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„Frauen sollten aufhören, immer everybody‘s darling sein zu wollen“

Mit ihrem neuen Buch „From Blondy to Billionaire. Frauen und Finanzen“, geht die Autorin, Moderatorin und Coaching-Expertin Anouk Ellen Susan das finanzielle Dilemma vieler Frauen in diesem Land an. Nur ein Drittel aller deutschen Frauen fühlen sich in finanziellen Angelegenheiten kompetent. Gar zu oft verkauften sich Frauen unter Wert, seien lieber everybody’s darling als einzufordern, was ihnen zusteht, so die Erfahrung der gebürtigen Niederländerin, die seit mehreren Jahren als Coach und Professional Speaker Frauen Selbstbewusstsein im Beruf vermittelt. „Ich möchte Frauen dazu ermutigen, sich mit ihren Finanzen zu beschäftigen, um finanziell eigenverantwortlich und unabhängig durchs Leben gehen zu können“, sagt Anouk Ellen Susan im Gespräch mit AHA24x7. Sie ist sich dabei bewusst, dass ihre typisch niederländische Herangehensweise – tatkräftig, kaufmännisch, risikofreudig – von Frauen ein radikales Umdenken verlangt.

Anouk Ellen Susan, „From Blondy to Billionaire. Frauen und Finanzen“, mediamixx Verlag 2020 (€ 14,95)

AHA24x7.com: Frau Susan, mit Ihrem neuen Buch und Ihren Vorträgen zum Thema Frauen und Finanzen wollen Sie auf Ihre gewohnt lockere Art, die so charakteristisch ist  für eine Niederländerin, deutschen Frauen zeigen, dass ans Geld zu denken und die eigene Unabhängigkeit ins Auge zu fassen nichts Anrüchiges hat. Ist das mentalitätsbedingt? Sollten Frauen hierzulande in eigener Sache tatkräftiger, risikofreudiger werden? 

Anouk Ellen Susan: Ja, unbedingt. Bekanntlich haben wir in den Niederlanden eine ausgesprochene Handelsmentalität. Die habe ich auch, ich sehe zunächst einmal überall Chancen. Darüber hinaus bin ich es gewohnt, „groß“ zu denken. Wir lassen uns nicht aufhalten, fangen einfach an. Und wenn‘s dann mal klemmt, suchen wir nach Lösungen, improvisieren, damit es weitergehen kann. Niederländerinnen und Niederländer sind also per se tatkräftig, risikofreudig, kaufmännisch unterwegs. Ich rufe Frauen gerne auf, groß zu denken, nicht zurückhaltend zu sein, sich nicht selbst klein zu machen, auch wenn dies risikobehaftet zu sein scheint. Mein Motto lautet: Ohne groß zu denken, kann es nichts geben. Meine Grundeinstellung hilft mir dabei sehr. Ich gehe die Sachen immer locker an. Und obwohl uns Holländern nachgesagt wird, wir seien Sparfüchse, sehe ich zunächst einmal nichts Verwerfliches darin, seine Finanzen im Blick zu behalten, um in allen Lebenslagen gerüstet zu sein. Die wirtschaftlichen Verwerfungen in Folge der Corona-Pandemie haben uns ja anschaulich vor Augen geführt, dass es sich empfiehlt, finanziell vorbereitet zu sein. Nur wer über sorgfältig und überlegt verwaltete Rücklagen verfügt, kann in die Zukunft investieren.

 

„Mir war klar, dass ich meinen Lebensunterhalt schon selbst verdienen muss, aus eigener Kraft. Das hat zweifelsohne auch einen Ehrgeiz in mir geweckt: Ich zeige jetzt mal, dass ich das kann.“

 

AHA24x7.com: Bleiben wir mal einen Moment beim Stichwort Mentalität, die ja der Erziehung geschuldet sein dürfte. War es für Sie quasi von Kindsbeinen an selbstverständlich, sich um das eigene materielle Fundament selbst zu kümmern?

Anouk Ellen Susan: Ja, das wurde mir von meiner Mutter vorgelebt, die alleinerziehend und immer berufstätig war. Sie hat mir unablässig eingebläut, dafür Sorge zu tragen, im Leben immer finanziell unabhängig zu sein, und sie musste dabei nicht groß betonen, dass sie damit meinte: finanziell unabhängig von einem Mann. Und so war es für mich schon als Schülerin selbstverständlich, nebenher zu jobben. Auch später während des Studiums habe ich immer nebenher Geld verdient.  Als ich dann nach Beendigung der Ausbildung meinen ersten Job angetreten hatte, konnte ich meiner Mutter in kürzester Zeit alles zurückzahlen, was sie in mich investiert hatte. Das hat mir ein gutes Gefühl gegeben und war definitiv gut fürs Selbstbewusstsein. Es war ja offensichtlich, dass mir in meinem Leben kein Geldregen zu Teil werden würde, auch ein Scheich oder so war nicht in Sicht. Mir war klar, dass ich meinen Lebensunterhalt schon selbst verdienen muss, aus eigener Kraft. Das hat zweifelsohne auch einen Ehrgeiz in mir geweckt: Ich zeige jetzt mal, dass ich das kann. Und diese Botschaft möchte ich gerne anderen Frauen weitergeben, nach der Devise: Sorge frühzeitig dafür, finanziell nicht von anderen abhängig zu sein.

AHA24x7.com: Sind Sie also der Ansicht, dass Frauen sich dem Thema Geld, Selbstverwertung, Geldvermehrung und Autonomie verstärkt stellen sollten?

Anouk Ellen Susan: Allerdings! Gerade dieses Thema ist für Frauen außerordentlich wichtig. Es ist doch erschreckend, wenn man sich vergegenwärtigt, dass laut einschlägiger Statistik jede dritte Frau nicht genug Geld verdient, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Jede vierte lebt in finanzieller Abhängigkeit, 44 Prozent der deutschen Frauen gibt an, über keinerlei Ersparnisse oder Investments zu verfügen. 75 Prozent der verheirateten Frauen im Alter zwischen 35 und 50 Jahren ist von Altersarmut bedroht. Wenn man in seiner Erziehung nicht gelernt hat, Geld zum Thema zu machen, oder meint, das nicht nötig zu haben, weil man das mit dem (Ehe-)Partner so vorzüglich geregelt hat, wenn man blindes Vertrauen hat, kann das schon mal ein böses Erwachen geben. Das belegen ja schon die Scheidungsraten in Deutschland. Zwei Millionen Mütter sind alleinerziehend, die haben auch nicht gedacht, dass sie mal alleinerziehend leben würden. Das wird wohl 2020 nicht besser werden, habe ich mir Anfang des Jahres gedacht, daher dieses Buchprojekt. Das Verhältnis zum Geld und zur eigenen finanziellen Unabhängigkeit dürfte für viele Frauen höchstens noch wichtiger werden. Es ist an der Zeit, dem mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

 

„Ich muss als Frau wissen, was ich wert bin, wie sich meine Dienstleistung auf dem Markt materialisiert. Und den Gegenwert sollte ich dann auch bekommen. Das kann ein adäquates Gehalt sein, eine betriebliche Weiterbildung oder ein schönes Firmenauto. Diese Leistungen gilt es einzufordern.“

 

AHA24x7.com: Woher kommt es Ihrer Meinung nach, dass so viele Frauen dem Thema Finanzen lieber aus dem Weg gehen?

Anouk Ellen Susan: Viele Frauen finden das Thema Geld unangenehm, wenig sexy. Frauen sind oftmals in dieser Frage auch nicht sehr strukturiert. Ich selbst führe zum Beispiel seit vielen Jahren genau Buch über das, was reinkommt und rausgeht, wobei ich nicht etwa besonders sparsam bin, aber ich behalte eben den Überblick. In meinem Umfeld kenne ich kaum jemanden, der das so handhabt wie ich. Wobei sich gerade jetzt während der Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig es ist, Rücklagen zu haben. Bei so mancher, die als Unternehmerin tätig ist, läuft es zum Beispiel derzeit durch die Pandemie nicht so, wie sie sich das Geschäftsjahr vorgestellt hatte.

Des Weiteren sehen wir bei Frauen allzu oft, dass sie sich unter Wert verkaufen, bemerken wir die allseits bekannte Haltung, es wird schon jemand sehen, dass ich einen guten Job mache, ich muss mich nicht in den Vordergrund spielen und Forderungen stellen. In dieser Frage sind Frauen häufig zu zurückhaltend, verkaufen sich unter Wert. Frauen wollen allzu oft everbody‘s darling sein, wollen von allen und für alles gemocht werden. Soll Frau wirklich warten, bis jemand eine Leistung zur Kenntnis nimmt? Nein, tue Gutes und sprich darüber, lautet da mein Motto. Komm in die erste Reihe! Wer immer nur der Herde folgt, sieht am Ende nur noch Ärsche. Du musst als Frau immer gedanklich einen Schritt voraus sein, einfach mal hart verhandeln.

AHA24x7.com: Welche weiteren praktischen Tipps haben Sie in dieser Frage für Frauen im Gepäck?

Anouk Ellen Susan: Eine gut geführte Übersicht über die eigene finanzielle Lage ist das A & O. Du kannst wenig oder viel haben, das ist ziemlich egal. Ich stelle immer gerne interessierten Frauen meine Tabellen zur Verfügung, als Anregung und Anleitung, wie man den Überblick behält, Ordnung reinbringt. Da hat man ein ganz anderes Standing und weiß, wenn‘s mal nicht so läuft, wo man einsparen kann, wo es noch einen Puffer gibt. Ein weiter wichtiger Punkt ist die Einschätzung der eigenen Wertigkeit. Ich muss als Frau wissen, was ich wert bin, wie sich meine Dienstleistung auf dem Markt materialisiert. Und den Gegenwert sollte ich dann auch bekommen. Das kann ein adäquates Gehalt sein, eine betriebliche Weiterbildung oder ein schönes Firmenauto. Diese Leistungen gilt es einzufordern. Frauen sollten sich davon verabschieden, immer everybody‘s darling sein zu wollen, und akzeptieren, dass es dann einige geben wird, die einen nicht mögen. Aber das sollte einen nicht davon abhalten, für sich einzustehen. Eminent wichtig ist es darüber hinaus, Netzwerke zu nutzen. Viele Frauen finden dieses Instrument ganz toll und machen davon Gebrauch. Genauso viele gibt es aber auch, die der Auffassung sind, warum sollte ich das tun, ich brauche kein Netzwerk. Das, finde ich, ist eine gänzlich falsche Herangehensweise. Jede Frau, die auf finanzielle Unabhängigkeit setzt, braucht ein Netzwerk.

Frau Susan, vielen Dank für das Gespräch!

 

Anouk Ellen Susan, „From Blondy to Billionaire. Frauen und Finanzen“, mediamixx Verlag 2020 (€ 14,95)