Deutsch-niederländische Erfolgsgeschichten: Wunderland Kalkar

Deutsch-niederländische Erfolgsgeschichten: Wunderland Kalkar

Mehr als 600.000 Besucher und 100.000 Übernachtungsgäste pro Jahr, 120 Mitarbeiter und bis zu 400 Aushilfskräfte: Das Wunderland Kalkar hat sich zu einem wichtigen Anziehungspunkt und Wirtschaftsfaktor für den Niederrhein entwickelt – ein deutsch-niederländisches Erfolgsprojekt. Im Gespräch mit AHA24x7.com berichtet Geschäftsführer Han Groot Obbink über seine Erfahrungen mit deutschen und niederländischen Mitarbeitern sowie Gästen aus beiden Ländern. Die Entwicklung des Wunderlands hat er vom ersten Tag an begleitet. „Ich hätte nie gedacht, dass ich nach 20 Jahren immer noch hier bin“, sagt er schmunzelnd. Und daran wird sich so schnell auch nichts ändern.

Han Groot Obbink war Mitte 30 und für Van der Valk in Almelo tätig, als ein Anruf sein Leben veränderte. „Hennie van der Most lud mich in den ehemaligen Brüter ein, um mir seine Pläne für das Areal vorzustellen. Ich dachte, ich fahre da mal für ein, zwei Stunden hin. Ich blieb den ganzen Tag – und war von der Idee, ein Kraftwerk in einen Freizeitpark mit umfassender Gastronomie zu verwandeln, hellauf begeistert. Ich habe sofort zugesagt“, blickt er zurück. Wo meterdicke Mauern, schier endlose Kabel und komplexe Maschinen das Bild prägten, hatte Van der Most genaue Vorstellungen für ein innovatives Erlebniskonzept. Diese typisch niederländische Begeisterungsfähigkeit für Neues hat Groot Obbink mitgerissen.

Genehmigungen
Erst nach und nach dämmerte ihm, auf was er sich da eingelassen hatte. „Die Arbeit an sich war super, doch mein Umzug von Holland nach Deutschland brachte viele Überraschungen mit sich. Steuern, Sozialabgaben, Krankenversicherung – ich hatte nicht erwartet, dass sich auf bürokratischer Ebene so viel für mich ändert.“

Auch auf geschäftlicher Ebene wurde er mit vielen Neuerungen konfrontiert, vor allem im Bereich Genehmigungen. „Ich war damals sehr froh, dass Harald Koch, der vorher für RWE tätig war, die Kommunikation mit den zuständigen Behörden übernommen hat. Ich verstehe bis heute nicht, warum in Deutschland für jede Kleinigkeit riesige Papierberge produziert werden müssen.“

Mittagsessen
Er selbst konnte sich auf die Entwicklung der Gastronomieangebote konzentrieren. Doch auch die kulinarischen Konzepte konnten nicht „1 zu 1“ aus seiner niederländischen Erfahrung übernommen werden. „So hatten wir bei der Tagung einer deutschen Firma ein tolles niederländisches Lunch serviert, ich war sehr zufrieden. Hinterher stellte sich allerdings heraus, dass die Kunden ein typisch deutsches Mittagessen erwartet hatten“, erinnert sich der Geschäftsführer. Auch die in den Niederlanden erfolgreiche All-inclusive-Formel wurde im Laufe der Zeit angepasst: Die Gäste der Restaurants können inzwischen mittags oder abends eine warme Mahlzeit bestellen. Ganz so, wie sie es gewohnt sind. „Das gilt natürlich auch für belegte Brötchen, die Niederländer lieber mittags und deutsche Gäste lieber abends essen.“

In der Gastronomie hatte Han Groot Obbink auch ein anderes Aha-Erlebnis: Die erste Hochzeit im Wunderland stand bevor. Die letzten Vorbereitungen liefen, die Tische für das Festessen mussten noch gedeckt werden. „Ich habe dann einen Tisch beispielhaft eingedeckt, so wie ich es mir vorgestellt habe. Dabei ist mir in der Hektik ein Fehler unterlaufen: Ich habe Messer und Gabel falschherum hingelegt“, blickt er zurück. Dann hatte er eine Besprechung und schaute sich anschließend die gedeckten Tische an – und stellte entsetzt fest, dass auf allen Tischen Messer und Gabel falsch herum lagen. „Was ist denn hier passiert, fragte ich die Mitarbeiter. Sie entgegneten, dass sie sich zwar gewundert hätten, die Tische dann aber genauso eingedeckt haben, wie ich es vorgegeben hatte.“ Mit einem Schlag hatte er den Unterschied zwischen der deutschen und niederländischen Arbeitsmentalität erkannt.

Werbung
Damit nicht genug: Auch die unterschiedliche Wahrnehmung deutscher und niederländischer Gäste erfordert eine komplett unterschiedliche Herangehensweise. „In diesem Bereich haben wir ebenfalls viel gelernt. Farbgebung, Gestaltung, Ansprache, Aufbau von Broschüren und Webseiten – die gesamte Werbung funktioniert in Deutschland anders als in den Niederlanden.“

Dies spiegelt sich auch auf dem Gebiet der Inneneinrichtung wider. „Mir fällt immer wieder auf, dass man in Deutschland grundsätzlich solide baut und langfristig plant. Für ein Haus ist das natürlich absolut richtig. Aber für die Inneneinrichtung nicht, zumindest in der Gastronomie. Die Trends und Geschmäcker ändern sich so schnell, dass man spätestens alle fünf Jahre eine komplett neue Inneneinrichtung benötigt. Da braucht man nicht für die nächsten 30 Jahre zu planen.“

Gründlichkeit trifft Gemütlichkeit
Gibt es denn auch Gemeinsamkeiten zwischen den Nachbarn? Ein Trend, der in beiden Ländern ähnlich verläuft, ist das veränderte Buchungsverhalten der Kunden. „Die Gäste entscheiden sich immer kurzfristiger. Früher waren die Buchungen für Monate im Voraus bekannt. Heutzutage wird last Minute reserviert. Das hat sich in beiden Ländern gleichermaßen stark verändert.“ Auch bei den Buchungswegen gleichen sich die Kunden an. So haben deutsche Gäste ihren Rückstand bei Online-Buchungen beinahe aufgeholt.

Welche Rolle spielt der deutsch-niederländische Faktor beim Erfolg des Wunderlands? „Wir verschmelzen deutsche Gründlichkeit mit holländischer Gemütlichkeit. Genau diese Kombination verkörpert das Wunderland Kalkar.“ Und das solle auch so bleiben. Was heißt das für die Zukunft?

Schiffsanleger
„Wir haben viele Pläne. Zunächst werden wir das Eventgelände entwickeln, danach sind Wellnessangebote vorgesehen. Zudem haben wir inzwischen die Genehmigung für einen Schiffsanleger erhalten. Wo gibt es das schon? Ein Freizeitpark mit Hotels, Gastronomie, Events und Messeangeboten, der per Boot erreichbar ist? Von hier aus können auch Gäste zu Ausflügen nach Arnheim oder Düsseldorf ablegen. Wir suchen im Moment noch einen Betreiber für den Anleger.“ Da ist sie wieder, die typisch niederländische Begeisterungsfähigkeit für Neues…

 

Erfolgsgeschichten
In loser Reihenfolge berichten wir in nächster Zeit auf AHA24x7.com über deutsch-niederländische Erfolgsgeschichten aus den unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen. Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge und Anregungen für weitere Berichte über gelungene grenzüberschreitende Kooperationen und Projekte.

 

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