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Geschäftspraxis D/NL: Bei der Pünktlichkeit gibt es Unterschiede

Auch wenn deutsche Züge längst nicht so fahrplanmäßig fahren wie zum Beispiel japanische: Deutsche Pünktlichkeit ist sprichwörtlich. Die Niederlande kennen beim Thema Zeit regionale Unterschiede.

In manchen deutschen Behörden sitzen die Sachbearbeiter schon morgens um 7 Uhr am Schreibtisch; vor allem in Ostdeutschland hat das Tradition. Wer früh kommt, kann auch früh gehen, was im Sommer seine Vorteile hat. Solche Bürozeiten sind Niederländern entschieden zu früh. Auch die Schule beginnt in der Regel etwas später als in Deutschland: Um 8.20 oder 8:30 beispielsweiße. In Niederländischen Büros wird der Computer allerfrühestens um 8 Uhr hochgefahren, Handel und Banken in den Niederlanden beginnen zwischen 8.30 Uhr und 9 Uhr. „In Deutschland als Industrienation war die Einhaltung genauer Zeitpläne immer wichtig, das gilt für die Niederlande als Handelsnation weniger stark“, glaubt John Mazeland von der Business Alliance Niederlande Deutschland, die Kurse für Niederländer und Deutsche zur besseren Orientierung auf dem jeweiligen Nachbarland anbietet. Zu den Grundlagen deutschen Wohlbefindens gehört auch, dass Bäckereien schon früh am Morgen Brötchen verkaufen. Ein deutscher Geschäftsmann, der lange in einem Dorf bei Groningen wohnte, musste regelmäßig bis 9 Uhr warten, bis es Brötchen gab. Vor kurzem ist er wieder nach Deutschland gezogen.

Einmal bei der Arbeit, gelten Niederländer als sehr konzentriert. Allerdings spielt auch die Pause eine große Rolle – und das gilt auch für den Smalltalk. Anders als das Wort suggeriert, spielt er für das Betriebsklima eine große Rolle. Wer gegen 12 Uhr mittags in den Niederlanden anruft, kann eine eigenartige Erfahrung machen: Sein Gesprächspartner meldet sich mit Namen und hebt dann mit einem gedehnten, mehrere Sekunden langen „goede“ (gesprochen chuuuuuude) an – währenddessen sieht er auf die Uhr -, um den Gruß dann mit „morgen“ oder mit „middag“ abzuschließen. „Goedemorgen“ wird bis 11.59 gesagt, danach heißt es „goedemiddag“ (guten Tag). Da sind Niederländer sehr genau. An jedem Ersten im Monat heulen in den Niederlanden noch heute Landesweit um Punkt zwölf Uhr die Sirenen zur Probe. Das gibt dann Gelegenheit, die Uhren zu stellen. Auch zu Verabredungen sollte man tunlichst pünktlich kommen, trotz verstopfter Straßen. „Privat kann man sich verspäten“, meint John Mazeland, „aber beruflich sollte man pünktlich sein.“ Was auch für die Schule gilt, wobei eine gute, typisch niederländische Ausrede für zu spät kommende Schüler ist: „Die Brücke war offen!“ Etwas anders wird es mit der Pünktlichkeit aber in Nordbrabant und Limburg gehalten, wo Gemütlichkeit und Lebensfreude wichtig sind. Hier hält sich eine südeuropäische Variante zum preußischen „Fünf Minuten vor der Zeit sind des Soldaten Pünktlichkeit“; „Vijf minuten na de tijd geeft de gastheer enig respijt.“ Wer fünf Minuten zu spät kommt, gibt dem Gastgeber noch ein wenig Vorbereitungszeit.

Über den Autor
John Mazeland ist Geschäftsführer der Business Alliance Niederlande Deutschland (BAND) in Nimwegen, die Workshops über Management und Unternehmenskultur in den Niederlanden veranstaltet.