Anfang 2023 wurden die Mittel für die Forschungsagenda des Lektorats Cross-Border Business Development an der Fontys Venlo bis 2027 freigegeben. Im Interview mit AHA24x7.com skizziert der Leiter des Lehrstuhls, Prof. Dr. Vincent Pijnenburg, die wichtigsten Arbeitsschwerpunkte für die kommenden Jahre. Alle zielen weiterhin auf die Verbesserung der Zusammenarbeit in der Grenzregion ab und decken dabei drei unterschiedliche Themenbereiche ab, die allerdings eines gemeinsam haben: Es geht um „arbeiten und unternehmen in der Grenzregion“.
AHA24x7.com: Warum werden die Finanzmittel immer für einen Zeitraum von vier Jahren vergeben?
Vincent Pijnenburg: Forschung und Lehre der niederländischen Fachhochschulen sollen praxisorientiert sein. Entsprechend sind wir dazu verpflichtet, regelmäßig eine neue Forschungsagenda aufzustellen. Während sich diese Agenda an manchen FHs über einen Zeitraum von sechs Jahren erstreckt, umfasst diese Periode bei Fontys momentan vier Jahre. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass unsere Arbeit tatsächlich für die Praxis relevant ist und Anwendung findet.
„Wir können einen großen Teil unseres Forschungsteams daraus finanzieren, aber wir müssen zusätzlich weitere Gelder einwerben. Dabei geht es um Zuschüsse oder bezahlte Aufträge von externen Parteien, europäische Mittel und auch um andere Arten von Zuschüssen, die für praxisbezogene Forschung vorgesehen sind.“
AHA24x7.com: Wer ist an der Erarbeitung dieser Agenda beteiligt?
Vincent Pijnenburg: Neben unserem Team sind auch die jeweiligen Zielgruppen der unterschiedlichen Arbeitsfelder in den Prozess eingebunden. Gemeinsam evaluieren wir kontinuierlich, was wir in den vergangenen Jahren erreicht haben und was wir anders und besser machen müssen. Es ist wichtig, ein reflektiertes Feedback zu bekommen. Letztlich geht es darum, dass wir uns den richtigen Fragestellungen widmen. Nachdem die Agenda für die kommenden Jahre ausformuliert war, wurde sie den internen Gremien bei Fontys vorgelegt. Anschließend wurden die Mittel freigegeben. Mit den finanziellen Zuwendungen, die Fontys vom Bildungsministerium erhält, werden Forschungsarbeiten stimuliert. Wir freuen uns nun darauf, die Agenda bis einschließlich 30. April 2027 (und hoffentlich darüber hinaus) umsetzen zu können.
AHA24x7.com: Reichen die freigegebenen Mittel aus?
Vincent Pijnenburg: Ein großer Teil von ihnen fließt direkt in die Forschung. Dieser Anteil wird immer größer. Es ist sehr schön zu sehen, dass auch das Ministerium anerkennt, dass die praxisorientierte Forschung an Fachhochschulen wichtig ist. Wir können einen großen Teil unseres Forschungsteams daraus finanzieren, aber wir müssen zusätzlich weitere Gelder einwerben. Dabei geht es um Zuschüsse oder bezahlte Aufträge von externen Parteien, europäische Mittel und auch um andere Arten von Zuschüssen, die für praxisbezogene Forschung vorgesehen sind.
AHA24x7.com: Welche inhaltlichen Schwerpunkte gibt es für die nächsten Jahre?
Vincent Pijnenburg: Vielleicht zum besseren Verständnis vorab: Unser Lehrstuhl orientiert sich an drei Programmlinien: Die erste von ihnen bezieht sich auf das Engagement der Menschen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet, die zweite auf Lernende Organisationen in einem innovativen Grenzgebiet und die dritte auf Zukunftssichere grenzüberschreitende Ökosysteme. An jeder Programmlinie hängen jeweils einige Projekte, die wir grundsätzlich gemeinsam mit Partner durchführen. Das können kleine und mittelständische Unternehmen und andere Akteure sein. Wichtig ist, dass immer Studierende aus unseren Bachelor- oder Masterstudiengängen beteiligt sind. In allen Projekten geht es darum, eine 360-Grad-Perspektive zu schaffen – für alle Beteiligten: Menschen, Organisationen und das Netzwerk.
„Um hier anzusetzen, ist die bereits angesprochene 360-Grad-Perspektive, die Einbeziehung aller Stakeholder in beiden Ländern, entscheidend. Dazu zählen beispielsweise die Grenzinfopunkte oder spezialisierte Personaldienstleister. Die Vernetzung aller Akteure ist entscheidend.“
AHA24x7.com: Was beinhaltet die erste Programmlinie genau?
Vincent Pijnenburg: Hier stehen Individuen mit ihren Bedürfnissen im Fokus. Das können zum Beispiel Studierende oder Arbeitnehmer sein. In der Grenzregion sollten sie dazu in der Lage sein, ihren Weg auf beiden Seiten der Grenze zu finden. Das fängt damit an, überhaupt ein Bewusstsein für die Möglichkeiten im jeweiligen Nachbarland zu entwickeln. Ein funktionierender grenzüberschreitender Arbeitsmarkt besitzt dabei eine zentrale Funktion. Bewerbe ich mich tatsächlich im Nachbarland beziehungsweise – aus Arbeitgebersicht – suche ich grenzüberschreitend nach Mitarbeitern? Stichwort: Fachkräftemangel! Welche Fähigkeiten sind gefragt? Und wie lassen sich Hemmnisse umgehen oder aus dem Weg räumen? Um hier anzusetzen, ist die bereits angesprochene 360-Grad-Perspektive, die Einbeziehung aller Stakeholder in beiden Ländern, entscheidend. Dazu zählen beispielsweise die Grenzinfopunkte oder spezialisierte Personaldienstleister. Die Vernetzung aller Akteure ist entscheidend.
Als Fontys unterstützen wir auf dem Arbeitsmarkt sowohl die Nachfrageseite (z.B. HR-Manager), als auch die Angebotsseite (junge Talente) bei der Realisierung einer 360-Grad-Perspektive. So werden etwa euregionale Kompetenzen vermittelt durch den Einsatz von Tools wie das „Kompetenzspiel“. Darüber hinaus sind wir bemüht, die Matchingchancen zwischen der Angebotsseite und der Nachfrageseite zu vergrößern (Niederländisches Unternehmen – deutsche Kandidaten und umgekehrt). Ein großes Problem ist nämlich, dass die beiden Protagonisten auf dem Arbeitsmarkt einander oftmals nicht kennen, einander bislang nicht wahrgenommen haben.
AHA24x7.com: Wo liegen die Schwerpunkte der zweiten Programmlinie?
Vincent Pijnenburg: Diese Programmlinie bezieht sich auf lernende Organisationen, die entweder im Nachbarland aktiv sind oder ihr Engagement über die Grenze hinweg ausweiten möchten. Die Fragen, die sich daraus für das Management ergeben, sind äußerst spannend. Zum Beispiel ist es eine Herausforderung, jeden einzelnen innerhalb der Organisation mitzunehmen. Es braucht nach innen und außen Brückenbauer. Wir arbeiten in diesem Aktionsfeld mit vielen Unternehmen aus dem niederländischen und deutschen Teil der euregio rhein-maas-nord zusammen. Es gibt noch zu viele Initiativen und Aktivitäten, die isoliert und parallel stattfinden, sich jedoch gegenseitig verstärken könnten.
AHA24x7.com: Was ist der Gegenstand der dritten Programmlinie?
Vincent Pijnenburg: Hier stellt sich die Frage, wie wir Lernnetzwerke so aufbauen und stärken können, dass die Grenzregion als Ganzes bestmöglich wirtschaftlich von ihnen profitiert. Der Bezugsrahmen ist das wirtschaftliche Ökosystem der Region. Das Ziel besteht darin, die Zukunftsfähigkeit der Grenzregion mit ihren besonderen Gegebenheiten nachhaltig zu sichern. Das kann in unterschiedlichen Bereichen passieren. Im Agrobusiness, in der Logistik oder im Industriebereich. Dabei beziehen wir selbstverständlich bestehende Initiativen aktiv mit ein. Ein Beispiel ist der Business Club Maas Rhein. Hier geht es kontinuierlich darum zu optimieren. Konkret sollen die Mitglieder aus beiden Ländern in die Lage versetzt werden, noch besser voneinander zu lernen und noch mehr Nutzen aus ihrer Mitgliedschaft zu ziehen. Max Klöters wird den Business Club zum Gegenstand seiner Forschung machen und in diesem Zusammenhang Intensiv mit Mitgliedern und dem Vorstand sprechen.
AHA24x7.com: Können Sie einige konkrete Projektbeispiele nennen?
Vincent Pijnenburg: Ja, sehr gerne. Wobei es schwierig ist, einzelne Projekte hervorzuheben. Ich kann nur dafür werben, sich auf unserer Webseite einen genaueren Überblick zu verschaffen oder mich und mein Team anzusprechen. Der Duitslandscan bzw. Niederlande-Scan (früher Internationalisierungsscan) ist ein Beispiel für ein bereits erfolgreich laufendes Projekt, das weiter fortgesetzt wird. Hier unterstützt unser Lektorat gemeinsam mit den Partnern Ondernemend Venlo, WFG Viersen sowie Rabobank mittelständische Unternehmen bei der Ausweitung ihrer Aktivitäten über die Landesgrenze hinaus. Gemeinsam mit ihnen analysieren wir, wie sie für eine Ausweitung ihrer Geschäfte auf den niederländischen bzw. deutschen Markt aufgestellt sind. Diese Bestandsaufnahme ist die Basis, um sie grenzüberschreitend erfolgreich zu machen und das Potenzial der Grenzregion als Ganzes besser zu entfalten.
Vielen Dank für das Gespräch!