In der niederländischen Zulieferindustrie hat sich in den vergangenen Jahren eine neue Philosophie manifestiert: Die Unternehmen liefern nicht nur die gewünschten Teile, Baugruppen oder Systeme, sondern befassen sich mit dem gesamten Prozess – von der Planung bis zur Produktion. Diese proaktive Herangehensweise hat bereits zu zahlreichen erfolgreichen Kooperationen geführt. Niederländische Zulieferbetriebe kommen in Deutschland immer stärker zum Zuge, und zwar als Partner. Ein Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit von Betech Mass Turning und Kohlhage Automotive, die ihren Ursprung auf der Messe ESEF in Utrecht fand.
Betech Mass Turning im niederländischen Hoogeveen produziert Drehteile in Großserien für Kohlhage Automotive in Neuenrade. Bei dem Kunden handelt es sich um einen deutschen Hersteller von Baugruppen und Komponenten für OEMs in der Automobilindustrie. Die beiden Unternehmen haben sich 2016 beim Matchmaking-Programm auf der ESEF getroffen. Seitdem arbeiten sie immer enger zusammen; mittlerweile produziert Betech die verschiedensten Teile für Kohlhage. Und beide Unternehmen gehen davon aus, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit künftig noch weiter wachsen wird.
Betech Mass Turning ist auf das Drehen komplexer Metallteile in großen Serien spezialisiert. Dabei konzentriert sich das Unternehmen hauptsächlich auf technische Komponenten für die Automobilindustrie, die Hightech-Industrie und den Maschinenbau. Dank automatisierter Drehbänke läuft die Produktion 24 Stunden pro Tag – so genügt ein Mitarbeiter, um gleichzeitig mehrere Drehbänke zu bedienen. „Unabhängig vom Produktionsstandort ist es zwingend notwendig, in CNC-Drehautomaten, Materialien und Personal zu investieren. Indem wir unsere automatisierenten Drehbänke mit intelligenter Produktionstechnik kombinieren, halten wir unsere Lohnkosten relativ gering. So können wir unter anderem mit osteuropäischen und asiatischen Ländern konkurrieren, obwohl die Lohnkosten dort erheblich geringer sind als in den Niederlanden“, erläutert Arjan Schuinder, der bei Betech Mass Turning für Vertrieb und Marketing zuständig ist.
Kohlhage Automotive
Stefan Valera, Produktmanager beim Betech-Kunden Kohlage Automotive, berichtet: „Wir konstruieren und liefern vor allem Baugruppen wie Abgasklappen und medienführende Rohrleitungen. Unser Fokus liegt auf speziellen Teilen für die Automobilindustrie. Die Teile müssen oft mit Hilfe besonderer Produktionstechniken oder Materialien hergestellt werden. In Europa gibt es nur eine Handvoll Unternehmen, die diesen Ansprüchen gerecht werden. Kohlhage ist eines davon.“
2016 nahm Kohlhage am Matchmaking-Event auf der ESEF teil, das mit Hilfe von B2Fair, einer B2B-Plattform für internationale Matchmaking- und Business-Kooperationen, durchgeführt wurde. „Wir benötigten ein komplexes Teil, das unsere vorhandenen Zulieferer schlichtweg nicht fertigen konnten. Auf der ESEF habe ich das Matchmaking-Programm genutzt, um Partner zu suchen, die uns dabei unterstützen können“, berichtet Valera. „Im Vorfeld zur Messe habe ich eine Vorauswahl von fünf oder sechs interessanten Unternehmen getroffen; eines davon war Betech Mass Turning. Mit diesen Unternehmen habe ich mich auf dem Messegelände verabredet. Und das Resultat ist letztlich die Zusammenarbeit mit Betech, wo mittlerweile diverse Bauteile für uns gefertigt werden.“
Gut erreichbarer Partner
Kohlhage war bewusst auf der Suche nach einem Partner, der vom deutschen Standort in Neuenrade aus bequem zu erreichen ist. „Aufgrund der Komplexität der Komponenten, die Zulieferer für uns produzieren, haben wir vor allem in der Startphase der Produktion sehr intensiven Kontakt mit diesen Partnern. Das bedeutet auch, dass ich mich in dieser Zeit ca. alle zwei Wochen auf den Weg zu einem Zulieferer mache, um vor Ort den aktuellen Stand der Dinge zu besprechen und Gedanken zum Design auszutauschen. Darum war uns bei der Suche nach einem Zulieferer besonders wichtig, dass dieser von unserem Standort in Neuenrade gut mit dem Auto zu erreichen ist.“
Betech Mass Turning ist in Hoogeveen, in der niederländischen Provinz Drenthe ansässig – ein günstiger Standort für Kohlhage. „Von unserem Hauptsitz aus dauert eine Fahrt zu Betech ungefähr zweieinhalb Stunden. Das Unternehmen liegt also näher als viele deutsche Drehereien; diese sind häufig in Süddeutschland ansässig. Wenn ich zum Beispiel in den Schwarzwald fahre, bin ich leicht sechs Stunden unterwegs. Außerdem ist die Qualität der Arbeit der deutschen und niederländischen Unternehmen vergleichbar. Durch diese Kombination sind Zulieferer aus den Niederlanden sehr interessante Partner für uns“, sagt Valera. „Außerdem benötigen wir oft unerwartet und kurzfristig Teile. Die kurze Fahrtzeit zwischen Hoogeven und Neuenrade macht es möglich, dass wir in solchen Notfällen Produkte innerhalb eines Tages, oft sogar binnen weniger Stunden, geliefert bekommen. Dank Automatisierung, einem modernen Maschinenpark und intelligenter Produktionstechnik bei Betech sind die Produktionskosten des Unternehmens vergleichbar mit denen osteuropäischer und asiatischer Unternehmen. Es war nicht schwer, sich unter diesen Umständen für Betech zu entscheiden.“
Gemeinsam entwickeln
„Ein anderes, für uns sehr wichtiges Argument für Betech, ist die Bereitschaft des Unternehmens, sich schon in der Designphase des Produkts mit einzubringen. Die Kollegen schauen nicht nur, ob sie eine bestimmte Komponente produzieren können, sondern liefern auch technische Lösungen, um das Design zu verbessern und darauf basierend große Serienproduktionen zu vereinfachen“, ergänzt Valera. Schuinder fügt hinzu: „Wir verfügen über spezialisierte Fachkräfte, die sich gemeinsam mit den Kunden Gedanken über komplexe Komponenten machen. Die Realisierung eines Produkts scheint sich als Herausforderung zu erweisen? Dann suchen wir nach Möglichkeiten und Techniken, wie wir es trotzdem bewerkstelligen können. Das kann bedeuten, dass wir gemeinsam mit dem Kunden das Design anpassen, oder aber, dass wir neue Maschinen kaufen, um dem Wunsch des Kunden gerecht zu werden. In anderen Situationen erweitern wir unseren Maschinenpark auf Bitten eines Kunden, um die vorhandene Produktionskapazität auf das gewünschte Niveau zu steigern.“
Die Geschäftsbeziehung zwischen Betech und Kohlhage hat sich als Erfolgsformel herausgestellt. „Die Zusammenarbeit hat sich mittlerweile auf ein ansehnliches Niveau gesteigert. Mittlerweile produzieren wir mehrere Teile für Kohlhage in großen Serien und gehen davon aus, dass die Zusammenarbeit in den kommenden Jahren weiterwächst“, so das Fazit von Schuinder. Valera ergänzt: „Betech produziert für uns diverse Komponenten, die in den verschiedensten Autoteilen verarbeitet werden; zum Beispiel Teile von Auspuffanlagen, kraftstoffbetriebenen Motoren und elektrischen Autos. Die von Betech produzierten Teile sind für den Endverbraucher in der Regel nicht sichtbar.“
Chancen auf interessante Kontakte steigern
Entsprechend positiv blickt Schuinder auf seine Erfahrungen mit Matchmaking-Programmen zurück: „Ich nehme öfter an Matchmaking-Programmen von B2Fair auf Messen wie der ESEF in Europa teil. Das Programm ist in diesem Jahr zum zweiten Mal Teil dieser Messe. Im Jahr 2016 war es für uns ein großer Erfolg, der sich unter anderem in jener langfristigen und auch heute noch aktuellen Zusammenarbeit mit Kohlhage äußert. Auf jeder Messe kann man interessante Akteure treffen, jedoch ohne vorher zu wissen, wer das sein wird. Entsprechend heißt es im Vorfeld abwarten und auf interessante Kontakte hoffen. Das Matchmaking-Programm der ESEF bietet diesbezüglich viel mehr Sicherheit. Schon vorab ist bekannt, wer an dem Programm teilnimmt und dass diejenigen aktiv auf der Suche nach neuen Kontakten sind. Das erhöht die Chance, auf so einer Veranstaltung Beziehungen zu knüpfen, die tatsächlich zu Kooperationen führen.“
„Wer sich für das Matchmaking-Programm anmeldet, legt zunächst ein Profil an: eine kurze Beschreibung sowie Erläuterung der Spezialisierung des Unternehmens und wonach man auf der Suche ist. Anhand der Profile werden Verabredungen mit anderen Teilnehmern getroffen. Vor dem Gespräch steht also schon fest, mit wem man es zu tun hat. Einem direkten Gespräch über Möglichkeiten der Zusammenarbeit steht also nichts im Wege. Dieses Vorwissen besteht beim willkürlichen Aufeinandertreffen während eines Messebesuchs nicht, zunächst müssen die Gesprächspartner sich aufeinander einstellen. Das Matchmaking-Programm macht die Gespräche also zielgerichteter“, so Schuinders Fazit.
Zielgerichtete Gespräche dank Matchmaking
Valera teilt diese Meinung: „Eine Messe zu besuchen, ist deutlich effektiver, wenn schon vorab eine gewisse Sicherheit besteht, die richtigen Personen zu sprechen. Bei einem unangemeldeten Besuch am Stand eines Unternehmens ist es oft schwierig, den richtigen Ansprechpartner zu finden – die Person ist im Gespräch mit einem anderen Besucher oder selbst auf dem Messegelände unterwegs. Diese Situation wird durch das Matchmaking-Programm vermieden. Zeitpunkt und Gesprächspartner sind vorab festgelegt – das erhöht die Chance, dass die Messe tatsächlich interessante Kontakte ergibt. Es ist auch viel leichter, sich vorab auf das Gespräch vorzubereiten, sodass die Gespräche während des Programms in der Regel viel effizienter verlaufen.“
In Anbetracht der erfolgreichen Zusammenarbeit, die das Matchmaking-Programm auf der ESEF 2016 mit sich gebracht hat, ist es keine Überraschung, dass Betech auch in diesem Jahr am Programm teilnimmt. Die Veranstaltung findet vom 20. bis 23. März in der Jaarbeurs Utrecht statt. Weitere Informationen über die ESEF unter www.esef.nl/de. Außerdem gibt es am Donnerstag, 22. März, ein besonderes Programm für Einkäufer aus Deutschland; Details dazu finden Sie hier.