Auch dies ist eine Folge des Brexits: Wenn hiesige Unternehmer heute mit dem Ausland ins Geschäft kommen wollen, fällt ihr Auge immer häufiger auf die Niederlande. Schon 2018 stieg Deutschlands Handel mit dem direkten Nachbarn um acht Prozent – so stark wie mit keinem anderen Land. Kein Wunder also, dass das Interesse am HollandTag in Duisburg groß war.
HollandTag zieht mehr als 300 Unternehmer an
Die Deutsch-Niederländische Handelskammer (DNHK) hatte Unternehmer aller Branchen zu der Informations- und Netzwerkveranstaltung geladen, deren Schirmherrschaft das Generalkonsulat der Niederlande innehatte. Mehr als 300 Vertreter aus Industrie, Handel und dem Dienstleistungssektor kamen in den Landschaftspark Duisburg-Nord. „Die hohe Besuchsfrequenz zeigt: Wir erwarten zurecht, dass auch 2019 ein sehr gutes Jahr für die deutsch-niederländischen Wirtschaftsbeziehungen wird“, sagte Werner Schaurte-Küppers, Präsident der DNHK, die mit 1.500 Mitgliedern das bedeutendste Netzwerk im deutsch-niederländischen Geschäftsleben ist.
Milliardenaufträge für Hochtief
Rund 2.500 deutsche Unternehmen sind nach aktuellen Schätzungen bereits mit Tochterfirmen in den Niederlanden aktiv. Der Essener Baukonzern Hochtief zum Beispiel gründete 2014 ein Büro in Amsterdam, das sich auf komplexe Infrastrukturprojekte spezialisierte. Flughäfen, Brücken und Tunnel. Seitdem hat Hochtief Nederland milliardenschwere Projekte übernommen wie den Autobahn-Ausbau zwischen Amsterdam und Almere, zu dem auch die Errichtung des größten Aquädukts Europas gehört. „Wir haben schnell die deutsche Brille abgelegt und uns darauf eingestellt, gemeinsam mit den Kunden Ideen und Lösungen zu entwickeln“, sagte Managing Director Alexander Neumann auf dem HollandTag. „Diese Flexibilität gepaart mit deutscher Zuverlässigkeit wissen niederländische Vertragspartner zu schätzen.“
Energiewende als Chance
Die Infrastruktur ist nicht der einzige Sektor, der deutschen Firmen in den Niederlanden gute Möglichkeiten bietet. Industrie 4.0, Kreislaufwirtschaft und E-Mobility hat die DNHK als Wachstumsmärkte ausgemacht. Dazu kommt die Energiewende. Die Niederlande, bislang ein Gas-Land, haben einen großen Nachholbedarf bei den Erneuerbaren. Allein in den Ausbau der Windenergie investieren sie bis 2030 rund 20 Milliarden Euro. Gleichzeitig müssen rund 250.000 Wohnungen energetisch modernisiert werden. Deutsche Unternehmen können hier mit ihrer Erfahrung punkten. Genauso wie bei der Industrie 4.0. Smart Industry Ambassador Peter van Harten stellte in Duisburg Kooperationsmöglichkeiten vor. „Wir wollen in den kommenden drei Jahren das weltweit führende Produktionsnetzwerk aufbauen”, sagte er. „Und das geht nur in Zusammenarbeit mit Deutschland.”
Vertriebspartner für KMU
Es muss aber nicht gleich die große Lösung wie die Gründung einer Tochterfirma sein. Für KMU ist die Zusammenarbeit mit niederländischen Vertriebspartnern lukrativ. Bosana Medizintechnik aus Dorsten ist diesen Weg gegangen. Zusammen mit der Ruhr-Universität Bochum hat das Unternehmen einen Therapiehandschuh für Schlaganfall-Patienten entwickelt. Er soll ihnen helfen, motorische Fähigkeiten zurückzugewinnen. Das Produkt im Ausland auf den Markt zu bringen, erwies sich als schwierig. Messeauftritte und Geschäftsanbahnungsreisen brachten nicht den gewünschten Erfolg. Mithilfe der DNHK fand Bosana schließlich einen Vertriebspartner in den Niederlanden. „Wir sind ungefähr im gleichen Sektor unterwegs und vermitteln uns nun gegenseitig Kunden“, resümierte Vertriebsleiter Marcel Lorek zufrieden.
Begehrt: Infos zum Markteinstieg
Der Workshop „Markteinstieg in den Niederlanden“, in dem Lorek den Weg seines Unternehmens vorstellte, war der am stärksten besuchte Workshop des HollandTages. Auch das ein Beleg dafür, dass die Niederlande als Markt für hiesige Unternehmen immer mehr Gewicht bekommen. Die Partner des HollandTages 2019 waren Hochtief PPP Solutions, die Rabobank, Smart Industry – Dutch Industry fit for the Future sowie das Kompetenznetzwerk Umwelt.NRW. Der folgende HollandTag findet 2021 statt.