Elternzeit wird in den Niederlanden künftig bezahlt

Elternzeit wird in den Niederlanden künftig bezahlt

Wer in den Niederlanden Elternzeit in Anspruch nehmen möchte, erhält künftig für die Dauer von neun Wochen eine Leistung der niederländischen Arbeitsagentur UWV. Das sieht eine Gesetzesänderung vor, die am 2. August 2022 in Kraft tritt. Diese erfolgt zur Umsetzung einer Richtlinie des Europäischen Parlaments zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige. Auch für deutsche Arbeitgeber (mit Niederlassung) in den Niederlanden und für in Deutschland wohnende Arbeitnehmer mit Anstellung in den Niederlanden gilt diese Änderung der Gesetzeslage, erklärt im folgenden Beitrag die Juristin Chantal Jansen, Senior Advisor HR Services bei der Beraterfirma Flynth adviseurs en accountants.

Aktuell hat in den Niederlanden jedes Elternteil das Recht, im Maximalfall das 26-fache der wöchentlichen Arbeitszeit als Elternzeit in Anspruch zu nehmen, um sich um sein Kind zu kümmern, solange dieses noch nicht acht Jahre alt ist. Diese Elternzeit ist im Prinzip unbezahlter Urlaub. Das ändert sich in diesem Jahr nicht unwesentlich: Ab dem 2. August 2022 haben Eltern Anspruch auf neun Wochen teilweise bezahlter Elternzeit. Die Höhe der Leistung beträgt 70 Prozent des Gehalts der Arbeitskraft. Nur für die Elternzeit, die im ersten Jahr folgend auf die Geburt in Anspruch genommen wird, ist diese Leistung vorgesehen. Der restliche Teil der Elternzeit kann nach wie vor in Anspruch genommen werden bis zum 8. Geburtstag des Kindes, bleibt jedoch unbezahlter Urlaub.

Anspruch auf Elternzeit

Anspruch auf bezahlte Elternzeit haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, einschließlich der nicht krankenversicherten Kolleginnen und Kollegen mit einem Arbeitsvertrag (wie etwa Geschäftsführer, Gesellschafter und Haushaltshilfen). Anspruch hat ein/e Mitarbeiter/in, der/die

  • gesetzliches Elternteil ist; oder
  • das Kind vor dem Gesetz anerkannt hat; oder
  • mit dem Kind zusammenlebt, es versorgt und erzieht (etwa als Stiefmutter oder -vater; oder
  • Pflegeelternteil oder Adoptivelternteil ist.

Verweigerung durch den Arbeitgeber

Genauso wie beim noch geltenden Elternzeitgesetz haben Sie als Arbeitgeber die Möglichkeit, die vom Mitarbeiter gewünschte Auslegung der Elternzeit bis zu vier Wochen vor dem Stichtag aufgrund schwerwiegender unternehmens- oder dienstlicher Interessen abzuändern; selbstverständlich nachdem Sie sich mit dem Mitarbeitenden darüber beraten und abgestimmt haben. Es sei darauf hingewiesen, dass ein etwaiger Aufschub nicht dazu führen darf, dass es der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter anschließend verwehrt bleibt, seine oder ihre neun Wochen Erziehungslaub im ersten Jahr nach der Geburt zu genießen. In dem Fall muss das schwerwiegende Unternehmens- oder dienstliche Interesse hintanstehen.

Antrag auf bezahlte Elternzeit

Der Antrag auf Elterngeld ist vom Arbeitgeber des jeweiligen Elternteils zu beantragen. Sie reichen dazu ein digitales Formular ein, das von der UWV zu Verfügung gestellt wird. Der Antrag auf Auszahlung der Leistung wird erst nach Beginn des Erziehungsurlaubs gestellt. Dieser Antrag kann sich auf den gesamten Zeitraum der Elternzeit beziehen oder auf die erste in Anspruch genommene Woche oder mehrere Wochen. Er muss sich immer auf eine oder mehrere ganze Arbeitswochen beziehen. Der Rhythmus, in dem der bezahlte Elternurlaub genommen wird, wird zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart.

Übergangszeit

Der Gesetzentwurf tritt unmittelbar in Kraft. Hierdurch finden die darin enthaltenen Regelungen ebenfalls Anwendung auf Rechtspositionen, die bei Inkrafttreten des Gesetzentwurfs bereits bestanden haben. Dies bedeutet u.a., dass eine Mitarbeiterin, die bei Inkrafttreten des Gesetzes Mutter eines weniger als 1 Jahr alten Kindes ist und ihr zustehendes Recht auf Elternzeit noch nicht in Anspruch genommen hat, ebenfalls Anspruch auf das Elterngeld hat. Dieser Anspruch existiert über einen Zeitraum von höchstens neun ganze Wochen und sofern die Mitarbeiterin die höchstmögliche Anzahl von Wochen Elternzeit (das 26fache der wöchentlichen Arbeitszeit) noch nicht genutzt hat und ihr Kind das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Unbedingt zu beachten

Ihr Mitarbeiter erwirbt in Bezug auf die Stunden unbezahlter Elternzeit keinen Urlaubsanspruch; der ist schließlich an den Arbeitslohn gekoppelt, den er in dieser Zeit nicht erhält. Anders verhält sich dies bei der bezahlten Elternzeit. Über den Anteil bezahlter Elternzeit erwirbt der Mitarbeiter sehr wohl einen Urlaubsanspruch. Dies gilt auf jeden Fall für die gesetzlich garantierten Urlaubstage. Hinsichtlich außergesetzlicher Urlaubstage können Arbeitgeber und Mitarbeiter Absprachen treffen. Es empfiehlt sich also, Ihre Personalabteilung genauestens zu informieren. Ein weiterer Punkt, der unbedingte Aufmerksamkeit verdient, ist die Tatsache, dass eine Mitarbeiterin berechtigt ist, ihre Elternzeit zu verschieben oder zu unterbrechen, wenn sie in Schwangerschaftsurlaub geht. Einen entsprechenden Antrag muss die Mitarbeiterin schriftlich beim Arbeitgeber einreichen. Der Arbeitgeber darf diesen Antrag nicht ablehnen.

Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin ist gehalten, zumindest zwei Monate vor Beginn der Elternzeit den Urlaub und die Art und Weise der Einplanung beim Arbeitgeber zu beantragen. Es empfiehlt sich also, das genaue Procedere dafür im Mitarbeiterhandbuch festzulegen und den Mitarbeitenden gegenüber zu kommunizieren. Abschließend ist es durchweg empfehlenswert ein Formular zu entwickeln, welches Mitarbeitende für ihren Antrag auf Elternzeit nutzen können. Auf diese Weise ist der entsprechende Antrag für beide Seiten klar und deutlich formuliert.

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