Ein Blog vom niederländischen Rechtsanwalt Wouter Timmermans
Vereinbarungen sollten eingehalten und Rechnungen bezahlt werden. Was passiert aber, wenn eine Zahlungsfrist erfolglos abläuft? Welche außergerichtlichen Inkassokosten können in dem Fall in den Niederlanden geltend gemachten werden? Und wie wird das genau gemacht? Der niederländische Rechtsanwalt Wouter Timmermans gibt in diesem Blogbeitrag eine praktische Hilfe für die Inkassopraxis.
Die Normierung von außergerichtlichen Inkassokosten ist im niederländischen Gesetz festgelegt worden. Es gelten ein Mindestbetrag und ein Höchstbetrag. Die Vergütung wird als Prozentsatz des fälligen Betrags berechnet. Je höher die Forderung ist, desto geringer ist die Vergütung. Wenn der Schuldner ein Verbraucher ist, müssen Parteien bei der Feststellung der Vergütung diese gesetzliche Berechnungsmethoden anwenden. Wenn der Schuldner kein Verbraucher, sondern ein Unternehmer ist, dürfen Parteien davon im Vertrag oder in den AGB abweichen. Wurde keine abweichenden Vereinbarungen getroffen, gilt die gesetzliche Regelung. Es handelt sich um eine feste Vergütung wobei die tatsächliche Höhe der gemachten Kosten keine Rolle spielt.
Tarife der außergerichtlichen Inkassokosten
Die Hauptforderung bis einschließlich
Anwendbarer Prozentsatz
Höchstens
2.500 Euro
15 Prozent der Hauptforderung
375 Euro (mindestens 40 Euro)
5.000 Euro
375 Euro + 10 Prozent von (Hauptforderung – 2.500 Euro)
625 Euro
10.000 Euro
625 Euro + 5 Prozent von (Hauptforderung – 5.000 Euro)
875 Euro
200.000 Euro
875 Euro + 1 Prozent von (Hauptforderung – 10.000 Euro)
2.775 Euro
über 200.000 Euro
2.775 Euro + 0,5 Prozent von (Hauptforderung – 200.000 Euro)
6.775 Euro
(Quelle: www.rechtspraak.nl)
Diese Tarife gelten nur für Ansprüche aus Zahlungsverpflichtungen. Sie gelten nicht, wenn es sich um Schadensersatzansprüche handelt, es sei denn, die Zahlungsverpflichtung wurde in einem Vergleichsvertrag festgelegt oder sie wurde in einer Verpflichtung zur alternativen Entschädigung umgewandelt.
Außergerichtliche Inkassokosten im Falle von Verbrauchern (B2C)
Um außergerichtliche Inkassokosten erfolgreich geltend machen zu können, muss der Verbraucher erstens im Verzug sein. Zweitens muss der Verbraucher, der im Verzug ist, noch eine Zahlungsfrist von (mindestens) 14 Tagen bekommen, um die offene Rechnung auszugleichen, ohne, dass Inkassokosten für ihn anfallen. Die 14-Tagen-Frist beginnt nach Empfang der schriftlichen Mahnung. In dem Schreiben muss die genaue Höhe der Forderung und der außergerichtlichen Inkassokosten, die bei Ausbleiben einer Zahlung geltend gemacht werden, angegeben werden. Auch muss er über die Folgen einer Nichtzahlung aufgeklärt werden.
Auf diese Weise hat der Verbraucher noch die Möglichkeit, die Forderung auszugleichen, ohne, dass er verpflichtet ist, außergerichtliche Inkassokosten zu zahlen.
Der niederländische Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass Verbraucher von außergerichtlichen Inkassokosten überrascht werden. Es ist wichtig, dass Schreiben sorgfältig zu formulieren. Werden die Vorschriften nicht oder nicht vollständig eingehalten, kann das dazu führen, dass der Richter die Forderung auf Erstattung der außergerichtlichen Inkassokosten abweist.
Außergerichtliche Inkassokosten im Falle von Unternehmern (B2B)
Wenn es sich bei dem Schuldner um ein Unternehmen handelt, ist es in der Regel möglich, höhere Tarife zu vereinbaren. Wenn diese aber unangemessen hoch sind, kann es sein, dass der Richter sie mäßigt und dabei die gesetzlichen Tarifen als Ausgangspunkt nimmt. Haben Parteien nichts über höhere oder niedrigere Tarife vereinbart, gelten automatisch die gesetzlichen Tarife.
Die strengen, gesetzlichen Vorschriften bezüglich der Abmahnung mit der 14-Tage-Frist gelten in diesem Fall jedoch nicht. Ohne vorherige Mahnung sind die außergerichtlichen Inkassokosten sofort fällig ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die gesetzliche oder vereinbarte Zahlungsfrist abgelaufen ist.
Wenn Parteien keine Zahlungsfrist vereinbart haben, gilt die gesetzliche Zahlungsfrist von 30 Tagen. Die angegebene Zahlungsfrist beginnt nach Erhalt der Rechnung, nicht ab Rechnungsdatum. Große Unternehmen dürfen mit mittelständischen und kleinen Unternehmen, sowie mit Selbstständigen keine längeren Zahlungsfristen vereinbaren. Machen Sie das trotzdem, dann sind diese Vereinbarungen nichtig und es gilt automatisch eine Zahlungsfrist von 30 Tagen.
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Über den Autor
Wouter Timmermans berät und vertritt seit vielen Jahren deutsche Unternehmen mit seiner Expertise im niederländischen Recht. Er ist Anwalt der Kanzlei Stellicher advocaten NV in Arnheim (Niederlande) und Vorsitzender des Deutsch-Niederländischen Businessclubs Gelderland.