Vom Fensterbauer bis zum Fassadenrenovierer, vom Gerüstbauer bis zum Generalunternehmer: Für deutsche Firmen aus Bau und Handwerk bieten die Niederlande viele Chancen. Wie ist der Stand der Dinge? Ein Interview mit Han Smidt, Unternehmensberater beim Flynth Duitsland Desk.
AHA24x7.com: Die niederländische Wirtschaft boomt. Profitiert davon der Bausektor?
Han Smidt: Tatsächlich hat der Wirtschaftsboom auch auf den Bausektor übergegriffen. Im Straßen- und Wohnungsbau, aber vor allem im Bau von Nutzgebäuden, herrscht eine sehr gute Auftragslage. Das liegt vor allem daran, dass die Branche während der Weltwirtschaftskrise, die die Niederlande sehr hart getroffen hat, beinahe zum Erliegen gekommen ist. Umso mehr wird nun in den Bausektor investiert.
„Die Chancen für deutsche Unternehmen sind sehr groß, da es in den Niederlanden zwar sehr viele Aufträge, aber viel zu wenige Fachkräfte gibt.“
AHA24x7.com: In welchen Bereichen haben deutsche Bau- und Handwerksfirmen Chancen in den Niederlanden?
Han Smidt: Die Chancen für deutsche Unternehmen sind sehr groß, da es in den Niederlanden zwar sehr viele Aufträge, aber viel zu wenige Fachkräfte gibt. Besonders im wirtschaftlich starken Westen der Niederlande macht sich das stark bemerkbar: Früher haben dort viele Bau- und Handwerksunternehmen aus dem Osten des Landes Aufträge ausgeführt. Nun haben sie aber in ihrer eigenen Region so viel zu tun, dass sie Aufträge im Westen nicht annehmen können. Daher werden dort schon jetzt viele Aufträge von deutschen Firmen übernommen. Der Schritt in die Niederlande kann aber auch für deutsche Fachkräfte spannend sein, denn dort werden meist deutlich höhere Löhne als in ihrer Heimat gezahlt.
AHA24x7.com: Worauf müssen Firmen im Bausektor besonders achten?
Han Smidt: Auf der einen Seite ist zu beachten, dass es in den Niederlanden beispielsweise keine SOKA-BAU und keine Handwerkskammer gibt, auf der anderen Seite müssen steuerliche Aspekte berücksichtigt werden. Um ein Beispiel zu nennen: Dauert ein Auftrag eines Unternehmens in den Niederlanden länger als zwölf Monate, muss die Lohnsteuer statt in Deutschland in den Niederlanden gezahlt werden. Je nachdem, ob der Auftrag für eine Privatperson oder ein Unternehmen ausgeführt wird, müssen zudem verschiedene Mehrwertsteuersätze abgeführt werden.
„Einmal monatlich bieten wir einen Sprechtag für Unternehmen an, die grenzüberschreitend tätig sind oder werden möchten.“
AHA24x7.com: Wie können Sie deutsche Unternehmen unterstützen?
Han Smidt: Wir beraten Unternehmen vorab und erklären Ihnen, worauf sie achten sollten – von der Steuer über die Lohnbuchhaltung bis hin zum Mindestlohn, der in den Niederlanden gezahlt werden muss. Wir haben ein Team von zwölf Spezialisten, die sowohl Deutsch als auch Niederländisch sprechen. Einmal monatlich bieten wir einen Sprechtag für Unternehmen an, die grenzüberschreitend tätig sind oder werden möchten. Sie können sich kostenlos und unverbindlich informieren. Wir können mit ihnen den Einzelfall besprechen. Unser Vorteil ist es, dass wir alle relevanten Dienstleistungen aus einer Hand anbieten können.
AHA24x7.com: Wie sehen Sie die Entwicklung in der Baubranche?
Han Smidt: Ich bin fest davon überzeugt, dass der derzeitige Boom noch einige Jahre anhalten wird. Gleichzeitig wird es jedoch schwierig, genügend Fachkräfte zu bekommen. Auch Baumaterialien sind Mangelware. Hier liegen für deutsche Unternehmen in Zukunft ebenfalls große Chancen.
Vielen Dank für das Gespräch!