Eine hochleistungsfähige und flächendeckende digitale Infrastruktur, der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, eine gemeinsame europäische Energieversorgung und Bürokratieabbau – in diese Themen sollte Deutschland in den kommenden Jahren weiter investieren. Die Deutsch-Niederländische Handelskammer (DNHK) nimmt die anstehende Bundestagswahl zum Anlass, zu sieben Themen ihre Standpunkte und Forderungen zu formulieren.
„Deutschland muss vor allen Dingen in Infrastruktur und Innovation investieren. Bürokratie und Schwachpunkte in der Infrastruktur dürfen das Wachstumspotenzial und somit auch die deutsch-niederländischen Handelsbeziehungen nicht begrenzen“, sagt Günter Gülker, Geschäftsführer der Deutsch-Niederländischen Handelskammer. „Die Niederlande können in vielen Punkten ein gutes Vorbild sein und die Zusammenarbeit von deutschen und niederländischen Partnern kann sehr viel Mehrwert bieten.“ Die Deutsch-Niederländische Handelskammer hat darum in Anlehnung an die Forderungen des DIHK folgende Standpunkte formuliert:
1. Geeignete digitale Rahmenbedingungen schaffen
Es sind mehr Investitionen in eine hochleistungsfähige digitale Infrastruktur nötig. Die DNHK spricht sich daher für einen flächendeckenden Glasfasernetzausbau aus und fordert eine Priorisierung von Unternehmens- und 5G-Standorten. Auch die Entwicklung der Industrie 4.0 sollte weiter beschleunigt werden. „Wir sprechen uns dafür aus, dass deutsche und niederländische Unternehmen weiter kooperieren. Deutsche Unternehmen könnten zum Beispiel vermehrt mit den Smart Industrie-Firmen zusammenarbeiten, die nun in den so genannten ‚Field Labs‘ organisiert sind“, erläutert Gülker.
2. Infrastruktur ausbauen & Mobilität(-skonzepte) weiterentwickeln
Der Ausbau der überlasteten Verkehrsinfrastruktur muss zügig angegangen werden. Deutschland kommt dabei als Transitland in der Mitte Europas eine besondere Verantwortung zu – dies auch in Hinsicht auf den deutsch-niederländischen Handel. Die DNHK begrüßt die Pläne des deutschen Verkehrsministeriums, ab 2018 die Trassenpreise für den Schienengüterverkehr zu senken. Für den grenzüberschreitenden Schienenverkehr und die Anbindung der Häfen Rotterdam und Amsterdam an Deutschland, wäre es sinnvoll, wenn die Niederlande die Gebühren ebenso senken würden.
Die Weiterentwicklung und Umsetzung von Elektromobilität und neuen Mobilitätslösungen muss auch in Zukunft gefördert werden. Dazu sollte der Anteil an Elektroautos und Hybridautos weiter ausgebaut werden. „Deutschland könnte dabei von den Erfahrungen aus den Niederlanden profitieren, denn die Niederlande sind führend auf dem Gebiet der Ladeinfrastruktur“, so Gülker. Für die Wirtschaft ist es außerdem von Bedeutung, dass über wichtige Investitionsprojekte politisch entschieden wird und sie zeitnah planungsrechtlich sowie baulich umgesetzt werden. „Der Bundesverkehrswegeplan 2030 greift den Aspekt einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Gesamtnetzes auf. Nun kommt es darauf an, dies auch konsequent umzusetzen“, so Gülker. „In einem weiteren Schritt empfiehlt es sich daher, ihn zu einer integrierten Ausbau- und Finanzierungsplanung mit verbindlichen Zeitvorgaben und qualitativen Zielen weiterzuentwickeln“, so Gülker weiter.
3. Energieversorgungssicherheit europäisch denken und die Energiewende gemeinsam voranbringen
Ein gemeinsames europäisches Verständnis und Verantwortung für Versorgungssicherheit muss gefördert und umgesetzt werden. Ein weiterer Ausbau der erneuerbaren Energien und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei Themen wie dem Energiemix, Netzausbau und Flexibilität für einen (kosten-) effizienten Klimaschutz ist unabdingbar. „Deutschland und die Niederlande sollen in Forschung und Entwicklung näher zusammenarbeiten und von Best Practice-Beispielen gegenseitig lernen. Zusammenarbeit ist in Innovationsfeldern wie z.B. modernen Netzen, intelligenten Zählern, Sektorkopplung und Energiespeicherung möglich“, so der DNHK-Geschäftsführer.
4. Berufliche Bildung gemeinsam mit der Wirtschaft praxisnah und attraktiv gestalten
Im Bereich Ausbildung sollte die grenzüberschreitende Mobilität weiter gefördert werden. Sie hat einen hohen Stellenwert, da so nicht nur konkrete Lern- und Arbeitserfahrungen im Ausland gesammelt, sondern auch Fremdsprachenkenntnisse erlangt werden. Dazu müssten Ausbildungsabschlüsse angepasst und anerkannt werden. „Die berufliche Ausbildung in den Niederlanden ist anders strukturiert, aber es bieten sich zahlreiche Austauschmöglichkeiten zwischen niederländischen ROCs und deutschen Berufsschulen“, bewertet Gülker die Situation.
5. Bürokratie abbauen, Genehmigungsverfahren vereinfachen
Die Bundesregierung hat beim Bürokratieabbau einige Zeit lang konkrete Abbauziele verfolgt. In den letzten Jahren ist dies ins Stocken geraten. Die DNHK setzt sich deshalb dafür ein, Entlastungen für die Wirtschaft ohne Steuerausfälle möglich zu machen. Dazu können beispielsweise digitale Lösungen genutzt und Standards entwickelt werden. Positiv bewertet die DNHK grundsätzlich die „One in, one out“-Regel, nach der jede zusätzliche Regelung durch Entlastung an anderer Stelle kompensiert werden muss. Hier sollte aber auch EU-Recht berücksichtigt werden. Außerdem sollten Plan- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. „Als Beispiel kann hier das niederländische ‚crisis – en herstelwet‘ gelten, das kürzere und schnellere Verfahren vorsieht“, so DNHK-Geschäftsführer Gülker.
6. Start-ups und Unternehmensgründungen fördern
Die Rahmenbedingungen für Start-ups und ihre Expansion sollten verbessert werden: Die administrativen Hürden müssen weiter abgebaut und ein wachstumsfreundliches Umfeld geschaffen werden. „Wir brauchen konkrete Pläne, um das Wachstum von Start-ups zu fördern (Scale-ups)“, sagt Gülker.
7. Grenzüberschreitende Forschung und Entwicklung ausbauen
Die Industrie treibt in Deutschland den Fortschritt voran. Sie leistet mehr als 85 Prozent der privatwirtschaftlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Dies muss nach Auffassung der DNHK weiter grenzüberschreitend stimuliert werden. Die DNHK bewertet es darum positiv, dass die EU Innovationsprojekte auf europäischem Niveau fördert und setzt sich dafür ein, dass insbesondere die deutsch-niederländischen Partnerschaften auf diesem Gebiet ausgebaut werden.