Gleich zu Beginn des neuen Jahres hat sich auf dem Gebiet des niederländischen Arbeitsrechts einiges geändert. Weitere Neuerungen treten voraussichtlich ab dem 1. August 2022 in Kraft. Der niederländische Rechtsanwalt Wouter Timmermans stellt einige dieser Änderungen in seinem Blogbeitrag vor.
1. Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns
Die Bruttobeträge des gesetzlichen Mindestlohns und des Jugendmindestlohns sind zum 1. Januar 2022 erhöht worden. Der gesetzliche Bruttomindestlohn beträgt ab diesem Zeitpunkt für eine Vollzeitstelle und einem Alter ab 21 Jahren 1.725 Euro.
2. Erhöhung des Abfindungsanspruches (Transitievergoeding)
Der maximale Abfindungsanspruch (Transitievergoeding) ist von 84.000 Euro (im Jahr 2020) auf 86.000 Euro erhöht worden.
3. Steuerfreie Homeoffice-Vergütung
Wenn ein Arbeitnehmer von zu Hause aus arbeitet, darf eine unversteuerte Vergütung in Höhe von zwei Euro pro Tag gewährt werden. Beansprucht ein Arbeitnehmer diese Vergütung, kann er nicht zusätzlich noch eine Reisekostenvergütung geltend machen.
4. Arbeitslosenversicherungsbeitrag (WW-premie) und Überstunden
Der hohe Arbeitslosenversicherungsbeitrag fällt (rückwirkend!) an, wenn ein Arbeitnehmer mit unbefristetem Arbeitsvertrag und einer Arbeitszeit von weniger als 35 Stunden pro Woche mehr als 30 Prozent (Arbeitszeit) pro Jahr Überstunden macht.
5. Rauchverbot für das gesamte Arbeitsumfeld
Das Rauchen am Arbeitsplatz wurde verboten. Alle Raucherbereiche in Unternehmen müssen geschlossen werden. Zum Arbeitsplatz zählen in diesem Fall auch das Lkw-Führerhaus und das Leasingfahrzeug. Bei Verstößen gegen das Verbot drohen hohe Geldstrafen.
6. Elternzeit und Elterngeld
Ab dem 2. August 2022 hat einen Arbeitnehmer Anspruch auf teilweise bezahlten Elternurlaub. Dies gilt für die Elternzeit im ersten Lebensjahr des Kindes. In den ersten neun Wochen haben Eltern Anspruch auf Elterngeld in Höhe von 50 Prozent ihres Tageslohns, bis zu 50 Prozent des Tageshöchstlohns. Der UWV (die öffentliche Arbeitsvermittlungsstelle in den Niederlanden) zahlt die Leistung.
7. Weitere Änderungen – (voraussichtlich) ab dem 1. August 2022
Voraussichtlich tritt am 1. August 2022 ein neues Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie „transparente und vorhersehbare Beschäftigungsbedingungen“ in Kraft. Es betrifft unter anderem die folgenden Änderungen:
- Durch die geplante Gesetzesänderung kann ein arbeitsrechtliches Nebentätigkeitsverbot grundsätzlich nicht mehr rechtskräftig vereinbart werden. Dies ist nur noch zulässig, wenn für dieses Verbot eine „sachliche Rechtfertigung“ vorliegt.
- Kosten für erforderliche oder vorgeschriebene Weiterbildungen eines Arbeitnehmers gehen ausschließlich zu Lasten des Arbeitgebers. Dabei handelt es sich um Weiterbildungen, die gesetzlich oder tarifvertraglich für eine bestimmte Position vorgeschrieben sind. Das bedeutet, dass Rückzahlungsklausel unwirksam sind. Dies gilt auch für Rückzahlungsklauseln, die vor dem 1. August 2022 mit einem Arbeitnehmer vereinbart worden sind. Darüber hinaus muss ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ermöglichen, während der Arbeitszeit an der Weiterbildung teilzunehmen.
- Die Informationspflichten des Arbeitgebers werden ausgeweitet. Nach diesem Gesetzesvorschlag muss der Arbeitnehmer vor der Arbeitsantritt unter anderem über Arbeitsort, -tage und -zeiten, geltende Urlaubsregelungen, die Probezeit, die einzelnen Lohnbestandteile wie Zuschläge oder Zulagen, das Recht auf Weiterbildung und das Verfahren zur Beendigung des Arbeitsvertrags, wie etwa die Kündigungsfrist, informiert werden. Macht ein Arbeitgeber das nicht, kann er für etwaige Schäden haftbar gemacht werden.
- Bei einer Arbeitnehmerentsendung in einen andere EU-Mitgliedstaat muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor der Entsendung über die Höhe der Löhne, Zulagen und Aufwandsentschädigungen informieren, auf die ein Arbeitnehmer während der Entsendung gemäß den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats Anspruch hat. Ein Arbeitgeber ist außerdem verpflichtet, einen Arbeitnehmer den Weblink der Website des Mitgliedstaats, in dem er entsandt wird, mitzuteilen, damit ein Arbeitnehmer gut informiert ist. Für die Niederlande ist es folgender Link: www.deutsch.postedworkers.nl
Wer Fragen zum niederländischen Arbeitsrecht oder zur Entsendung von Arbeitskräften in die Niederlande hat, kann sich mit Wouter Timmermans (Stellicher advocaten in Arnheim) per E-Mail an w.timmermans@stellicher.nl oder telefonisch unter +31 26 3 777 111 in Verbindung setzen.
Über den Autor
Wouter Timmermans berät und vertritt seit vielen Jahren deutsche Unternehmen mit seiner Expertise im niederländischen Recht. Er ist Anwalt der Kanzlei Stellicher advocaten NV in Arnheim (Niederlande) und Vorsitzender des Deutsch-Niederländischen Businessclubs Gelderland.