Kategorien News

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Agrobusiness

„Wir sind überzeugt, dass eine Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Agrobusiness-Branche oder, wie sie auch genannt wird, der Agrifood-Branche, zugutekommt“, sagt Dr. Anke Schirocki, Geschäftsführung von Agrobusiness Niederrhein. Deshalb engagiert sich der Verein im Projekt „Agropole Innovates“, in dem Innovationen durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Fokus stehen. Mit dieser Meinung steht Agrobusiness Niederrhein nicht alleine da. Der Projektpartner Brightlands Campus Greenport Venlo und auch die Fontys University of Applied Sciences in Venlo unterstützen diese Aktivitäten durch Netzwerkausbau und wissenschaftlichen Untersuchungen. Zusammen hatten diese Partner zur Veranstaltung „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Agrifood Sektor“ nach Venlo eingeladen.

Agropole bedeutet starke Wirtschaftskraft im Agrobusiness

Dr. Jan Lucas, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl der Fontys für Cross-Border Business Development, gab einen Überblick über die Strukturen, die die Agrobusiness-Branche in der Grenzregion auszeichnet. Mit Agrobusiness ist die gesamte Wertschöpfungskette des Gartenbaus und der Landwirtschaft gemeint. Die Wirtschaftsförderung des Kreises Kleve sieht im Agrobusiness eine wichtige Branche und zählt jeden 6. Arbeitsplatz in diesem Bereich. Auch in der Provinz Limburg hat das Agrobusiness eine hohe Wirtschaftskraft. Hier hat neben dem Gartenbau auch die Lebensmittelverarbeitung eine herausragende Bedeutung. Zusammen bildet die grenzüberschreitende Region das größte Gartenbaugebiet Europas. „Wir sind überzeugt, dass wir auch die innovativste Agrobusiness-Region Europas sind,“ erläutert Schirocki, „deshalb bezeichnen wir die Region auch als Agropole, ein Begriff der abgeleitet ist von einer Metropole. Bei einer Agropole hat die Branche des Agrobusiness einen starken wirtschaftlichen und sozialen Einfluss auf die Wirtschaft und Gesellschaft der Region“.

Vision einer funktionalen Region

Dr. Vincent Pijnenburg ist Professor für Cross-Border Business Development an der Fontys in Venlo. Er zeichnet die Vision einer funktionalen Region, in der nationale Grenzen sowie rechtliche Vorgaben und andere Hindernisse keine Rolle mehr spielen, wenn es um die Entwicklung des Agrobusiness in der Region geht. Wie es heute in deutschen und niederländischen Unternehmen mit dem Aspekt der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit aussieht, erläuterten die Unternehmer von Baum & Bonheur, MS Schippers und Yookr dem Publikum.

Baum & Bonheur ist interkulturell aufgestellt

Baum & Bonheur (früher Baumschule Lappen) gehört zu den großen Baumschulen Europas mit Sitz in Nettetal. Martien Mantje ist Geschäftsführer der niederländischen Vertriebsgesellschaft Boom&Bonheur. Die Baumschule arbeitet bereits seit vielen Jahren grenzüberschreitend. Es fing damit an, dass Flächen in den Niederlanden gesucht und gefunden wurden. Damit bot sich die Möglichkeit, aufgrund von unterschiedlichen nationalen Regelungen in der Baumschulvermarktung andere Produkte herstellen und anbieten zu können. Ferner bietet die grenzüberschreitende Tätigkeit Möglichkeiten, den Bedarf an guten Mitarbeitern besser decken und für diese mehr Chancen der beruflichen Weiterentwicklung bieten zu können.

Heute hat Baum&Bonheur Mitarbeiter vieler verschiedener Nationalitäten. Die Mitarbeiter bringen ihre ganz individuellen Eigenschaften und Ziele mit, aber auch Eigenschaften, die auf ihrem kulturellen Hintergrund basieren. Das Unternehmen will wachsen und die Mitarbeiter sollen mit dem Unternehmen wachsen. Damit das möglich ist, müssen die Mitarbeiter in ihren Eigenschaften, Wünschen und Zielen berücksichtigt und gefördert werden. Das wiederum braucht ein aktives Hinhören.

Kulturelle Vorlieben und Eigenschaften müssen auch berücksichtigt werden, wenn es um die Ansprache der Kunden geht. Will man auf den französischen Markt, ist es gut, wenn man Franzosen für die Kundenbetreuung einstellen kann, die mit der Kultur der Kunden vertraut sind. Das gilt auch für andere Länder und manchmal auch für Regionen innerhalb eines Landes, denn bekannt sind auch Mentalitätsunterschiede zwischen Bayern und Schleswig-Holsteinern.

MS Schippers – Niederländische Gewohnheiten treffen auf deutsche Firmenkultur

MS Schippers ist eine niederländische Firma mit deutscher Niederlassung in Kerken. Karl Kevin Kottsieper ist seit knapp fünf Jahren Geschäftsführer dieser Niederlassung. In seinem Berufsleben hatte er bereits viele Berührungspunkte mit interkultureller Zusammenarbeit, was ihm heute die passenden Voraussetzungen bietet, die deutsch-niederländische Zusammenarbeit im eigenen Unternehmen mit Leben zu erfüllen. Kevin hat es sich zur Aufgabe gemacht, die aus seiner Sicht guten Gewohnheiten der Niederländer in die deutsche Firmenkultur zu integrieren.

Dazu zählt er unter anderem den deutlich persönlicheren Umgang der Niederländer mit Kollegen, Mitarbeitern und Geschäftspartnern. Neben dem beinahe vorausgesetzten „Duzen“ gehört für ihn auch das aktive Zuhören, das Wahrnehmen und die Anerkennung des Gegenübers zum normalen Umgang miteinander. Das gelingt seiner Meinung nach in den Niederlanden noch einfacher als in Deutschland, denn Hierarchien sind in hier weitaus weniger von Bedeutung als in deutschen Unternehmen und das trägt zu einem vertrauensvolleren Umgang bei. Deutsche und Niederländer haben seiner Erfahrung nach unterschiedliche Gewohnheiten. Die verschiedenen Herangehensweisen können einerseits zu Synergien führen, andererseits aber auch Konflikte und Unverständnis hervorbringen.

Das passiert schon mal, wenn in Besprechungen die deutsche Seite am Ende feste Absprachen erwartet, die dann auch umgesetzt werden, während ein Meeting für die Niederländer oft nicht zwingend in einer festen Verabredung enden muss.

Das tägliche Ziel von Kevin ist es, stets offen aufeinander zuzugehen und die Stärken beider Parteien zu nutzen. Denn der Geschäftsführer weiß: Ein positives Arbeitsumfeld führt zu Zufriedenheit der einzelnen Mitarbeiter und so letztlich auch zu guten Ergebnissen für das Unternehmen.

Yookr – KI für den Gartenbau

John van Helden ist Inhaber/Geschäftsführer des niederländischen Unternehmens Yookr. Yookr setzt Sensortechnik über und in Pflanzenbeständen sowie unter der Erde ein, um Daten zu generieren, aus denen über ein Dashboard Vorhersagen und Kontrollen im Produktionsprozess abgeleitet werden können. Dabei hat er die Bereiche Gartenbau, Grünbestände in Städten und Sportplätze im Fokus. John van Helden ist in Horst geboren und damit nahe der Grenze zum Niederrhein aufgewachsen. Er spricht Deutsch und das kommt ihm heute zugute, wenn er z.B. mit deutschen Gärtnern zusammenarbeitet oder seine Produkte am Niederrhein zum Einsatz kommen. Denn das ist bereits der Fall, auch wenn die Deutschen meist etwas zögerlicher sind, wenn es darum geht, innovative Technologien in ihren Unternehmen einzusetzen. Sein Mitarbeiterteam wächst und da sind auch immer wieder Praktikanten aus den verschiedenen Ländern Europas mit dabei. Deutsche Mitarbeiter hat er bisher nicht. Das liegt sicher daran, dass man in der IT-Branche sehr schnell auch in Deutschland einen Arbeitsplatz findet. Wer aber mal internationale Erfahrungen vor der Haustür sammeln möchte, findet bei Yookr ein interessantes Arbeitsumfeld.

Laufzeit und Finanzierung des Projekts Agropole Innovates

Die Veranstaltung fand in Kooperation der Fontys sowie der Partner des Projekts Agropole Innovates statt. Das Projekt Agropole Innovates hat noch eine Laufzeit bis einschließlich August 2026 und wird neben den Eigenanteilen der Projektpartner im Rahmen des Interreg VI-Programms Deutschland-Nederland durchgeführt und mit 2,025 Mio. Euro durch die Europäische Union, das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW (MWIKE NRW), das Niedersächsische Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung (MB Niedersachsen), das niederländische Wirtschaftsministerium (EZK) sowie die Provinz Limburg mitfinanziert.