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Geduld und ein Plan B

Beim Duitslanddag der DNHK am 23. September in Utrecht erfahren niederländische Unternehmer, was sie auf dem Weg nach Deutschland beachten müssen. Zu den Referenten gehört Katja Schleicher. Die Kommunikationstrainerin hat sich neben Trainings für öffentliche Auftritte und Interviews auf interkulturelle Kommunikation innerhalb der europäischen Märkte spezialisiert. Im Interview mit AHA24x7.com erläutert sie, wie Unternehmer mit den typischen Unterschieden umgehen können, um erfolgreich ins Geschäft zu kommen.

AHA24x7.com: Es wird viel über Unterschiede zwischen Deutschen und Niederländern gesprochen. Auf welchen Gemeinsamkeiten kann man denn aufbauen, wenn man mit dem Nachbarn ins Geschäft kommen möchte?

Katja Schleicher: Im globalen Vergleich liegen beide Geschäftskulturen sehr dicht beieinander. Beides sind export-orientierte Volkswirtschaften mit starkem Interesse an anderen Ökonomien. Viele Regularien funktionieren gleich oder ähnlich. Dieser Blick auf die Gemeinsamkeiten ist elementar wichtig für den Verhandlungs- und Geschäftserfolg. Auffällig ist auch, dass ein Großteil aller Irritationen auf Aspekte zurückzuführen ist, die nur bedingt mit kulturellen Aspekten zu tun haben, sondern oft durch allgemeinkommunikative Undeutlichkeiten entstanden sind.

Eine tolle Frage ist ein ganz unbefangenes neugieriges „Wie wird das denn hier gehandhabt?“ während der ersten Besprechungen. Die unpersönliche Formulierung der Frage hilft auch, die besonders stark ausgeprägte Befangenheit beim Duzen/Siezen zu umgehen. Auch sehr empfehlenswert: vor dem Start des gemeinsamen Projektes auf beiden Seiten bereits erfolgreich abgeschlossene Projekte zusammentragen, die einen Einblick ins generelle Prozedere geben. Dann findet man auch schnell auf der Sachebene Gemeinsamkeiten, die über eventuelle interkulturelle Probleme hinweghelfen.

Noch ein wichtiger Tipp: nichts als selbstverständlich annehmen („ah, die Holländer sind ja immer ganz locker“, „ah, bei den Deutschen musst Du sowieso immer mit Krawatte erscheinen“). Lieber in alle Richtungen schauen, offen für alles sein und alles für möglich halten (dieser Teil der Übung ist tendenziell für Niederländer etwas weniger anstrengend, da sie im Schnitt leichter mit Unsicherheiten umgehen).

AHA24x7.com: Trotzdem gibt es immer wieder Missverständnisse. Wo liegt für Sie die Grenze zwischen lustigen Begebenheiten, die sich mit einem Lachen auflösen, und ernsthaften Problemen, die eine geschäftliche Beziehung direkt scheitern lassen?

KS: Von niederländischer auf die deutsche Seite: erwarten, dass

  • alles einszweifix geht.
  • alle und jeder die eigene Begeisterung teilt.
  • alles ohne Probleme klappen wird.
  • Regeln nur so eine Empfehlung sind, an die man sich halten kann, die aber nicht wirklich verbindlich sind.

Von deutscher auf die niederländische Seite: Erwarten, dass

  • es für alles immer einen Plan von A-Z gibt.
  • es einzig allein um die Sache geht (und man das mit dem Zwischenmenschlichen dann schnell mal nach Projektabschluss regelt)
  • alle auf das erste oder letzte Wort vom Chef warten.
  • man erst anfangen kann, wenn alles vorab geklärt ist.

 

„Gemeinsam beschließen, was verändert werden muss, um erfolgreich zu sein.“

 

AHA24x7.com: Es gibt also durchaus einige grundsätzliche Unterschiede. Wie sollen Unternehmer damit umgehen?

KS: Zwei sehr einfache Taktiken haben sich – vor allem kombiniert angewendet – als erfolgreich erwiesen: das Wahrnehmen der Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Das Wertschätzen derselben (Auch wenn es einem selber total unsinnig vorkommt, was könnte an der Art und Weise, wie der andere die Sache anpackt, sinnvoll sein?). Und danach gemeinsam beschließen, was verändert werden muss, um erfolgreich zu sein und welche Unterschiede man unverändert mit ins Projekt nehmen kann. (Manchmal reicht das Wissen darum, dass etwas anders ist, vollkommen aus.)

AHA24x7.com: Was empfehlen Sie, wenn der sprichwörtliche Karren festgefahren ist, also eine geschäftliche Beziehung aufgrund kultureller Missverständnisse vor dem Ende steht?

KS: Den Deutschen kann man da nur Humor anraten: das niederländische Allheilmittel. Entkrampft und macht es leichter, über Lösungen nachzudenken. Niederländern sei eingeschärft, dass echter Service höchst geschätzt wird in Deutschland. Da kann man verlorenes Terrain schnell wieder zurückgewinnen.

AHA24x7.com: Welchen grundsätzlichen Tipp geben Sie Niederländern mit, die auf dem deutschen Markt aktiv werden wollen?  

KS: Geduld! Einen Plan. Und einen Plan B.

Vielen Dank für das Gespräch!