Ein halbes Jahr ist seit den Parlamentswahlen in den Niederlanden vergangen. Auf eine Regierungsbildung haben sich die Fraktionen bislang nicht einigen können. Am diesjährigen „Prinsjesdag“, dem dritten Dienstag im September, an dem in den Niederlanden traditionell das Parlamentarische Jahr eingeläutet wird, verlas König Willem-Alexander eine Rede, die ihm von einer geschäftsführenden („demissionaire“) Regierung vorgelegt worden war. Im Anschluss präsentierte der Finanzminister im Namen des Kabinetts den Haushaltsplan für das Jahr 2022. Die„Miljoenennota“ enthält die zu erwartenden Entwicklungen, die wichtigsten Pläne und Entscheidungen des Kabinetts fürs kommende Jahr. Sie umschreibt die finanzielle und wirtschaftliche Situation des Landes und gibt an, welche Kosten die weitreichenden Pläne mit sich bringen und welche Folgen diese für Unternehmen und Bürger haben.
Neben Zuschüssen für die sozialen Sicherungssysteme sowie Investitionen in die Infrastruktur des Landes, den Wohnungsbau, den Hochwasserschutz, die Verkehrssicherheit und den Militärapparat sieht die „Miljoenennota“ vor allem Milliarden für das Klima und die Wirtschaft vor. Die niederländische Wirtschaft erholt sich derzeit rapide und die Perspektiven sind nach Dafürhalten der Regierung durchweg positiv. Nach Aufhebung der meisten Corona-Maßnahmen laufen am 1. Oktober die staatlichen Hilfen für Unternehmen aus, die die Wirtschaft während der Pandemie am Laufen gehalten haben. Nachhaltiges Wachstum soll den Wohlstand, die Beschäftigung und das Einkommen zukünftiger Generationen sicherstellen.
Schaffung einer Infrastruktur für „saubere“ Energie
Mit einer Investition von 6,8 Milliarden Euro wird die weitere Reduzierung der CO-2-Emission vorangetrieben, wobei die geplanten Maßnahmen ohne zusätzliche Belastungen für den Steuerzahler realisiert werden sollen. Damit, so der Plan, können die Niederländerinnen und Niederländer ihren Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung des Landes liefern, die angestrebten Klimaziele können fristgerecht eingehalten werden, und der CO-2-Ausstoß im Lande dürfte in absehbarer Zeit rapide sinken. Landsleute, die sich für die Anschaffung eines Elektroautos, den Einbau einer Wärmepumpe oder für Wärme dämmende Maßnahmen am Haus entscheiden, können mit erheblichen Subventionen und vergünstigten Krediten rechnen. Auch Unternehmen sollen in dieser Frage nicht zurückstehen, die Schaffung einer Infrastruktur für „saubere“ Energie ist hier von großer Bedeutung.
Investitionen in innovative Technologien
300 Millionen Euro extra stellt das Kabinett zur Förderung innovativer Technologien in Aussicht. Damit sollen niederländische Unternehmen wettbewerbsfähig und führend bleiben. Diese zusätzlichen 300 Millionen Euro stellt das Kabinett als Startsumme verfügbar für die Teilnahme der Niederlande an zwei „Important Projects of Common European Interest“ auf dem Gebiet der Mikroelektronik, der Cloud-Infrastruktur und der Cyber-Sicherheit. Das sind groß angelegte europaweite Kooperationen von Unternehmen und Wissenseinrichtungen in Sachen innovativer Technologien, Produktionsketten und Infrastruktur, die für die EU von erheblicher strategischer Bedeutung sind. Niederländische Startups, Zulieferer und Großbetriebe erhalten hierdurch einen garantierten Zugang zur jeweils neuesten Mikro- und Nano-Elektronik sowie Software.
Fortsetzung der Corona-Hilfen
Die Niederlande stehen durch die bislang erreichte Impfquote und dank der Wirtschaftshilfen besser da als erwartet. Dennoch bleibt fürs erste die weitere Unterstützung von Menschen und Unternehmen unerlässlich. Die Corona-Krise hat erhebliche Unterschiede in der Wirtschaft des Landes zuwege gebracht. Wo in manchen Sektoren die Umsätze gestiegen sind, blieben in anderen viele Betriebe auf der Strecke. Trotz gezeigter Flexibilität von Arbeitgebern und Mitarbeitenden mussten sich nicht wenige nach einem anderen Job umsehen. Das Kabinett hat bereits in der jüngsten Vergangenheit 1,4 Milliarden Euro bereitgestellt, um Menschen bei der Jobsuche und/oder Umschulung zu unterstützen. Da der Arbeitsmarkt ständig in Bewegung ist, sei es notwendig, diese Maßnahmen auch 2022 fortzusetzen. Die Verwerfungen während der Pandemie hätten die Notwendigkeit eines „Leben langen Lernen“ eindrücklich unter Beweis gestellt.