Blog: Niederländische Corona-Maßnahmen für deutsche Arbeitgeber interessant

Blog: Niederländische Corona-Maßnahmen für deutsche Arbeitgeber interessant

Ein Blog von Wouter Timmermans

Die niederländische Regierung hat gestern (31. März 2020) ein Corona-Maßnahmenpaket zum Schutz von Unternehmen und Arbeitsplätzen vorgestellt. Das war dringend erforderlich, weil die Reglung zur Arbeitszeitverkürzung (Regeling Werktijdverkorting) nicht auf die Corona-Krise abgestimmt war und schlichtweg nicht funktioniert hat. Sie wurde nun mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Die neue vorübergehende Regelung Tijdelijke Noodmaatregel Overbrugging voor Werkgelegenheid (NOW) bietet Arbeitgebern mit Umsatzrückgängen finanzielle Unterstützung, sodass die Lohnfortzahlung der Arbeitnehmer komplett sichergestellt wird. Auch für deutsche Arbeitgeber mit Arbeitnehmern, die in den Niederlanden sozialversicherungspflichtig sind, könnte die NOW interessant sein.

Das NOW-Antragsverfahren

Arbeitgeber können voraussichtlich ab dem 6. April bis zum 31. Mai 2020 bei der niederländischen Arbeitnehmerversicherungsagentur UWV einen digitalen Antrag auf Zahlung eines erheblichen Lohnkostenzuschusses, eine sogenannte NOW-Zulage, stellen.

Bereits eingereichte Anträge auf Arbeitszeitverkürzung werden ab sofort automatisch wie ein NOW-Antrag weiterbearbeitet. Der Antragsteller wird darüber von der UWV informiert.

Wenn die Voraussetzungen erfüllt worden sind, erhält der Antragsteller innerhalb von voraussichtlich zwei bis vier Wochen einen Vorschuss in Höhe von 80 Prozent der zu erwartenden Zulage. Mit dem Vorschuss können die Gehälter der Arbeitnehmer gezahlt werden. Unwichtig dabei ist, ob sie feste oder flexible Arbeitsverträge haben. Die NOW-Reglung gilt auch für Leiharbeit und Arbeit auf Abruf.

Die NOW-Zulage gilt für höchstens drei Monate und kann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden, um weitere drei Monate verlängert werden.

Wie funktioniert die NOW?

  1. Der Antragsteller verpflichtet sich, während der Zeit, in der er die NOW-Zulage erhält, keine betriebsbedingte Kündigung zu beantragen (passiert das trotzdem, wird es streng sanktioniert);
  2. Der Antragsteller erwartet einen Umsatzverlust von mindestens 20 Prozent;
  3. Die Höhe der NOW-Zulage hängt vom Umsatzrückgang, bis zu 90 Prozent der Lohnsumme, ab. Nachfolgend einige Beispiele, wie sich das Verhältnis zwischen dem Umsatzrückgang und der Höhe der NOW-Zulage auswirkt:
    1. Wenn 100 Prozent des Umsatzes verloren geht, beträgt die NOW-Zulage 90 Prozent der Lohnsumme des Arbeitgebers;
    2. Wenn 50 Prozent des Umsatzes verloren geht, beträgt die NOW-Zulage 45 Prozent der Lohnsumme eines Arbeitgebers;
    3. Wenn 25% des Umsatzes verloren geht, beträgt die NOW-Zulage 22,5 Prozent der Lohnsumme des Arbeitgebers.
  4. Unabhängig der Höhe der NOW-Zulage zahlt der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer immer 100 Prozent seines Gehaltes.
  5. Im Nachhinein wird von der UWV der tatsächliche Umsatzrückgang ermittelt und die endgültige Höhe der NOW-Zulage festgestellt. Hierbei kann es zu Korrekturen kommen, wenn sich herausstellt, dass die Lohnsumme in Wirklichkeit niedriger oder höher ist.
  6. Die NOW-Zulage hat keinen Einfluss auf eventuelle Ansprüche der Arbeitnehmer auf Arbeitslosengeld.

Wie wird der Umsatzrückgang berechnet?

Der Antragsteller kann Umsatzrückgange in einem Zeitfenster von drei aufeinanderfolgenden Monaten ab dem 1. März, 1. April  oder 1. Mai 2020 (z.B. 1. April  – 1. Juni 2020) der UWV mitteilen. Da manche Unternehmen Umsatzrückgänge erst später spüren werden, ist es unter Umstände auch möglich, einen späteren Zeitraum (ein oder zwei Monate später) mitzuteilen.

Der Umsatz aus diesem Dreimonatszeitraum wird mit dem Umsatz aus einem bestimmten Bezugszeitraum verglichen. Ausgangspunkt dabei ist, dass dieser Bezugszeitraum die Monate Januar – Dezember 2019 betrifft, geteilt durch vier. Für Unternehmen, die am 1. Januar 2019 noch nicht existierten, gilt eine andere Berechnung.

Konzern mit einer deutschen Tochtergesellschaft

Ist der Antragsteller Teil eines Konzerns, dann ist ausschließend der gesamte Umsatzrückgang des Konzerns und nicht der Umsatzrückgang der jeweiligen Tochtergesellschaft maßgebend. Die verschiedenen Arbeitsgeber eines Konzerns müssen daher immer gemeinsam den gleichen Prozentsatz des erwarteten Umsatzrückgangs und den gleichen Messzeitraum für den Umsatzrückgang wählen. Anträge sind aber pro (Tochter-)Gesellschaft separat zu stellen.

Deutsche Gesellschaften innerhalb des Konzerns, die keinen in den Niederlanden sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer haben, werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt.

Deutsches Unternehmen mit niederländischen Arbeitnehmern

Auch für deutsche Arbeitgeber mit Arbeitnehmern, die in den Niederlanden sozialversicherungspflichtig sind, besteht die Möglichkeit, einen NOW-Antrag zu stellen.

Wer Fragen zum NOW-Antrag hat, kann Kontakt zu Wouter Timmermans aufnehmen.

 

Über den Autor

Wouter Timmermans berät und vertritt seit vielen Jahren deutsche Unternehmen mit seiner Expertise im niederländischen Recht. Er ist Anwalt der Kanzlei Stellicher advocaten NV in Arnheim (Niederlande) und Vorsitzender des Deutsch-Niederländischen Businessclubs Gelderland.

 

 

 

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