Old- und Youngtimer sind en vogue. Fans sind nicht nur echte Liebhaber, sondern zunehmend auch Käufer, die klassische Fahrzeuge als Kapitalanlage betrachten. Das führt natürlich auch zu kriminellen Begehrlichkeiten; der Diebstahl von Klassikern, oftmals bandenmäßig organisiert, ist an der Tagesordnung. Dass man unwissentlich ein zuvor gestohlenes Fahrzeug erwirbt, ist daher keine Seltenheit, aber für deutsche Käufer hoch problematisch, weiß Wolfgang Walter Horn, als Berater grenzüberschreitend tätig für die Kanzlei Bavelaar & Bavelaar Advocaten Rechtsanwälte in Amsterdam und Hamburg. Denn in Deutschland kann man – im Gegensatz zu anderen Ländern – an gestohlenen Waren kein Eigentum erlangen, gleichgültig, wie gutgläubig man ist. Das ist anders in einigen unserer Nachbarländer, so auch in den Niederlanden.
In Zeiten weitestgehender Konformität im PKW-Design und angesichts der zunehmenden Präsenz wüstentauglicher SUVs auf deutschen Straßen bilden Oldtimer jedweder Generation geradezu eine Avantgarde automobiler Ästhetik. Ob Porsche 911 oder Ford Mustang anno 1964 – Oldtimer erfreuen sich hierzulande stetig wachsender Beliebtheit. Allerdings gilt es bei den Fans zu unterscheiden zwischen echten Liebhabern und solchen, die sich Antiquitäten dieser Gattung ausschließlich zwecks Wertanlage in die Garage stellen.
Oldtimer als Kapitalanlage
Letztere Kategorie nehme inzwischen gut 50 Prozent der Kaufinteressierten ein, sagt Wolfgang Horn. Und weil der deutsche Markt alleine die Nachfrage nicht bedienen kann, schauen sich Auto- wie Anlagefans auch in den Nachbarländern nach Schnäppchen um. Dabei gibt es große Preisunterschiede. Anders als beim legendären Porsche 911 oder dem „Gullwing“-SL von Mercedes („eine sichere Bank“) könne bei einem betagten „Ami-Schlitten“ aufgrund der oftmals bedenklichen Qualität und der für Europa nicht optimalen Fahrtüchtigkeit (riesige Ausmaße, heftiger Benzinverbrauch, wachsweiche Straßenlage) mit Ausnahme bestimmter Modelle keine wesentliche Wertsteigerung erwartet werden, so Horn. „Diese Oldtimer werden denn auch in erster Linie von den wahren Liebhabern, aus Spaß an der Freude, gekauft. Und bei diesen eher exotischen Modellen sind Belgien und die Niederlande führend, dort ist der Markt auch noch nicht so abgegrast.“
„H-Kennzeichen“ steht für zeitgenössische Authentizität
Die Einfuhr von Oldtimern innerhalb des europäischen Binnenmarkts sei kein Problem, meint Experte Horn. Diese sei zollfrei, und auch die in den Niederlanden entrichtete Mehrwertsteuer werde erstattet. Sogar der deutsche TÜV zeige sich hinsichtlich der Zulassung von Klassikern im Prinzip großzügig, wenn auch die der heutigen Verkehrssicherheit entsprechende Fahrtüchtigkeit natürlich gewährleistet sein müsse. Ein „H-Kennzeichen“ für ein 30-jähriges und älteres Fahrzeug zu bekommen, erfordere allerdings ein hohes Maß an zeitgenössischer Authentizität. Dabei seien Änderungen durchaus zugelassen, aber sie müssten ebenfalls zeitgenössisch sein. Beispiel VW Käfer: „Ein Motortuning nebst Sportauspuff und Tieferlegungssatz von TDE sind nicht hinderlich, aber nachträglich eine Servolenkung in einen Käfer aus den 70er-Jahren einzubauen, ist schlicht nicht vereinbar mit einem solchen Zertifikat“, so Horn.
Wer in den Niederlanden einen Oldtimer erwirbt und nach Deutschland einführen möchte, sollte vor dem Kauf aber nicht nur technische Fragen checken, sondern genauestens darauf achten, dass die Angaben in den Papieren dem angebotenen Fahrzeug entsprechen und die Eigentumsverhältnisse geklärt sind. Dafür gibt es laut Horn durchaus triftige Gründe. Denn ein gutgläubiger Erwerb von gestohlenen Fahrzeugen kann zwar im europäischen Ausland möglich sein und kommt auch nicht gerade selten vor. In Deutschland aber ist das ausgeschlossen, und so mancher deutsche Oldtimer-Fan, der bei einem niederländischen Verkäufer viel Geld für sein Schätzchen hingeblättert hat, staunt nicht schlecht, wenn – oftmals auch noch nach Jahren – plötzlich früh um 6 Uhr Zoll und Polizei in Begleitung eines Abschleppers vor der Haustür stehen und das Fahrzeug einkassieren. Mit der Begründung, der Oldtimer sei zuvor geklaut worden.
„Gutgläubiger Erwerb“
„Versuchen Sie mal, Ihr Geld zurückzubekommen, wenn der niederländische Autohändler unwiderlegbar behauptet, seinerseits guten Gewissens gehandelt zu haben“, so Horn. In Fällen wie diesen sei der ahnungslose Käufer definitiv angeschmiert. Denn gutgläubiger Erwerb sei in Deutschland grundsätzlich kein Freispruch. Allerdings gebe es womöglich Hoffnung, nämlich wenn das Fahrzeug in den Niederlanden von einem niederländischen Autohändler erworben und der gesamte Kaufvorgang komplett in den Niederlanden abgewickelt wurde. Hilfestellung gebe dabei das europäische Zuständigkeitsrecht, die sog. „Brüssel-Ia-Verordnung“ (EuGVVO). Dabei komme es aber auf jedes feine Detail des Kaufvorgangs an, das könne kompliziert werden, vor allem dürfe es dann nicht den geringsten Zweifel an dem guten Glauben des Käufers geben.
Auf kriminelle Praktiken reinzufallen, ist laut Wolfgang Walter Horn gar nicht mal so schwer. „Für Unfallautos etwa werden hohe Summen gezahlt, denn viele Aufkäufer sind in Wirklichkeit nur an den KFZ-Dokumenten interessiert“, weiß der Experte von Bavelaar & Bavelaar, der beidseits der Grenze als Rechtsberater tätig ist. „Wenn dann ein gestohlenes Fahrzeug entsprechend angepasst, u.a. mit der Fahrgestellnummer des Unfallautos versehen wird, fällt das am Ende nur schwerlich auf, da ja die Papiere original sind“. Außerdem würden gestohlene Fahrzeuge oftmals zerlegt, denn es seien „bei manchen Modellen die einzelnen Teile wertvoller als das Auto im Ganzen“. Und für den Erwerb von gestohlenen Einzelteilen gelte natürlich rechtlich dasselbe wie bei einem kompletten Fahrzeug. Daher:
Check, check, double-check
Oldtimer-Fans, die bereit sind, ihr Angespartes in ein solches Hobby zu investieren, sollten also die Augen offen halten und mit äußerster Vorsicht zu Werke gehen. Unerlässlich ist, die Historie des Objekts der Begierde möglichst lückenlos aufzuklären. Notfalls sollte ein Gutachter hinzugezogen werden, der neben der technischen Prüfung auch bei der Identifizierung Hilfestellung geben kann (und wodurch man auch Zweifel an dem guten Glauben ausräumen kann). Ansonsten kann es passieren, dass nicht nur das Geld, sondern auch das Auto unwiederbringlich weg ist.
Wurde ein vormals gestohlenes Fahrzeug in Deutschland erworben, hat man keine Chance, gleichgültig, wie gutgläubig man war, denn gutgläubiger Erwerb ist schlichtweg verboten. Möglich sei aber Wolfgang Walter Horn zufolge, in den Niederlanden gutgläubig zu erwerben, allerdings nur unter ganz besonderen Vorgaben: Kauf bei einem offiziellen Händler, und dabei Vertragsabschluss, Bezahlung und Übergabe ausschließlich in den Niederlanden. Und: der Diebstahl muss mindestens 3 Jahre zurückliegen, andernfalls könnte der frühere Eigentümer das Fahrzeug zurückfordern. Dabei könne es auf kleinste Details ankommen, weshalb man als Geschädigter unbedingt auf die Unterstützung durch einen in der Sache kundigen Rechtsbeistand angewiesen sei.