Nordrhein-Westfalen und die Niederlande setzen ihre enge Zusammenarbeit im Hochwasserschutz fort. Darauf haben sich die Partner bei der 8. Deutsch-Niederländischen Hochwasserkonferenz am Mittwoch, 3. Dezember 2025, verständigt. Umweltminister Oliver Krischer und Direktor-General Jaap Slootmaker unterzeichneten die gemeinsame Erklärung, die die Zusammenarbeit für die nächsten sechs Jahre festschreibt. Die Kooperation besteht seit 1997. Sie wurde in der Folge der beiden Rheinhochwasser 1993 und 1995 angestoßen, um Austausch und Zusammenarbeit zu stärken. Inzwischen gilt die Kooperation europaweit als Vorbild dafür, wie grenzüberschreitender Hochwasserschutz funktionieren kann.
Im Mittelpunkt der Konferenz standen aktuelle Herausforderung für den Hochwasserschutz entlang der deutsch-niederländischen Grenze. Die Partner betonten, wie wichtig abgestimmtes Handeln ist – gerade in Zeiten des Klimawandels, häufiger Extremwetter und steigender Hochwasserrisiken. „Hochwasser macht nicht an Landesgrenzen halt. Darum brauchen wir Lösungen, die einen optimalen Hochwasserschutz für Ober- und Unterlieger schaffen sowie gemeinsam gedacht und umgesetzt werden. Mit der heutigen Vereinbarung stärken wir den Schutz für hunderttausende Menschen im deutsch-niederländischen Grenzraum. Wir freuen uns, dass diese Kooperation seit bald 30 Jahren besteht und eine Konstante in den engen Beziehungen zu unseren Nachbarn geworden ist“, sagte Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr von Nordrhein-Westfalen.
Robert Tieman, niederländischer Minister für Infrastruktur und Wasserwirtschaft, freute sich ebenfalls über die Erneuerung der Zusammenarbeit: „Es ist entscheidend, dass die Niederlande und Nordrhein-Westfalen ihre Pläne im Bereich der Wassersicherheit eng aufeinander abstimmen. Eine Überschwemmung oder ein Deichbruch auf der einen Seite der Grenze kann direkte Auswirkungen auf die andere Seite haben. Deshalb arbeiten wir seit 30 Jahren so eng zusammen – und ich muss sagen, in einem ausgesprochen guten Einvernehmen.“
Enge Vernetzung in Theorie und Forschung
Konkret wird die Zusammenarbeit in der deutsch-niederländischen Hochwasserschutz-Arbeitsgruppe. Wer Abläufe, Zuständigkeiten und Ansprechpartner kennt, kann im Ernstfall schneller reagieren und gemeinsam handeln. Deshalb finden regelmäßig Fachgespräche zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Hochwasser- und Katastrophenschutz statt. Außerdem führt die Arbeitsgruppe seit vielen Jahren gemeinsame Untersuchungen durch – immer mit dem Ziel, Risiken früh zu erkennen und Schutzkonzepte abzustimmen. Dazu zählen unter anderem Studien zu grenzüberschreitenden Auswirkungen von extremem Hochwasser am Niederrhein oder zum Überflutungsrisiko von grenzüberschreitenden Deichringen.
Aktuell untersucht ein Verbund aus mehr als zehn Institutionen unter Leitung der HAN University of Applied Sciences (NL), wie sich das deutsche und niederländische Hochwasserschutzmanagement unterscheidet – und wie beide Systeme voneinander lernen können.
Von der Theorie in die Praxis
Die Ergebnisse aus den wissenschaftlichen Studien und Fachgesprächen fließen dann in die Organisation und Konzeption der konkreten Hochwasserschutzmaßnahmen am Rhein ein.
So beeinflussen die Fachleute beiderseits der Grenze nicht nur die einzelnen Deichsanierungen vor Ort, sondern auch die Umsetzung von Hochwasserrückhalteräumen und Deichrückverlegungen. Nordrhein-westfälische Poldermaßnahmen leisten damit nach ihrer Realisierung einen wesentlichen Beitrag von internationaler Bedeutung zur deutlichen Senkung von extremen Hochwasserspitzen in Deutschland, der bis in die Niederlande hineinwirkt.
Retentionsraum Köln-Worringen
Die Schaffung von Retentionsräumen ist immer von beidseitigem Interesse. So stimmen Deutschland und die Niederlande schon frühzeitig große Rückhalteräume eng ab, beispielsweise auf Ebene der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR). Ein Beispiel aus dem IKSR-Programm Rhein 2040 ist der geplante und in diesem Jahr genehmigte Retentionsraum Köln-Worringen, der bei Hochwasser riesige Wassermengen aufnehmen soll. Er verringert nicht nur die Hochwasserspitzen am Rhein auf deutscher Seite, sondern entlastet flussabwärts bis in die Niederlande.
Zusammenarbeit bei Deichsanierungen
Auch bei der Modernisierung von Deichen arbeiten beide Seiten eng zusammen. Bei einer gerade abgeschlossenen Deichsanierung in Dornick war ein niederländisches Bauunternehmen beteiligt. Über die im Rahmen der deutsch-niederländischen AG stattfindenden engen Abstimmungen wird auf kompatible Techniken, Materialien und Standards hingearbeitet. Daraus entsteht ein Mehrwert für beide Länder, denn viele Deiche am unteren Niederrhein bieten als Bestandteil der dortigen Deichringe auch den Nachbarn in den Niederlanden Schutz.
Mehr Platz für den Fluss
Die Idee, Flüssen, auch abseits des Rheins, mehr Raum zu geben statt Deiche immer weiter zu erhöhen, wird in Nordrhein-Westfalen immer häufiger angewendet – etwa bei Deichrückverlegungen, Auenprojekten und Renaturierungen. Ein Vorgehen, das sich in den Niederlanden und in Nordrhein-Westfalen schon länger etabliert hat. Der Erfahrungsaustausch hilft beiden Seiten, natürliche Lösungen stärker zu nutzen und Risiken wirksam zu senken. Beispiele dafür sind die Deichsanierungen und Rückverlegungen in Duisburg Mündelheim, Monheim oder auch in Rees-Löwenberg. So entstehen Retentionsräume, die im Hochwasserfall große Wassermengen aufnehmen können. Solche Maßnahmen haben auch positive Effekte für die Niederlande. Jede Hochwasserschutzmaßnahme in Nordrhein-Westfalen wird mittlerweile konsequent auf Möglichkeiten zur Rückverlegung untersucht.
Hintergrund
Seit 1997 arbeiten Nordrhein-Westfalen und die Niederlande in der Deutsch-Niederländischen Arbeitsgruppe Hochwasser zusammen. In ihr wirken Vertreterinnen und Vertreter aus Ministerien, Wasserbehörden, Provinzen und Kommunen mit. Als Teil eines aktiven grenzüberschreitenden Hochwasserrisikomanagements tauschen sie sich über die Strategien, Organisation und Realisierung des Hochwasserschutzes in beiden Ländern aus, schaffen gemeinsames Wissen, führen Fachkonferenzen und Fachgespräche durch und entwickeln Projekte für einen besseren Schutz entlang des Rheins und seiner Nebenflüsse.
Zu den Unterzeichnern der Vereinbarung gehören:
- Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen
- Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft der Niederlande
- Arbeitskreis Hochwasserschutz und Gewässer in NRW e.V.
- Provinz Gelderland
- Wasserverband Rijn en IJssel
- Wasserverband Rivierenland

