Viele deutsche Unternehmer suchen einen Nachfolger. Auch in den Niederlanden kündigt sich in einigen Chefetagen altersbedingtes „Stühlerücken“ an. Trotzdem ist in beiden Ländern ein sehr unterschiedlicher Umgang mit dem Thema Unternehmensnachfolge zu beobachten. Die Deutsch- Niederländische Handelskammer (DNHK) bietet Unternehmern aktiv Unterstützung bei der Regelung der eigenen Nachfolge. Das Besondere: Sie sucht grenzübergreifend nach Lösungen. Das bietet spannende Perspektiven, sowohl auf Unternehmensebene als auch gesamtwirtschaftlich. Hartmut Rosowski, Manager Strategische Zusammenarbeit und Leiter der Repräsentanz in Düsseldorf, beschreibt die Hintergründe des DNHK-Engagements im Gespräch mit der AHA24x7.com-Redaktion.
AHA24x7.com: Über das Thema Unternehmensnachfolge wird in Deutschland seit Jahren diskutiert. Wie wichtig bzw. dringend ist es aus Ihrer Sicht tatsächlich?
Hartmut Rosowski: Die Diskussion zeigt die Relevanz des Themas. Es kursieren unterschiedliche Zahlen. Laut einer aktuellen KfW-Studie suchen mehr als 500.000 deutsche Unternehmen innerhalb der nächsten fünf Jahre einen Nachfolger. Rund ein Drittel ist dabei auf einen externen Nachfolger angewiesen, der nicht aus der eigenen Familie oder dem aktuellen Management kommt. Eine mögliche Lösung stellt der Blick über die Grenze dar, denn ein Nachfolger muss nicht unbedingt aus dem eigenen Land kommen und dies bietet Chancen für den niederländischen Unternehmer. Der demographische Wandel ist eine Herausforderung. Zudem streben junge Leute vielfach eine andere Erfüllung (Stichwort: „work-life-balance“) ihres Berufslebens an und möchte nicht unbedingt Unternehmer werden. Ein weiterer Aspekt ist, dass die niederländische Wirtschaft sich gut entwickelt hat und Unternehmer bereit sind, im Ausland und vor allem in Deutschland zu investieren. Eine Win-win-Situation, denn der deutsche Unternehmer erhöht so seine Chance, einen passenden und geeigneten Nachfolger zu finden.
„Für Unternehmer bieten sich sehr gute Chancen, im Rahmen einer Nachfolge den niederländischen Markt zu erschließen.“
AHA24x7.com: Existiert in den Niederlanden eine vergleichbare Herausforderung?
Hartmut Rosowski: Es gibt sicher Parallelen. Ich habe den Eindruck, dass das Thema Nachfolge in den Niederlanden weniger als Problematik empfunden wird. Zudem ist das Thema in den Medien nicht so präsent wie in Deutschland.
Das mag mit dem generell vergleichsweise unternehmensfreundlichen Klima zusammenhängen. Die Mentalität ist anders. Man ist dort offener, anpackender. Das macht die Niederlande durchaus auch für Unternehmer aus Deutschland interessant. Für sie bieten sich sehr gute Chancen, im Rahmen einer Nachfolge den niederländischen Markt zu erschließen.
AHA24x7.com: Welche Rolle können niederländische Unternehmer bei der Lösung des Problems spielen?
Hartmut Rosowski: Eine sehr wichtige. Die räumliche und kulturelle Nähe erleichtert vieles, es lohnt sich letztlich für beide Seiten. Der Pool von Kaufinteressenten wird für den deutschen abgebenden Unternehmer größer. Der abgebende Unternehmer kann gegebenenfalls von einem höheren Kaufpreis profitieren. Nachfolger profitieren von etablierten Strukturen wie Lieferanten- und Kundenbeziehungen, wenn sie in Deutschland geschäftlich aktiv werden möchten. Von der Tatsache, dass durch eine erfolgreiche Nachfolge viele Arbeitsplätze gesichert werden können, profitiert die gesamte Volkswirtschaft.
AHA24x7.com: Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Fehler, die Unternehmer im Zusammenhang mit der Regelung ihrer Nachfolge machen?
Hartmut Rosowski: Teilweise wird schlicht zu lange gewartet. Idealerweise sollte man sich ab einem Alter von 55 bis 60 Jahren damit auseinandersetzen. Es geht darum, dem Prozess die nötige Zeit einzuräumen. Es erfordert Zeit, geeignete Berater und Strategie zu finden und die Weichen richtig zu stellen.
Im zweiten Teil des Interviews, das wir am Freitag, 29. Juni, veröffentlichen, spricht Hartmut Rosowski über Lösungsansätze und erklärt, wie die DNHK Unternehmer unterstützen kann und welche Förderprogramme zur Verfügung stehen.