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„Kurzfristigkeit ist ein niederländisches Phänomen“

Seit mehr als 15 Jahren beschäftigt sich Björn Bos mit der Marketingkommunikation im deutsch-niederländischen Grenzraum. Dabei hat er viele verschiedene Facetten des Eintritts auf dem Nachbarmarkt kennengelernt. Im Interview mit AHA24x7.com verrät er, welche Fehler Unternehmer dabei immer wieder machen und wie sie sich vermeiden lassen. Zudem gibt er einige nützliche Tipps, die den Markteinstieg im Nachbarland erleichtern.

AHA24x7.com: Herr Bos, Sie begleiten sowohl deutsche Unternehmen bei Ihrem Markteinstieg in den Niederlanden als auch umgekehrt. Worin liegen die größten Unterschiede beider Wirtschaftsräume?

Björn Bos: Wenn man die Unterschiede betrachtet, kommt natürlich schnell die Größe der beide Wirtschaftsräume zur Sprache. Deutschland ist im großen Ganzen etwa fünf Mal so groß wie die Niederlande. Nicht nur, was Einwohnerzahl, sondern auch was das Bruttoinlandsprodukt angeht. Deswegen sind auch die (kulturellen) Unterschiede in Deutschland größer. Zudem sind die Niederlande traditionell eher auf Dienstleistung/Handel fokussiert, Deutschland mehr auf das verarbeitende Gewerbe.

AHA24x7.com: Wie sieht idealerweise die Vorbereitung eines Markteinstiegs im Nachbarland aus?

Björn Bos: Aus Marketingsicht benutz ich immer die folgende drei Schritten/Phasen:

  1. Aufklären

Diese Phase richtet sich auf die Erkundung des Marktes und inwieweit das Unternehmen für ihn bereit ist. Ist der Zielmarkt interessant für das Unternehmen? Was sind die Voraussetzungen für die Umsetzung.

Bei einer Marktanalyse zeigt sich, ob es Bedarf/Nachfrage im Zielmarkt gibt (ob Deutschland oder Niederlande), wie groß das Marktvolumen ist und welche Mitbewerber es gibt. Zudem gewährt Marktanalyse einen Einblick, welche Chancen, aber auch Risiken es gibt.

  1. Verbinden

Die zweite Phase stellt durch die Formulierung von Strategie und Positionierung eine Verbindung zum Zielmarkt her. Welche Alleinstellungsmerkmahle benutzt man, um sich von seinen Mitbewerbern abzuheben?

  1. Werben

In der letzten Phase geht es um die tatsächliche Verbreitung der Botschaft. Dazu werden erprobte Werbemittel ausgesucht und, wo es notwendig erscheint, entwickelt und schließlich umgesetzt. Diese dritte Phase ist sehr wichtig, da auch die Werbemaßnahmen in beiden Länder unterschiedlich gestaltet werden. In den Niederlanden werden sehr oft Onlinekanälen eingesetzt, in Deutschland sind hingegen Printmedien wie Zeitungen und Zeitschriften noch immer sehr wichtig. Dabei ist auch den Tone-of-Voice anders.

 

„Die Unterschiede zwischen beide Länder werden unterschätzt, manchmal aber auch größer vermutet, als sie sind.“

 

AHA24x7.com: Welche Fehler machen Unternehmer in dieser Phase häufig?

Björn Bos: Manchmal fehlt die Vorbereitung komplett, in anderen Fällen wird  sie nur sehr oberflächlich gemacht. Damit meine ich vor allem die Marktanalyse und die darauffolgende Strategieentwicklung und Positionierung. Ein weiterer Fehler ist, dass Unternehmer zu wenig über den Zielmarkt wissen. Daher versuchen sie immer, mit der gleichen Vorgehensweise einen neuen Markt zu betreten und gehen davon aus, dass ihr Businessmodell zum Zielmarkt passt. Die Unterschiede zwischen beide Länder werden unterschätzt, manchmal aber auch größer vermutet, als sie sind. Vor allem die pragmatisch denkenden Niederländer wollen oft ein wenig zu schnell den deutschen Markt betreten.

Häufig möchten Unternehmer sofort mit Verkauf beginnen (sowohl auf niederländischer als auch auf deutscher Seite), ohne die vorher genannten Schritten zu beachten. Meine Frage an sie lautet dann: „Was wird Ihr Vertreter denn Ihren Kunden überhaupt erzählen?“

AHA24x7.com: Haben Sie Tipps, wie sich diese Fehler vermeiden lassen?

Björn Bos: Eine gute Vorbereitung ist auch beim Markteintritt die halbe Miete. Vertiefen Sie sich in den Zielmarkt, Ihren Kunden, Ihren Wettbewerb. Wie läuft alles im Zielmarkt ab? Überprüfen Sie, ob Ihr Produkt und Unternehmen zum Markt passen. Das beinhaltet sowohl die Sprache und das Marketing als auch organisatorische, gesetzliche und kulturelle Aspekte. Und wer sich nicht traut, den Markteinstieg alleine zu bewerkstelligen, oder Informationen benötigt, kann sich an einen Fachberater wenden.

 

„Um langfristig Erfolg zu haben, muss man verschiedene Voraussetzungen erfüllen – beispielsweise Marktkenntnisse, ein guten Plan, ein ausreichendes Budget, gute Kontakte, viel Geduld und Ausdauer.“

 

AHA24x7.com: Oft geht es dann trotzdem um die kurzfristigen Ergebnisse. Welche Punkte gilt es zu beachten, um auch langfristig und nachhaltig im Nachbarland erfolgreich sein zu können?

Björn Bos: Ja, das stimmt. Es ist aus meiner Sicht aber ein typisch niederländisches Phänomen: snel scoren. Um langfristig Erfolg zu haben, muss man verschiedene Voraussetzungen erfüllen – beispielsweise Marktkenntnisse, ein guten Plan, ein ausreichendes Budget, gute Kontakte, viel Geduld und Ausdauer. Und nicht zuletzt ein guten Berater, der einem bei Fragen, Problemen oder anderen Herausforderungen zur Seite steht.

AHA24x7.com: Was ist aus Ihrer Sicht die Besonderheit des Arbeitens in gleich zwei Ländern?

Björn Bos: Man lernt doppelt so viel in verschiedenen Bereichen. Ob Sprache, Kultur, Fachgebiet (in meinem Fall Marketing) oder Bräuche: In mehreren Länder unterwegs zu sein, ist einfach sehr spannend und macht auch viel Spaß. Und auf Niederländisch heißt es: iets met Duitsland hebben. Die Pflege von zwei Netzwerken ist aber manchmal auch eine Herausforderung.

 

DSC_1578Über Björn Bos
Bjorn Bos (1977) ist Geschäftsführer von Thinking Marketing und verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Online- und Offline-Marketingkommunikation mit Spezialisierung auf Niederlande-Deutschland-Marketing. Er berät sowohl niederländische als auch deutsche KMU, wenn es um Marktforschung, Strategie und Positionierung im jeweiligen Nachbarland geht.