Wer sich mit dem Thema Erbschaft beschäftigen muss, sieht oftmals ein Dickicht aus Vorschriften, Gesetzen und Formalien vor sich. Noch komplizierter wird es, wenn das Erbe grenzüberschreitend geregelt oder angetreten werden muss. Licht ins Dunkel bringen zwei Web-Seminare, die die fünf GrenzInfoPunkte organisieren. Das erste Web-Seminar am Dienstag, 5. April, richtet sich an Deutsche, die in die Niederlande gezogen sind und findet in deutscher Sprache statt. Zwei Tage später, am Donnerstag, 7. April, wird der umgekehrte Fall betrachtet: Niederländer, die in Deutschland wohnen. Beide Web-Seminare beginnen um 15.30 Uhr, die Teilnahme ist kostenlos. Interessierte können sich bis zum Vortag der Veranstaltung per E-Mail an gip@mediamixx.eu anmelden. Branko Reumkens, Partner und Notar in der Kanzlei LexQuire Tax & Law, ist Experte auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Erbschaft und konnte von den GrenzInfoPunkten als Referent für die Web-Seminare gewonnen werden. Im Interview mit AHA24x7.com gibt er bereits einen ersten Einblick in das Thema.
AHA24x7.com: Welche allgemeinen Unterschiede gibt es bei der Erbschaftssteuer zwischen Deutschland und den Niederlanden?
Branko Reumkens: In Deutschland gibt es einen viel größeren Freibetrag, wenn es um ein Erbe an die Kinder geht. In den Niederlanden ist die Erbschaftssteuer daher schon viel früher fällig. Niederländische Notare sollten sich dieser Steuer bewusst sein und die zu erwartende Erbschaftssteuer in ihren Testamenten sowie in ihrer Beratung berücksichtigen und verschiedene Stellschrauben nutzen, durch die die Steuerzahlungen so gering wie möglich ausfallen.
Die niederländischen Steuerbehörden sind hingegen in Bezug auf Lebensgemeinschaften sehr viel großzügiger. Das bedeutet, dass Zusammenlebende in Deutschland im Todesfall schneller Erbschaftssteuer zahlen müssen als in den Niederlanden. Die Frage, wer (d.h. welches Land) die Steuer erhebt, ist natürlich sehr komplex und kann nicht pauschal beantwortet werden.
„Im niederländischen Recht gibt es Möglichkeiten, den überlebenden Ehegatten in Bezug auf die Kinder umfassend zu schützen. Das deutsche Recht bietet dieses Instrument nicht.“
AHA24x7.com: Worauf muss man besonders achten, wenn man grenzüberschreitend ein Erbe regeln möchte oder ein Erbe antritt?
Branko Reumkens: In Deutschland ist das Verfahren zur Annahme einer Erbschaft völlig anders als in den Niederlanden. In Deutschland gilt die Erbschaft als rein angenommen, sobald eine Frist verstrichen ist. In den Niederlanden hingegen muss man tatsächlich aktiv werden, um eine Erbschaft anzunehmen.
Der wichtigste Unterschied ist, dass das niederländische Recht eine dritte Möglichkeit vorsieht, eine Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen. Hierbei handelt es sich um die so genannte „Beneficiaire“-Annahme, die viele Möglichkeiten bietet, insbesondere wenn man im Unklaren darüber ist, welchen Umfang die Erbschaft hat bzw. wie sie sich zusammensetzt.
AHA24x7.com: Können Sie konkrete Beispiele nennen, was schief gehen kann?
Branko Reumkens: Im niederländischen Recht gibt es Möglichkeiten, den überlebenden Ehegatten in Bezug auf die Kinder umfassend zu schützen. Das deutsche Recht bietet dieses Instrument nicht. Oft ist das Wissen um die Möglichkeiten, wie eine Erbschaft konstruiert werden kann, nicht ausreichend und führt dazu, dass eine gewünschte Situation (z.B. der Schutz des überlebenden Partners) nicht voll ausgeschöpft wird. Im Rahmen der Web-Seminare zeige ich anhand von Beispielen die Optionen auf.
AHA24x7.com: Kennt man in den Niederlanden auch „Schenken mit warmer Hand“?
Branko Reumkens: Auch in den Niederlanden gibt es Möglichkeiten, mit einer warmen Hand zu schenken. Es gibt jedoch einen großes „Aber“: Dieser Weg ist wesentlich problematischer und mühsamer als in Deutschland, da die Freibeträge für die Erben wesentlich geringer sind. Auch hierauf gehe ich in den Web-Seminaren näher ein.
Vielen Dank für das Gespräch!