Der öffentlich-rechtliche Sender NOS sieht sich gezwungen, die Logos von Übertragungswagen zu entfernen. Die Maßnahme soll vor allem dem Schutz der Mitarbeiter dienen. Fast täglich würden Journalisten und Techniker, die zu Berichterstattungszwecken in den Niederlanden unterwegs sind, bei ihrer Arbeit gestört, beleidigt oder gar bedroht.
„Es geht nicht nur darum, was tatsächlich passiert, sondern auch um die Angst, dass einem etwas zustößt oder angetan wird“, sagt NOS-Chefredakteur Marcel Gelauff. Bereits seit einiger Zeit gehen Journalisten nicht mehr ohne Sicherheitspersonal zu bestimmten öffentlichen Veranstaltungen oder in einige Gebiete. Sie seien teils mit Abfall beworfen und körperlich bedrängt worden. Auch gegen Fahrzeuge wurde laut NOS uriniert. Auf Autobahnen wurden NOS-Fahrzeuge geschnitten und ausgebremst. Gelauff sprach im Zusammenhang mit der Entfernung der Logos von einer „Niederlage für die NOS, vor allem aber für den Journalismus.“ Erstaunlich sei, wie schnell und in welch kurzer Zeit sich die Lage zugespitzt habe.
Solidarität aus Deutschland
Rückendeckung erhält NOS aus der niederländischen Regierung. Arie Slob, der verantwortliche Minister für Schulwesen und Medien, betonte, dass die freie Presse das Herzstück der Demokratie sei. Sein Appell: „Hände weg von unserer Presse. Lassen Sie die Journalisten ihre Arbeit sicher und unabhängig erledigen.“ Er beriet sich mit Medienvertretern und sicherte Journalisten die erforderliche Unterstützung zu. Frank Überall, der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbands DJV, äußert sich bestürzt über die Entfernung der Senderlogos: „Schlimm, dass Journalistinnen und Journalisten des Rundfunks jetzt in der Öffentlichkeit untertauchen müssen, um noch ihren Job machen zu können.“ Wer Gewalt gegen Journalisten ausübe, habe das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit im Visier. „Das ist nirgendwo akzeptabel, weder in Deutschland noch in den Niederlanden“, unterstreicht Überall.
Polarisierung in den Niederlanden nimmt zu
Die zunehmenden Angriffe auf Medienvertreter sind Ausdruck eines veränderten gesellschaftlichen Klimas. Der Nationale Koordinator für Terrorismusbekämpfung und Sicherheit (NCTV), Pieter-Jaap Aalbersberg, weist in einer neuen Bedrohungsanalyse darauf hin, dass seit dem Ausbruch des Coronavirus die sozialen Spannungen in den Niederlanden sowohl auf den Straßen als auch in den sozialen Medien sichtbarer geworden sind. Er beobachtet im Land „eine radikale Unterströmung mit extremistischem Verhalten“. Diese setze sich aus Menschen zusammen, die Politiker und Journalisten belästigten, Polizisten einschüchterten und Privatadressen von Vertretern dieser Gruppen im Internet veröffentlichten.