Das deutsch-niederländische Verhältnis ist von vielen Klischees geprägt. Welche treffen in der Realität zu und welche gehören in das Reich der Fabeln? AHA24x7.com befragt in lockerer Serie Experten in der grenzübergreifenden Zusammenarbeit nach ihren Erfahrungen mit den bekanntesten Klischees. Heute stellt sich Remco Spooren, Partner bei dem grenzübergreifend tätigen Personaldienstleister Velde Gruppe, den Fragen.
Klischee Nr. 1: Alle Niederländer können Deutsch oder Englisch sprechen. Für die Arbeit in einem niederländischen Unternehmen braucht man keine Niederländisch-Kenntnisse!
Remco Spooren: Es kommt sehr auf die Position an, die man anstrebt. Wenn man als Geschäftsführer in einem niederländischen Unternehmen einsteigen möchte, ist es absolut erforderlich, Niederländisch zu sprechen (außer vielleicht in Großkonzernen wo die Firmensprache Englisch ist). Wenn man als deutscher Vertriebler für ein niederländisches Unternehmen den deutschen Markt bearbeiten soll, sind Niederländisch Kenntnisse nicht erforderlich und man kann sich auch auf Deutsch oder Englisch mit den Kollegen austauschen.
Klischee Nr. 2: Niederländer „machen“ einfach und sind sehr pragmatisch orientiert. In deutschen Unternehmen hingegen wird häufig jeder Schritt bis ins Detail geplant.
Remco Spooren: Das stimmt. Niederländer sind sehr pragmatisch eingestellt und sind bereit ein Risiko einzugehen und mal etwas auszuprobieren. Wenn es nicht klappt, ist es schade und man muss einen anderen Weg finden. Es ist jedoch nicht so, dass ungeplant an Sachen herangegangen wird. In den Niederlanden ist Konsens extrem wichtig. Deswegen werden Pläne schon im Vorfeld diskutiert. Sie müssen aber nicht bis drei Zahlen hinter dem Komma ausgearbeitet sein, bevor man loslegt.
Klischee Nr. 3: In niederländischen Unternehmen wird Persönlichkeit höher bewertet als Kompetenz.
Remco Spooren: Ich würde nicht sagen, dass Persönlichkeit höher bewertet wird als Kompetenz. Es kommt für die Niederländer viel mehr auf das Gesamtbild an, anstatt „nur“ auf Kompetenz. Es ist sehr wichtig, ins Team reinzupassen und das wird vor allem durch die Persönlichkeit bestimmt. Wenn es nicht passt, wird es schwierig miteinander zusammenzuarbeiten. Trotzdem muss man aber natürlich auch seine Leistung bringen.
Klischee Nr. 4: Niederländer sind weniger formell als Deutsche. Man kann also alle Kollegen und Vorgesetzten „duzen“!
Remco Spooren: Ja, das stimmt. Egal ob Lagermitarbeiter oder Geschäftsführer, jeder duzt sich. Dabei gibt es selbstverständlich verschiedene Arten sich zu duzen. Auch per Du kann man respektvoll mit einander umgehen. Übrigens ist das nicht nur im Unternehmen so, sondern sogar mit Kunden ist man in der Regel direkt per Du.
Klischee Nr. 5: Niederländische Unternehmer wollen schnell zum Erfolg kommen, deutsche dagegen langfristig erfolgreich sein.
Remco Spooren: Das stimmt nicht. Niederländische Unternehmer sind zwar in der Regel pragmatischer und freuen sich natürlich auch über schnelle Erfolge, haben aber trotzdem auch eine langfristige Perspektive. Wenn die Firma nur kurzfristig erfolgreich ist, wird sein Unternehmen schließlich nicht überleben und das ist ja das Ziel von jedem Unternehmer.
Klischee Nr. 6: In deutschen Unternehmen ist Humor ein Fremdwort. In den Niederlanden dagegen darf man bei der Arbeit auch Spaß haben.
Remco Spooren: Ich denke, in deutsche Unternehmen wird auch mal gelacht. In den Niederlanden ist es jedenfalls wichtig, dass Mitarbeitern Spaß an ihre Arbeit haben. Man ist ja ein Großteil seines Lebens am Arbeiten und wenn das keinen Spaß macht, werden es sehr zähe 45 Jahre… Außerdem ist die Atmosphäre im Unternehmen besser, wenn die Mitarbeiter Spaß an Ihre Arbeit haben. Sie brauchen sich nicht mit negativen Sachen zu beschäftigen und sind dadurch produktiver. In dem Sinnen ein Win-Win für alle Beteiligten.