Erster grenzüberschreitender vollautomatischer Rettungsflug gestartet

Erster grenzüberschreitender vollautomatischer Rettungsflug gestartet
Isabelle Barz vom RWTH-Institut für Flugsystemdynamik präsentiert das Flugsystem „Maverix“. RWTH-Rektor Ulrich Rüdiger, Professor Dieter Moormann und Sibylle Keupen, Oberbürgermeisterin der Stadt Aachen, verfolgten den Premierenflug vor Ort (hintere Reihe, von links). Foto: Urheberrecht: Andreas Schmitter/RWTH Aachen

In Aachen ist gestern der erste grenzüberschreitende vollautomatische Rettungsflug im Rahmen des Forschungsprojekts „GrenzFlug“ gestartet. NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst drückte über eine vernetzte Bodenstation von Düsseldorf aus den Startknopf und überwachte den Flug. Die RWTH und Stadt Aachen kooperieren im Forschungsprojekt „GrenzFlug“ zu Such- und Rettungsmissionen mit unbemannten Flugsystemen im Dreiländereck Deutschland, Niederlande und Belgien.

Bodengebundene Suchaktionen sind zeitaufwändig und erfordern viel Personal. Automatisierte Flugsysteme können hingegen ein Gebiet schnell erreichen und auch schwer passierbare Gebiete systematisch absuchen. In Aachen wurden seit Dezember 2019 die Voraussetzungen für die Integration von unbemannten Luftfahrzeugen in grenzüberschreitende Rettungsmissionen erarbeitet. Eine Herausforderung lag dabei in den unterschiedlichen luftrechtlichen Rahmenbedingungen im Dreiländereck Deutschland, Belgien und den Niederlanden.

Am RWTH-Institut für Flugsystemdynamik unter Leitung von Professor Dieter Moormann wurde in den vergangenen Monaten ein unbemanntes Flugsystem für diese Aufgabe mit den notwendigen Sensoren ausgestattet. Das Flugsystem kann als Kippflügler senkrecht starten, landen und gleichzeitig vollständig automatisiert große Strecken auch außerhalb der Sichtweite eines Steuerers zurücklegen. „Das Flugsystem „Maverix“ ist heute um 10.15 Uhr erfolgreich vom Dach unserer mobilen RWTH-Bodenstation gestartet. Nach drei Minuten Suche hat die Kamera des Flugsystems unseren Dummy Edgar entdeckt. Die Kamera überträgt auch Daten im Infrarotspektrum und kann so eine Vermisstensuche selbst bei Nacht und Nebel durchführen. Nach erfolgreicher Mission kehrte der Kippflügler selbständig wieder zur Bodenstation zurück und landete präzise auf deren Dach“, beschreibt RWTH-Projektleiterin Isabelle Barz die erfolgreiche Demonstration.

Mehrfach niederländische Grenze überflogen

Auch Dieter Moormann ist sehr zufrieden mit dem Verlauf. „Bei der Suche hat das Flugsystem in einer Höhe von knapp 50 Metern über dem leicht hügeligen Gelände gleich mehrfach die Grenzen zwischen den Niederlanden und Deutschland überflogen und damit immer wieder seine luftrechtliche Genehmigung geändert. So etwas gab es in Europa bislang nicht. In weiteren RWTH-Projekten werden Anwendungen dieser Art immer weiter ausgebaut, damit es hoffentlich bald selbstverständlich sein wird, Rettungskräfte auch über Ländergrenzen hinaus unterstützen zu können.“

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur finanziert „GrenzFlug“ im Rahmen der Förderrichtlinie Modernitätsfonds, kurz mFUND. Die digitale Anwendung für die Mobilität 4.0 steht im Mittelpunkt des Programms. Unterstützt werden auch Veranstaltungsformate zur Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Forschung.

Grenzüberschreitende Initiative „Smart Cities and Communities“

„Das Projekt fügt sich perfekt in unsere „Urban Air Mobility“-Initiative ein, mit der wir den Einsatz von innovativen Luftfahrttechnologien beschleunigen wollen. „GrenzFlug“ schafft die Basis, um Drohnen im grenzüberschreitenden Rettungsbetrieb einsetzen zu können. Wir unterstützen dieses wichtige Projekt mit 80.000 Euro, damit unsere Rettungskräfte in Zukunft noch schneller und effizienter helfen können“, erläutert Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer.

Auch von Seiten des Landes Nordrhein-Westfalen wird das Projekt unterstützt. „Moderne Mobilität ist digital und vernetzt. Und Nordrhein-Westfalen ist der Motor dieser Entwicklung. Wir nutzen die Chancen der Digitalisierung für Rettungsflüge einer neuen Dimension. Herzlichen Dank an alle Beteiligten, die es möglich gemacht haben, dass dieses innovative Projekt abhebt“, sagte NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst.

Die Stadt Aachen hat zum Projekt „GrenzFlug“ im Rahmen ihrer Arbeiten für die „Urban Air Mobility“-Initiative der Europäischen Innovationspartnerschaft „Smart Cities and Communities“ (EIP-SCC) beigetragen. Dieser Initiative sind die MAHHL-Städte (Maastricht, Aachen, Hasselt, Heerlen, Lüttich) als Verbund im September 2018 beigetreten.

Sibylle Keupen, Oberbürgermeisterin der Stadt Aachen: „Drohnen bieten vielseitige Innovationspotentiale für unsere Gesellschaft. In Zukunft können so zum Beispiel Rettungseinsätze durch den Einsatz von Drohnen noch effizienter und schneller ausgeführt werden. Mit dem Projekt „GrenzFlug“ werden aktuell die Voraussetzungen für die Integration von unbemannten Luftfahrzeugen in grenzüberschreitende Rettungsmissionen erarbeitet, die gerade in unserer Grenzregion entscheidend sind. Ich freue mich, dass wir diese Technologien für die Bürgerinnen und Bürger nun dies- und jenseits der Grenze erschließen können.“

Disziplinübergreifende Hochtechnologie

Gemeinsam mit Keupen verfolgte RWTH-Rektor Ulrich Rüdiger die Suche vor Ort: „Hochtechnologie disziplinübergreifend erforschen, aber auch bis in die Anwendung zu treiben, das ist eine Stärke und das Leitmotiv der Exzellenz der RWTH Aachen – oder, wie es in unserem Jubiläumsmotto heißt: „Lernen. Forschen. Machen.“ Dies zeigt sich auch am Beispiel automatisierter Fluggeräte. Sie können die Rettungskräfte sehr effektiv unterstützen, denn durch die Automatisierung und Vernetzung sind sie angesichts der knappen Ressourcen von Rettungskräften eine wertvolle Unterstützung. Daher freue ich mich sehr über den heutigen Premierenflug und wünsche den Anwendungen für die Zukunft viel Erfolg“.

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