Normalerweise geht es auf Plattformen wie dieser um die Unterschiede zwischen Niederländern und Deutschen. Wo ticken wir anders und wie gehen wir damit um? Heute wollen wir uns ausnahmsweise mit einer Gemeinsamkeit beschäftigen. Genauer gesagt: um eine Entwicklung, die in beiden Ländern absolut parallel verläuft. Nämlich: den Qualitätsverlust der Medien. Dazu zwei Beispiele. Neulich in Holland: Ein Mädchen im Teenager-Alter postet auf Facebook, dass es in einem Freizeitpark Streit mit einem Jungen hatte und diesen aus einem Boot ins Wasser geschubst habe. Die Nachricht wird von ihren Freunden verbreitet, macht im Netz die Runde – und landet ungeprüft als Schlagzeile in den Medien. Wie sich anschließend herausstellte, handelte es sich um einen Scherz des Mädchens. Es wollte einmal beobachten, wie sich ein Posting verbreitet. Neulich in Deutschland: „Schokolade macht schlank“ posaunen die Headlines zahlreicher – auch sogenannter seriöser – Medien in die Welt hinaus. Wie kamen sie zu diesem Unfug? Ganz einfach: Zwei Journalisten haben einen Test gewagt. Sie haben einige Personen zu deren Schokoladekonsum befragt, daraus eine „Repräsentative Umfrage“ des imaginären „Institute of Diet and Health“ abgeleitet und das Ergebnis an die Medien gegeben, um diese zu entlarven. Experiment geglückt: Alle sind drauf reingefallen.
Ob Telegraaf oder Bild: Es geht in den Medien nicht mehr um die Verbreitung von Informationen oder das Erklären von Zusammenhängen, sondern um das Wecken schneller Emotionen. Ein „Boah, krass ey“ eines Lesers ist heute schon das höchste der Gefühle – und weiter geht’s in der medialen Achterbahnfahrt der Oberflächlichkeiten und Schwachsinnigkeiten. Die Wandlung der journalistischen Grundaufgabe von der Information über das Infotainment hin zum reinen medialen Entertainment ist offenbar vollzogen. Die „Vierte Gewalt“ im Staate ist nur noch ein Papagei, der sich selber nachplappert. Und das Schlimmste: Niemand regt sich darüber auf.
Wir wären aber nicht eine deutsch-niederländische Plattform, wenn wir nicht doch noch auf einen Unterschied zwischen uns Nachbarn zu sprechen kämen. Und zwar auf die Frage, wie wir mit dieser Entwicklung umgehen. Der deutsche Teil der AHA24x7.com-Seele echauffiert sich über den unerträglichen Qualitätsverlust des Journalismus und beschwört die guten alten Zeiten. Als Informationen erst veröffentlicht wurden, nachdem sie von zwei unterschiedlichen Quellen unabhängig voneinander bestätigt worden waren. Als Google nichts weiter war als eine wirre Vision in den Köpfen unbeliebter High School-Teenager. Als Copy & Paste noch für eine italienische Pasta von Al Capone gehalten wurde.
Wie aber reagiert der holländische Teil der AHA24x7.com-Seele? Er reibt sich mit zwei Fingern am Kinn, lehnt sich in seinen Schaukelstuhl zurück und lässt den Blick über den Deich schweifen. „Wenn also die Medien so ticken, wie sie heute ticken, dann wäre es doch gelacht, wenn wir nicht auch hochinteressante Informationen streuen könnten….“ Beispielsweise haben renommierte Forscher des Instituts für Niederländisch-Deutsche Kommunikationsangelegenheiten in Oxford herausgefunden, dass die Sponsoren von aha24x7.com bessere Geschäfte machen, als der Rest der Unternehmerschaft. Dass sie gesünder leben, größere Häuser besitzen, schnellere Autos fahren, attraktivere Ehepartner haben. Und – sorry, auch der Boulevard muss bedient werden – dass sie besseren Sex haben. Sie glauben uns nicht? Dann warten Sie mal ab, bis Sie es schwarz auf weiß in der Bild oder im Telegraaf lesen…und Ihnen ein „Boah, krass ey“ über die Lippen rutscht!
Über den Autor
Frank Wöbbeking ist gelernter Tageszeitungsredakteur sowie Übersetzer (NL-D) und lebte selbst einige Jahre in den Niederlanden. Als Geschäftsführer der mediamixx GmbH verfügt er über mehr als 20 Jahre Erfahrung in grenzüberschreitender PR- und Pressearbeit für niederländische und deutsche Kunden. Im Rahmen von Seminaren und Workshops vermittelt Wöbbeking sein Know-how in Sachen grenzüberschreitender Kommunikation.