Ein niederländisches Unternehmen erobert den deutschen Markt: Die neue Simulationssoftware von TriboForm, einem Startup der University of Twente, ist bereits bei Automarken wie Mercedes-Benz im Einsatz. Um das immense Wachstum besser zu schultern, werden deutsche Arbeitskräfte gesucht, die mit an der Erfolgsgeschichte schreiben sollen.
Traumhaft und doch kein Traum. „Als wir die Autos sahen, wurde uns erst richtig bewusst, dass wir an ihnen mitgewirkt haben“, sagte Jan Harmen Wiebenga, Geschäftsführer und Gründer von TriboForm zum offiziellen Start des neuen Softwareproduktes. Denn für Motorhauben, Autotüren und Kotflügel nutzen die Automobilhersteller Mercedes-Benz und Volvo die Software von TriboForm aus Enschede. Was die beiden Gewächse der University of Twente, Wiebenga und den technischen Geschäftsführer Johan Hol, mächtig stolz macht. Und gut möglich, dass ihre Simulationssoftware schon bald in der Automobilindustrie Standard sein wird.
Nachfrage ist bereits sehr groß
Die Nachfrage nach der Software des noch jungen Unternehmens TriboForm ist bereits jetzt sehr groß, denn die europäische Automobilindustrie fährt bestens mit ihr. Aber worin liegt das Erfolgsgeheimnis? Nun, die Erfolgsformel der Enscheder liegt in individuellen, auf den Kunden zugeschnittenen Lösungen. Häufig verwendete, konstante Reibungskoeffizienten waren gestern. Die Simulationssoftware von TriboForm berücksichtigt bei der Blechumformung vielmehr die jeweiligen Material- und Schmiermitteleigenschaften, Oberflächenbeschaffenheiten und Prozessbedingungen. Das, so das Unternehmen, ermöglicht eine akkurate Simulation der Reibungsbedingungen zwischen dem in der tatsächlichen Produktion verwendeten Blech, Schmiermittel und Werkzeugkombination.
Simulation von Tribologie, Reibung und Schmierung
Tribologie, Reibung und Schmierung werden bei der Blechumformung simuliert, visualisiert und bewertet. „Die Ergebnisse können in Simulationspaketen eingebunden werden. Das Resultat sind schnellere, präzisere und komplette Blechumformsimulationen“, betont Wiebenga. Diese optimierten Simulationen gewinnen zunehmend an Bedeutung. „Sie verbessern die operative Effizienz, führen zu einer Ersparnis von Kosten und Zeit und gewährleisten eine hohe Produktqualität.“
Die Simulationen steigern die Präzision bereits in der Planungsphase, lassen die Formteilqualität mit einer hohen Zuverlässigkeit erkennen und erhöhen schließlich auch die Effizienz bei Forschung und Entwicklung. „Höherwertigere Werkzeugkonstruktionen führen zu Einsparungen bei Werkzeugproben und Testzeiten“, erläutert Wiebenga.
Ziel: Software als Standard in der Automobilindustrie
Auch hier hat Einseitigkeit keine Chance: Die Software von TriboForm wird sowohl von OEMs als auch ihren Zulieferern genutzt. OEMs nutzen sie in ihren eigenen Prozessen, um ihre Produktion zu optimieren. „Zulieferer der OEMs verwenden sie, um ihren Service gegenüber OEMs zu verbessern und entwickeln bessere Werkstoffe, die von den OEMs verwendet werden.“
Für Wiebenga und Hol, in deren Büros Autotüren von Volvo XC90 und Mercedes-Benz C-Klasse aufgestellt sind, ist das aber nur der Beginn. „Unser oberstes Ziel ist es, dass unser Produkt zum Standard in der Entwicklung von Autos weltweit wird.“ Könnte gut klappen. „Kunden der Automobilindustrie integrieren derzeit die Software in ihren Standardentwicklungsprozess. Innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre werden Fahrzeuge entwickelt, indem die Software von TriboForm als Standard-Softwaretool genutzt wird“, ist sich Wiebenga sicher. Denn der Konkurrenzdruck in der Autobranche sei groß. „Mit ihm geht der Wunsch nach innovativen Software-Produkten wie dem unseren einher.“
Von der University of Twente auf die Erfolgsspur
Von der University of Twente aus führte der Weg der beiden Geschäftsführer auf die Erfolgsspur: Wiebenga und Hol starteten TriboForm 2013 während ihrer Doktorarbeit im Fachbereich Technische Mechanik an der Fakultät CTW (Construerende Technische Wetenschappen). Bis heute halten die beiden Firmeninhaber Kontakt zu ihrem alten Fachbereich.
Mittlerweile zählt das im Kennispark Twente in Enschede beheimatete Unternehmen sechs Mitarbeiter. „Mit dem Start unseres Softwareproduktes kommt eine neue Wachstumsphase“, sagt Wiebenga. Die Nähe zur Universität in Enschede bleibt aber wichtig: für die Fortsetzung der wissenschaftlichen Software-Entwicklung und die Rekrutierung neuer Mitarbeiter. „Nur dann können wir als Unternehmen schnell wachsen“, betont Hol.
Weil aktuell 60 Prozent des Umsatzes über den deutschen Markt erzielt wird, vor allem natürlich durch die Automobilindustrie, sucht TriboForm deutsche Mitarbeiter für Verkauf, Kundenbetreuung und Engineering. In diesem Jahr zunächst einen Mitarbeiter in Vollzeit und in der Periode 2017 bis 2020 vier weitere Mitarbeiter in Vollzeit.
Nähe zum deutschen Markt essentiell
Der deutsche Markt ist für die Unternehmensentwicklung essentiell. „Einige unserer Kunden sind ganz in der Nähe, nur wenige Fahrtstunden entfernt. Es kostet uns mehr Zeit, nach Amsterdam zu fahren als zu einigen unserer Kunden“, erläutert Wiebenga. Deutschland biete einen sehr innovativen Markt mit führenden Automobilherstellern, die beispielhaft für andere Autohersteller in der EU und außerhalb der EU seien.
Bei der Automobilindustrie als Hauptabnehmer soll es aber nicht bleiben. Auch außerhalb der Autoindustrie möchte TriboForm Fuß fassen. Denn abgesehen von der Automobilindustrie „kann unsere Software in der allgemeinen Fertigungsindustrie, zum Beispiel im Bereich elektronischer Geräte, sowie in der Transport- und Luftfahrtindustrie eingesetzt werden“, so Wiebenga. Gute Gründe dafür, dass TriboForm auf der Überholspur bleiben wird.