„Die Wertschätzung im Unternehmen hat mich sehr motiviert“

„Die Wertschätzung im Unternehmen hat mich sehr motiviert“
Willy Zubert (l.) und Lukas Scholz. Foto: NTP

Talentierte Hochschulabsolventen in Deutschland und den Niederlanden für die Grenzregion erhalten. So lautet seit 2016 die Zielsetzung des INTERREG-Programms „Cross Border Talent“ (CBT), einer Kooperation der FH Münster, der Saxion Hogeschool in Enschede, der Hochschule Osnabrück, der Wirtschaftsförderung des Landkreises Grafschaft Bentheim sowie einiger Wirtschaftsverbände. Projektziel ist es, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Unternehmen zu fördern, um so deren Innovationskraft zu stärken. Kleine und mittelständische Unternehmen aus der Grenzregion bieten Studierenden die Möglichkeit, über einen Zeitraum von sechs Monaten ihre Abschlussarbeit zu schreiben und deren Ergebnisse in einer weiteren Traineephase umzusetzen.

Wie das Konzept für Hochschulabsolventen und Unternehmen erfolgreich umgesetzt werden kann, erläutern die CBT-Teilnehmer Lukas Scholz und Willy Zubert im Gespräch mit AHA24x7.com. Lukas Scholz hat an der Hochschule Osnabrück den Masterstudiengang Boden, Gewässer, Altlasten absolviert, Willy Zubert hat an der FH Münster Wirtschaftsingenieurwesen Chemietechnik mit dem Schwerpunkt Verfahrenstechnik studiert. Beide haben bei der NTP Group Environment in Enschede ihre Abschlussarbeit geschrieben und bemannen in Zukunft das Deutschland-Büro des Unternehmens.

 

AHA24x7.com: Eine Abschlussarbeit in einem niederländischen Unternehmen ist ja schon eine kleine Herausforderung an sich, aber ausschließlich vom Home-Office aus… Wie ist denn das in der Praxis gelaufen?

Lukas Scholz: Grundsätzlich wurden uns durch die Krise keine Steine in den Weg gelegt. Auch wenn wir zeitweise von zu Hause arbeiten mussten, konnten wir jederzeit via Videokonferenzen oder Telefongesprächen Kontakt mit unseren Kollegen bei NTP in Enschede aufnehmen. Es fordert lediglich etwas mehr Eigeninitiative.

Willy Zubert: Ich konnte selbst das Thema meiner Bachelorarbeit wählen, sodass ich mich für eine strategische Marktanalyse entschied, die ich ohne große Schwierigkeiten im Home-Office anfertigen konnte.

 

„Die Crux unseres Vorhabens liegt darin, den richtigen Grad an Integration und Standardisierung zu wählen. Einerseits müssen wir nämlich unserer Unternehmensphilosophie treu bleiben und uns gleichzeitig den Spielregeln auf dem deutschen Markt anpassen.“

 

AHA24x7.com: War die Gründung eines Deutschland-Büros eine spontane Entscheidung der Geschäftsführung von NTP oder von Anfang an mit euch so geplant?

Scholz & Zubert: Die Gründung eines Standorts in Deutschland war schon seit langem von der NTP-Geschäftsführung strategisch geplant. Die Niederlande ist einer der Vorreiternationen was innovative Techniken zur Grundwasser- und Bodensanierungen angeht. Da in Deutschland zum großen Teil konventionelle Techniken Anwendung finden, besteht das Potenzial, sich auch auf dem Markt des Nachbarlandes zu etablieren. Die GmbH wurde gegründet und daraufhin nach deutschen Mitarbeitern Ausschau gehalten.

AHA24x7.com: Im Grunde entspricht die Niederlassung im Zielland ja genau den Wunschvorstellungen eines Unternehmens wie auch des Projekts CBT. Wie lautet jetzt eure Strategie für den deutschen Markt? Und wie setzt man die um in Zeiten des online Marketings?

Scholz & Zubert: In den Niederlanden eilt uns unser guter Ruf voraus, wenn es um Bodensanierungen geht, sodass wir dort nicht viel in das Marketing investieren müssen. Wenn wir uns nun auf dem deutschen Markt behaupten, ist dies natürlich noch nicht der Fall. Um das zu ändern, gilt es unseren Online-Auftritt zu optimieren, Aufklärungsarbeit bezüglich unserer Techniken bei den Auftraggebern zu leisten und die ersten Projekte bestmöglich abzuwickeln. Die Crux unseres Vorhabens liegt darin, den richtigen Grad an Integration und Standardisierung zu wählen. Einerseits müssen wir nämlich unserer Unternehmensphilosophie treu bleiben und uns gleichzeitig den Spielregeln auf dem deutschen Markt anpassen.

AHA24x7.com: Seid ihr beide euch selbst überlassen in der Filiale oder unterstützt euch die niederländische Firma mit Manpower und Infrastruktur? Bekanntlich delegieren Niederländer ja eher, als dass sie kontrollieren…

Scholz & Zubert: Unser deutscher Bürostandort wird voraussichtlich erst in ca. ein bis zwei Jahren bezogen, sodass wir bislang in Enschede oder im Home-Office arbeiten. Das ist auch gut so, weil wir so die Möglichkeit haben, uns einzuarbeiten, die Geschäftsprozesse zu verstehen und die DNA unserer Firma vermittelt zu bekommen, bevor wir uns mehr oder weniger selbst überlassen werden. Tatsächlich hatten wir bislang nicht das Gefühl, kontrolliert zu werden, wie es in Deutschland oft der Fall ist. Gegenseitiges Vertrauen ist Teil unserer gelebten Unternehmenskultur, egal ob es intern um die Mitarbeiter, oder um die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und anderen Institutionen geht.

 

„Die niederländische Betriebskultur mit nach Deutschland zu nehmen ist für uns selbstverständlich. Grund dafür ist die Überzeugung, dass mit mehr Vertrauen und Freiheiten die Zufriedenheit der Mitarbeiter wächst und sie motiviert werden, mit der Arbeit voranzukommen.“

 

AHA24x7.com: Ihr beide habt ja nun Erfahrungen gesammelt mit der etwas anderen Unternehmensführung und Betriebskultur in den Niederlanden. Ist das etwas, das ihr mitzunehmen gedenkt nach Deutschland?

Lukas Scholz: Die niederländische Betriebskultur mit nach Deutschland zu nehmen ist für uns selbstverständlich. Grund dafür ist die Überzeugung, dass mit mehr Vertrauen und Freiheiten die Zufriedenheit der Mitarbeiter wächst und sie motiviert werden, mit der Arbeit voranzukommen. Für ein Unternehmen, das mir nicht zugesteht, während der Arbeitszeit einen Zahnarzttermin wahrzunehmen, würde ich auch nicht zwei Stunden länger im Büro bleiben, wenn es mal wichtig ist. Ein weiterer Punkt sind die flachen Hierarchien. NTP berücksichtigt den Input aller Mitarbeiter*innen, egal welche Stellung die Person im Unternehmen einnimmt. Ich wurde zum Beispiel in meiner ersten Arbeitswoche vom Geschäftsführer gefragt, ob wir ein anderes Unternehmen kaufen sollten, das in unserer Branche tätig ist. Wie schwer meine Meinung gewichtet wurde, sei mal dahingestellt. Diese Wertschätzung aber hat mich sehr motiviert.

AHA24x7.com: Hat das CBT-Programm euren Horizont erweitert, war das Engagement in einem ausländischen Unternehmen eine Bereicherung für euch?

Scholz & Zubert: Das CBT-Programm hat unseren Horizont zweifelsohne erweitert. Rückblickend war es die beste Entscheidung, uns für NTP zu entscheiden. Dank der tollen Arbeit unserer CBT-Projektleiterin und einer guten Portion Glück können wir Cross Border Talent als großartigen Erfolg verbuchen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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