Die Europäische Kommission hat am gestrigen Donnerstag die Ergebnisse des Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft 2022 (Digital Economy and Society Index, DESI) veröffentlicht, mit dem die Fortschritte der EU-Mitgliedstaaten im Bereich Digitales verfolgt werden. Während es die Niederlande hinter Finnland und Dänemark auf Rang 3 geschafft haben, belegt Deutschland nur Platz 13.
Während der COVID-Pandemie hätten die Mitgliedstaaten laut der EU zwar Fortschritte bei ihren Digitalisierungsanstrengungen gemacht, hätten aber nach wie vor Schwierigkeiten, die Lücken bei den digitalen Kompetenzen zu schließen sowie den digitalen Wandel von KMU und den Ausbau fortgeschrittener 5G-Netze umzusetzen. Die Aufbau- und Resilienzfazilität, die rund 127 Milliarden Euro für Reformen und Investitionen im digitalen Bereich bereitstellt, biete eine beispiellose Gelegenheit zur Beschleunigung des digitalen Wandels, die sich die EU und ihre Mitgliedstaaten nicht entgehen lassen dürften.
Die Ergebnisse zeigen, so die EU, dass die meisten Mitgliedstaaten zwar Fortschritte beim digitalen Wandel machen würden, die Zahl der Unternehmen, die digitale Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz (KI) und Big Data einführen, jedoch nach wie vor gering sei. Um die vollständige Einführung der Vernetzungsinfrastrukturen (insbesondere 5G) zu gewährleisten, die für hochinnovative Dienste und Anwendungen erforderlich sind, müssten die Anstrengungen verstärkt werden. Digitale Kompetenzen seien ein weiterer wichtiger Bereich, in dem die Mitgliedstaaten größere Fortschritte erzielen müssten.
Niederlande auf Platz 3
Die Niederlande sind nach drei Jahren Abwesenheit unter die Top 3 des Index zurückgekehrt. Das liegt nach Angaben der niederländischen Regierung vor allem daran, dass Unternehmen und die Regierung zusätzlich investieren. Zum Beispiel über den Nationalen Wachstumsfonds, in die Digitalisierung der (verarbeitenden) Industrie, in Forschung und die Anwendung von Technologien wie künstliche Intelligenz (KI), Mikroelektronik wie Photonik und Chips, Quanten- und Cloud-Anwendungen.
Zudem sei das stationäre und mobile Internet in den Niederlanden auf „Weltklasseniveau“. 91 Prozent der niederländischen Festnetzanschlüsse verfügen bereits jetzt über einen Zugang zu schnellem Breitbandinternet (≥1 Gigabit pro Sekunde) über Kabel oder Glasfaser. Zum Vergleich: Das EU-weite Ziel sehe vor, dieses Niveau bis 2030 überall zu erreichen. Auch die Verfügbarkeit von mobilen 5G-Internetverbindungen liege weit über dem europäischen Durchschnitt. Im Mai kam ein Beratungsgremium zu dem Schluss, dass die Niederlande ab 2023 landesweit das sogenannte 3,5-Gigahertz-Frequenzband für diesen Zweck nutzen könnten.
Immer digitaler
In den vergangenen Jahren hätten niederländische Unternehmen in ihren (Produktions-)Prozessen immer mehr digitale Technologien eingesetzt und würdenzunehmend die Möglichkeiten des Online-Verkaufs nutzen. Mit Programmen wie „My Digital Case“ werde diese Entwicklung auch aktiv gefördert.
Niederländische KMU erwirtschaften laut der Regierung inzwischen durchschnittlich 15 Prozent ihres Gesamtumsatzes durch Online-Aktivitäten. Mit dem Einsatz von sozialen Medien, Cloud-Anwendungen und der Nutzung von Daten sei die niederländische Wirtschaft sogar der EU voraus. Damit rücken die Niederlande EU-weit auf den vierten Platz in diesem Bereich vor. In ihrem Bericht stellt die Europäische Kommission fest, dass (zusätzliche) niederländische Investitionen beispielsweise in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI) sowie Quanten- und Mikroelektronik von entscheidender Bedeutung seien, um die Wettbewerbsfähigkeit der niederländischen Wirtschaft zu erhalten und das Wachstum in Europa insgesamt zu stärken.
Zu wenige IT-Experten
Im Vergleich zu anderen EU-Ländern weisen die Niederländer weit überdurchschnittliche digitale Kompetenzen auf. Das Gleiche gelte für das Angebot und die Qualität der digitalen Behördendienste. Die Zahl der verfügbaren IT-Spezialisten nehme zwar stetig zu, entspreche aber noch nicht der Marktnachfrage. Bei der Zahl der IT-Absolventen schneiden die Niederlande in der EU hingegen leicht unterdurchschnittlich ab.