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Fünf „Wist-je-datjes“ aus den Niederlanden

Wie kam es dazu, dass im 17. Jahrhundert die allererste Aktiengesellschaft der Welt in den Niederlanden gegründet wurde? Warum wird die Stadt Münster für immer einen festen Platz in allen niederländischen Geschichtsbüchern haben? Warum holt man sich in Amsterdam keine nassen Füße, obwohl die Stadt in einem Sumpf gebaut wurde? Wie kann es sein, dass Flevoland vier Meter unter dem Meeresspiegel liegt? Und warum ist Den Haags größtes Schloss kein Königspalast? Die Niederlande haben viele spannende Geschichten zu erzählen. Das Niederländische Büro für Tourismus & Convention hat fünf „Wist-je-datjes“ („Wussten-Sie-schon-dass“) recherchiert.

Wussten Sie, dass die Provinz Flevoland das weltweit größte Stück Land ist, das Menschen dem Meer abgerungen haben?

Flevoland liegt gut vier Meter unter dem Meeresspiegel, somit befindet sich die jüngste Provinz der Niederlanden eigentlich auf dem Grund des Ijsselmeers. Um dieses Gebiet überhaupt nutzen zu können, musste zunächst ein 32 Kilometer langer Deich – der sogenannte Abschlussdeich – errichtet werden, der 1932 vollendet wurde. Er riegelte die Zuiderzee gegenüber der Nordsee ab, wodurch das Ijsselmeer entstand. Durch den Bau von zusätzlichen Deichen wurden Polder angelegt, die trockengepumpt wurden – das war die Geburtsstunde von Flevoland, dem größten zusammenhängenden Stück Land, das der Mensch dem Meer je abgerungen hat.

Grund für die Urbarmachung war, dass man zusätzliche landwirtschaftliche Fläche schaffen wollte, um Hungersnöten vorzubeugen. Flevoland ist heute bekannt für seine Naturlandschaft, von herrlichen Stränden bis hin zu ausgedehnten Naturgebieten. So gehört Flevoland seit 1989 zu den international bedeutsamen Feuchtgebieten mit dem größten Tiefland-Moorgebiet Mitteleuropas. 2018 wurde auch Nationalpark „Nieuw Land“ gegründet, zu dem das Naturentwicklungsgebiet Oostvaardersplassen gehört. Insgesamt hat die Provinz eine Fläche von 2.400 km² und bietet knapp einer halben Million Niederländern eine Heimat.

Wussten Sie schon, dass das Wort „Aktie“ aus dem Niederländischen kommt?

Es waren tatsächlich die Niederlande, die im Jahre 1602 die erste Aktiengesellschaft der Geschichte ins Leben riefen: die Vereinigte Ostindische Compagnie, kurz VOC. Gegründet wurde sie von Kaufleuten, die viel Kapital benötigten, um Schiffe und Matrosen für weite Reisen zu finanzieren. Und so kamen sie auf die geniale Idee, VOC-Anteile an Privatleute auszugeben. Diese Anteile konnten immer wieder weiterverkauft werden, und waren damit handelbar: In Amsterdam sprach man von actien in de compagnie, was dann auch in die deutsche Sprache übernommen wurde.

Für eine Dividende aus den VOC-Anteilen musste man ein wenig Geduld mitbringen: In den ersten Jahren gab es rein gar nichts an Ausschüttung. Doch dann konnten sich die Anleger über Dividenden von bis zu 60 Prozent freuen. Die VOC erwies sich als eine wahre Goldgrube, denn sie kontrollierte die sogenannte Gewürzroute von Batavia im heutigen Indonesien bis nach Europa. Der Handelswert der nach Europa transportierten Güter betrug im ersten Jahrhundert nach der Gründung der VOC 577 Millionen Gulden – das wären in der heutigen Zeit mehrere hundert Milliarden Euro.

Wussten Sie, dass Münster einen ganz wichtigen Platz im niederländischen Geschichtsbuch einnimmt?

Im Westfälischen Frieden von Münster erkannte Spanien im Jahr 1648 die Unabhängigkeit der Niederlande offiziell an. Dies beendete einen 80-jährigen Krieg zwischen beiden Ländern. Die Niederlande standen damals auf dem Höhepunkt ihrer Macht – sie beherrschten den Welthandel, besaßen Kolonien in Asien, Afrika, Nord- und Südamerika. Auch galten sie als die stärkste Seemacht der Welt. Selbst Spanien, die große Weltmacht des 16. Jahrhunderts, musste dies schließlich anerkennen. De Vrede van Munster, wie der Westfälische Frieden im Nachbarland genannt wird, hat deshalb einen ganz besonderen Ehrenplatz im niederländischen Geschichtsbuch.

Während der Friedensverhandlungen in Münster war die niederländische Delegation im Krameramtshaus untergebracht, das heute als das Haus der Niederlande bekannt ist und Einrichtungen der Wesfälischen-Wilhelms-Universität Münster beherbergt. Sie erforschen den niederländisch-deutschen Sprach- und Kulturraum. Die Bibliothek des Hauses verfügt zudem über die größte Sammlung an niederländischer Literatur in Deutschland. Im Haus der Niederlande finden verschiedene Veranstaltungen zu politischen, kulturellen, literarischen und gesellschaftlichen Themen statt.

Wussten Sie schon, dass Amsterdam auf einer Million Pfählen erbaut wurde?

Der Humanist Erasmus von Rotterdam scherzte, er kenne eine Stadt, deren Einwohner wie die Raben in den Gipfeln der Bäume lebten: Amsterdam. Die niederländische Metropole ist eine Stadt auf Pfählen: Nach Schätzungen rund eine Million Fichtenstämme sind unter der Stadt verbaut. 40 waren für ein einziges Haus nötig, der Königliche Palast „op de dam“ ruht sogar auf 13.600 Stämmen, so dass „dieses Rat-Hause unter der Erde mehr als über derselben zu bauen gekostet [hat]“, wie ein deutscher Tourist im 17. Jahrhundert festhielt. Rund elf Meter tief wurden die Stämme in den modrigen Untergrund gerammt, denn erst in dieser Tiefe stößt man auf eine Sandschicht, die stabil ist, um darauf bauen zu können. Damit die Stämme nicht binnen weniger Jahre verrotten und die Stadt zusammenbricht, muss der Wasserstand in den Amsterdamer Grachten immer ganz genau beobachtet werden: Die Stämme müssen ganz von Wasser bedeckt ein, denn an der Luft würde das Holz sehr schnell vergammeln. Zuständig dafür ist das Stadswaterkantoor, das städtische Wasserbüro.

Müssen Teile der Pfähle ausgetauscht werden, so wird seit 1945 kein Holz mehr verwendet, sondern Beton. Doch selbst heute noch ruhen alle neuen Gebäude auf Pfählen, die zum Teil in noch tiefere Sandschichten gerammt werden.

Wussten Sie schon, dass das größte Schloss in Den Haag nicht dem König gehört?

Das größte und wohl auch eindrucksvollste Schloss in Den Haag befindet sich erstaunlicherweise nicht im Besitz der Königsfamilie. Das prächtige Gebäude aus rotem Backstein, das erst 1913 fertiggestellt wurde, ist eine weltweit anerkannte Ikone für Gerechtigkeit und Frieden. Denn der Haager Vredespaleis, zu Deutsch Friedenspalast, ist Sitz des Internationalen Gerichtshofs, des zentralen Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen. Hier können Staaten gegen Staaten klagen.

Der Friedenspalast ist auch Sitz des Ständigen Schiedshofs, der auf die Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 zurückgeht. Er wurde eingerichtet zur friedlichen Beilegung internationaler Konflikte. Die Idee, einen Friedenspalast zu errichten, kam im Zuge internationaler Friedensbewegungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf. Das Gebäude wurde schließlich zwischen 1907 und 1913 im Stil der Neorenaissance errichtet, wobei der größte Geldgeber der US-amerikanische Unternehmer und Mäzen Andrew Carnegie (1835-1919) war. Länder aus der ganzen Welt trugen zur Inneneinrichtung bei: So stiftete Italien etwa den Marmor für die Flure und die Freitreppe, das Holz für die Wandtäfelungen stammt aus Brasilien und den USA. Deutschland schenkte schmiedeeiserne Zäune, die das Grundstück umgeben. Bis heute haben sich 122 Länder der Welt dem Schiedshof angeschlossen.

Weitere Informationen zu allen Themen gibt es auf www.holland.com.