Losgröße 1 und individualisierte Massenproduktion – diese Trends stellen Fertigungsunternehmen und deren Zulieferer vor eine besondere Herausforderung: Sie müssen immer kleinere Serien produzieren, ohne die Kosten pro Exemplar zu steigern. Dort setzt das niederländische Fieldlab „Flexible Manufacturing“ an. „Eine Lösung liegt in der weitergehenden Integration von Robotern und intelligenter Sensorik in die Produktionsabläufe. Die Fertigung muss möglichst komplett automatisiert ablaufen, um Stillstandzeiten durch Umrüstungen zu minimieren. Nur so lassen sich die Anforderungen des Marktes noch erfüllen“, berichtet John Blankendaal, Geschäftsführer des Zulieferernetzwerks Brainport Industries aus den Niederlanden. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeiten Forscher, Unternehmen und Organisationen in dem Fieldlab zusammen.
Der Name ist Programm: Das Forschungsteam des Fieldlabs „Flexible Manufacturing“ will Lösungen entwickeln, mit denen kleine wie große Serien gleichermaßen effizient und automatisiert produziert werden können – das Ziel ist die maximale Flexibilität in der Fertigung. „Wir haben festgestellt, dass es einen wachsenden Bedarf an kleinen Produktionsmengen gibt. Das liegt an der zunehmenden Individualisierung. Das heißt, von einzelnen Maschinen und Konsumgütern gibt es immer mehr Variationen. Daher haben wir dieses Fieldlab gegründet, mit dem wir der Industrie helfen möchten, in ihrer Produktion flexibler zu werden“, erklärt Henk Kiela, Professor für Angewandte Mechatronik an der Fontys Hochschule in Eindhoven.
Die Hochschule ist neben Brainport Industries und der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung (TNO) einer der drei Partner, die sich seit Mitte 2015 mit diesem Thema intensiv beschäftigen. Nachdem das Fieldlab im Dezember 2016 das Genehmigungsverfahren endgültig abgeschlossen hatte, sind weitere Partner eingestiegen – unter anderem der Elektronikkonzern Philips und Oost NV, die Entwicklungsgesellschaft für die östlichen Niederlande.
Möglichst kurze Produktionsstopps
Im Fieldlab „Flexible Manufacturing“ steht vor allem eine Herausforderung im Mittelpunkt: Wie können Maschinen und Roboter so schnell wie möglich umprogrammiert werden, damit die Stillstandzeiten auf ein Minimum reduziert werden? Das wichtigste Ziel besteht darin, die Dauer von Produktionsstopps zu minimieren. „Durch kürzere Vorlaufzeiten verschaffen sich die Unternehmen in vielerlei Hinsicht Vorteile. Sie können kurzfristig auch kleinere Aufträge annehmen und haben keine Einnahmeverluste durch lange Stillstände“, so Kiela.
Schon seit Jahren beobachtet er den Trend, dass in der Hightech-Industrie der Bedarf an kleinen Produktionsmengen wächst. „Gerade in der Automobilindustrie ist die weltweite Nachfrage zwar immer noch steigend, gleichzeitig gibt es aber von den einzelnen Modellen immer mehr Varianten, die spezielle Teile benötigen. So erhält der Zulieferer statt eines großen Auftrags mehrere kleine Bestellungen“, führt Henk Kiela ein Beispiel an. Bisher gilt die Faustregel: Je kleiner die Serie, desto teurer das einzelne Produkt. Das werde von den Kunden aber nicht mehr akzeptiert.
Erste Erfolge
Schon kurz nach dem Start konnte das Fieldlab erste Erfolge verbuchen: Zum einen haben die Forscher gemeinsam mit drei Unternehmen ein Produktionssteuerungssystem entwickelt, das von mobilen Robotern ausgeführt wird. Zum anderen konnten Unternehmen bereits wichtige Impulse bekommen, die ihnen für die Zukunft im internationalen Wettbewerb einen Vorteil verschaffen.
Neue Arbeitsplätze
Entgegen der weitläufigen Meinung, Roboter nehmen den Menschen die Arbeitsplätze weg, möchte „Flexible Manufacturing“ genau das Gegenteil erreichen, wie Professor Kiela erklärt: „Es werden Fachkräfte benötigt, die in der Lage sind, mit Robotern umzugehen. Zudem kann vorhandenes Personal seinen Stärken entsprechend besser eingesetzt werden. Auch hierdurch wird die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert.“
Über Flexible Manufacturing
Das Fieldlab „Flexible Manufacturing“ ist eine gemeinsame Initiative von Brainport Industries, der Fontys Hochschule Eindhoven, TNO, den Saxion Hochschulen, Philips, NMT, De Croomvoirtse, Roboned, BOM, Oost NV und InnovationQuarter.