgesehen. Apotheken werden bis Ende September und Kliniken bis zum 1. Januar 2021 verpflichtet, sich an die Telematik-Infrastruktur anzuschließen. Hebammen und Physiotherapeuten sowie Pflege- und Reha-Einrichtungen können freiwillig teilnehmen, die Kosten für die Anbindung werden erstattet.

Online-Medizin: Ärzte durften seit Mitte 2018 Online-Sprechstunden anbieten, aber nicht dafür werben. Taten sie es doch, mussten sie mit Abmahnungen, Unterlassungsklagen oder Bußgeldern rechnen. Nun dürfen Ärzte über ihr Videosprechstunde-Angebot z.B. auf ihren Internetseiten informieren und dürfen auch die Aufklärung über die Videosprechstunde online durchführen.

Was versteht man unter Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung („DiGAV“) und was genau regelt diese inhaltlich?

Die DiGAV ergänzt das Digitale-Versorgung-Gesetz. Die DiGAV ist eine Rechtsverordnung und normiert zusammen mit einem Leitfaden des BfArM ergänzende Anforderungen und Verfahrensvorgaben, damit qualitativ hochwertige digitale Gesundheitsanwendungen schnellstmöglich (im Sinne eines sogenanntes „Fast-Track-Verfahrens innerhalb drei Monaten ab Eingang der vollständigen Antragsunterlagen) Bestandteil der Versorgung von Patienten werden und auf Rezept verschrieben werden können.

In der DiGAV und dem Leitfaden des BfArM werden vor allem folgende Aspekte geregelt:

  • die an DiGAzu stellenden Anforderungen insbesondere hinsichtlich Sicherheit, Qualität, Datenschutz und Datensicherheit;
  • eine vorgelagerte Beratung von Herstellern digitaler Gesundheitsanwendungen;
  • das Verfahren zur Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis, die für die Erstattung im GKV-Bereich erforderlich ist;
  • Vorgaben für den Nachweis positiver Versorgungseffekte;
  • ein dauerhaftes Überprüfungsverfahren betreffend diese Anforderungen an DiGA;
  • die Anzeige wesentlicher Veränderungen sowie die im Zusammenhang mit dem Verwaltungsverfahren anfallende Gebühren.

Wo ist durch den Hersteller einer DiGA ein Antrag zwecks Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis zu stellen?

Der Antrag auf Aufnahme in das Verzeichnis ist von dem Hersteller der digitalen Gesundheitsanwendung bei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu stellen.

In der DiGAV wird erläutert, wie der Antrag zur Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis abläuft und welche Inhalte dieser haben sollte.

Mit welchen Kosten muss im Rahmen des Antragsverfahrens beim BfArM voraussichtlich gerechnet werden?

Für die Entscheidung zur Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis, entstehen Kosten (geschätzt zwischen 3000 Euro und 10.000 Euro). Für spätere Änderungsanzeigen nach Aufnahme in das Verzeichnis können weitere Kosten anfallen. Auch für eine mögliche Ablehnung oder Zurücknahme des Antrags werden Kostenpunkte genannt, sodass die Antragstellung gut vorbereitet sein will.

An wen können sich Hersteller bei inhaltlichen Fragen zum Antragsverfahren wenden?

Das BfArM berät Hersteller über den Verfahrensablauf und den mit dem Antrag vorzulegenden Angaben und Nachweisen. Das ist allerdings gebührenpflichtig.

Welche Anforderungen und Kriterien muss die App erfüllen, damit sie in das Verzeichnis aufgenommen wird und sodann als „App auf Rezept“ verschrieben werden kann?

Neben Kriterien wie beispielsweise Robustheit (Anwendung ist so zu gestalten, dass sie robust gegen Störungen und Fehlbedingungen ist) oder Nutzerfreundlichkeit (leicht und intuitiv zu bedienen), stehen besonders die in § 14 DiGAV definierten positiven Versorgungseffekte im Vordergrund. Die Kernfragen „Welchen Versorgungseffekt bringt die App?“ und „Welche Patientengruppe wird davon profitieren?“ müssen im Antrag schlüssig beantwortet und grundsätzlich auch – durch Studie(n) – nachgewiesen werden.

Zusätzlich hat der Hersteller einer Gesundheits-App fortlaufend sicherzustellen, dass die von der digitalen Gesundheitsanwendung verwendeten medizinischen Inhalte dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.

Übersicht:

  • Anforderungen an Sicherheit und Funktionstauglichkeit
  • Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit
  • Anforderungen an Interoperabilität
  • Anforderungen an Robustheit
  • Anforderungen an Verbraucherschutz
  • Anforderungen an Nutzerfreundlichkeit: leicht und intuitiv zu bedienen
  • Anforderungen an die Unterstützung der Leistungserbringer Anforderungen an die Qualität der medizinischen Inhalte
  • Anforderungen an die Patientensicherheit

Handelt es sich bei den Gesundheits-Apps um Medizinprodukte und bedarf es daher einer CE-Kennzeichnung?

Bei Gesundheits-Apps, die zur Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten bestimmt sind, handelt es sich um Medizinprodukte der Risikoklasse I, bei denen der Hersteller ein Konformitätsbewertungsverfahren durchzuführen hat und die nach erfolgreichem Abschluss mit dem CE-Kennzeichen zu versehen sind. Die Risikoklasse kann sich ggf. erhöhen, wenn die EU-Medizinprodukteverordnung 2017/745 Anwendung finden wird (was aufgrund der von der EU-Kommission empfohlenen Verschiebung des Anwendungsbeginns voraussichtlich erst ab dem 26. Mai 2021 der Fall sein wird). Im Fall einer Erhöhung der Risikoklasse muss das Konformitätsbewertungsverfahrens zwingend von einer Benannten Stelle durchgeführt werden.

Welche für die Gesundheits-Apps geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen sind von wem einzuhalten?

Das Datenschutzrecht kann eine Hürde nicht nur für den Hersteller, aber auch Anbieter und ggf. Arzt darstellen. Neben der DS-GVO, die besonderen Vorgaben für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten macht, gelten in bestimmten Sondervorschriften. Das ärztliche Berufsgeheimnis ist ferner zu beachten. Die Aufsichtsbehörden haben spezifische Vorgaben an Gesundheits-Apps gemacht. Um diese Hürden zu nehmen und ein Produkt erfolgreich zu gestalten, sind alle geltenden Vorgaben einzuhalten. Zudem sollte bei der Gestaltung von Einwilligung der versicherten Person besondere Vorsicht walten, ein Tracking von Gesundheitsdaten die Ausnahme sein und idealer Weise die Verarbeitung in einem Mitgliedstaat der EU stattfinden.

Wo ist hinsichtlich der verschiedenen Anforderungen eine Übersicht zu finden, um den Überblick zu behalten?

Im DiGAV findet sich eine 19-seitige Checkliste.

Wie können Ärzte und Psychotherapeuten DiGAs verordnen und wie erfolgt sodann die Erstattung durch die Krankenkasse?

In dem DiGA-Verzeichnis, welches fortlaufend ergänzt wird, werden digitale Gesundheitsanwendungen gelistet, welche zuvor als Medizinprodukt CE-zertifiziert und sodann vom BfArM im Fast-track-Verfahren geprüft wurden. Ärzte und Psychotherapeuten können diese dann verordnen. Dazu werden zu jeder DiGA im Verzeichnis auf der Informationsseite vorgesehene Verordnungseinheiten einschließlich der jeweiligen Eigenschaften und der zugehörigen Pharmazentralnummer (PZN) angegeben. Diese Informationen sind sodann im Formular 16 des üblichen Kassenrezepts anzugeben. Der Patient kann das Kassenrezept bei seiner Krankenkasse einreichen und um Zusendung eines Freischaltcodes für die DiGA bitten. Nach der Aktivierung der DiGA kann diese für den verordneten Zeitraum genutzt werden und der DiGA-Hersteller rechnet die Kosten unter Bezug auf den verwendeten Freischaltcode direkt mit der Krankenkasse ab.

Ein Blick zu den niederländischen Nachbarn: Gibt es hier auch die Möglichkeit die Nutzung von den Gesundheits-Apps von den Krankenkassen erstatten zu lassen? Welche Chance bietet das deutsche Modell für niederländische Medizinproduktehersteller?

Die Möglichkeit Gesundheits-Apps per Rezept verschreiben zu lassen, welche sodann von den Krankenkassen erstattet werden, ist im internationalen Vergleich der Gesundheitssysteme bislang nur in Deutschland vorgesehen und stellt daher eine “Weltneuheit“ dar. Sofern aber ein Medizinprodukt eine CE-Zertifizierung aufweist (dieses einheitliche Symbol gilt EU-weit), so bietet die DiGAV auch niederländischen Medizinprodukteherstellern die Möglichkeit sich in das DiGA-Verzeichnis aufnehmen zu lassen und sich die Kosten der App – im ersten Jahr zu den lukrativen Herstellerpreisen – von der GKV erstatten zu lassen.

Fazit: Die verpflichtende Vernetzung von Gesundheitsdienstleistern wird endlich eine sinnvolle Nutzung von individuellen Gesundheitsdaten eröffnen. Dadurch werden in Zukunft hoffentlich schnellere und genauere Diagnosen gestellt und die Behandlungswege effizienter gestaltet. Für die digitale Gesundheitsbranche eröffnen die Neuerungen bisher nicht vorhandene Finanzierungsmöglichkeiten ihrer Entwicklungen und Ideen.

 

Über die Autorin

Karolina Lange, LL.M. (Medizinrecht) ist Anwältin für Medizinrecht. Sie berät Unternehmen und Leistungserbringer im regulatorischen Gesundheitsrecht umfassend und kreativ bei der Umsetzung ihrer Vorhaben. Sie ist Expertin für Transaktionen und Kooperationen im Gesundheitssektor, für die Digitalisierung des Gesundheitswesens und für die Gründung sowie Zulassung von Gesundheitseinrichtungen. Karolina Lange ist Mitglied medizinrechtlicher Arbeitsgemeinschaften. Sie lehrt an der HHL Leipzig Graduate School of Management und der Akademie für freiberufliche Selbstverwaltung und Praxismanagement.

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