Von neuen Produkten und Dienstleistungen bis zu einem erweiterten Geschäftsmodell: Wie gehen deutsche und niederländische Unternehmen mit den Herausforderungen der Corona-Krise um? Im Rahmen eines Online-Meetings mehrerer deutsch-niederländischer Businessclubs haben vier Unternehmen berichtet, wie sie erfolgreich durch die Krise gekommen sind – und damit andere Unternehmer inspiriert. 57 Teilnehmer haben die Präsentationen verfolgt. Die nächste gemeinsame Aktion ist am 22. April vorgesehen: ein rund einstündiges Speeddating.
Trennwände statt Verpackungen
Das niederländische Unternehmen Akarton B.V. in Venlo produziert Displays und Verpackungen für den Einzelhandel. Doch damit war es mit dem Start des ersten Lockdowns erst einmal vorbei. „Zum Glück konnten wir unsere Produktion kurzfristig umstellen. Wir haben beispielsweise Schutzwände aus Pappe hergestellt“, berichtet Geschäftsführer Mike Noldus. Es folgten Umzugskartons und Archivbehälter. Alle neuen Produkte werden erfolgreich über einen Onlineshop vertrieben. „Da schnelle Entscheidungen gefragt waren, haben wir uns zeitweise von der niederländischen Diskussionskultur verabschiedet“, berichtete der Geschäftsführer schmunzelnd.
Die zweite Herausforderung: Ein großer Teil der Belegschaft besteht aus Menschen mit Behinderung – und die durften von einem Tag zum anderen nicht mehr zur Arbeit erscheinen. „Diese Lücke konnten wir nach und nach mit Studenten füllen, die plötzlich keine Nebenjobs mehr hatten. So konnten wir ihre und unser Problem gemeinsam lösen“, so Noldus. Seine wichtigste Erkenntnis aus der Krise: „Wir sind im übertragenen Sinne enger mit den Mitarbeitern zusammengerückt. Das hat uns gestärt.“ Davon wird das Unternehmen auch nach Corona noch profitieren.
Neue Möglichkeiten in der Messebranche
80 Mitarbeiter, 1.500 Messejobs pro Jahr, auf Wachstumskurs – und dann der Schock: Mit Beginn des ersten Lockdowns wurden nach und nach alle Messen abgesagt. Für das Unternehmen WWM, spezialisiert auf Messebau, brach von einem Tag zum anderen die Geschäftsgrundlage weg. „Wir standen am Abgrund“, blickte Geschäftsführer Dr. Christian Coppeneur-Gülz auf das Frühjahr 2020 zurück. Doch Aufgeben war keine Option. „Wir haben uns folgende Fragen gestellt: Welche Ressourcen haben wir, welche neuen Dienstleistungen können wir erbringen, was ist langfristig sinnvoll?“ Auf dieser Grundlage hat der CEO zusammen mit seinem Team das komplette Geschäftsmodell auf den Kopf gestellt. In kurzer Zeit ist dabei eine Online-Plattform entstanden, die es Veranstaltern ermöglicht, digitale Events durchzuführen. Mit Erfolg: WWM erzielt inzwischen die Hälfte seines Umsatzes mit digitalen Produkten. Eine neue Strategie, die auch nach Corona Bestand haben wird. Ebenso wie das neue Teamgefühl. „Wir sind in dieser Zeit zusammengewachsen“, betonte Coppeneuer-Gülz.
Farbe für die Innenstädte
Farbe und Lebendigkeit in tristen Zeiten: Die Firma Flower and Shower GmbH bringt Innenstädte mit farbenfrohen und bienenfreundlichen Blumenarrangements zum Blühen – auf Grundlage eines innovativen Mietkonzepts, das in den Niederlanden entstanden ist. Die komplette Dienstleistung beinhaltet das Aufhängen, die Pflege, die Bewässerung und den Abbau der bepflanzten Behälter. „Da oftmals Kommunen unsere Auftraggeber sind, haben wir im Frühjahr 2020 befürchtet, dass uns viele Kunden abspringen würden. Aber das Gegenteil war der Fall“, blickt Margo Bromont, bei der deutschen GmbH von Flower and Shower für Sales und Marketing zuständig, zurück. Offensichtlich investieren Wirtschaftsförderungen, Grünflächenämter, Bauhöfe und auch Händlervereinigungen gezielt in die Attraktivitätssteigerung der Innenstädte. Dabei spielt vor allem die Nachhaltigkeit eine große Rolle. Darauf geht Flower and Shower mit dem Circular Flower Pot aus recycelten Materialien sowie dem Einsatz von bienenfreundlichen Blumen ein. Damit es in deutschen Innenstädten weiter blüht, grünt und summt – und in jeder Hinsicht ein besseres Stadtklima entsteht.
Von der Filmproduktion zum Videomarketing
Für die Chilihaus TV & Medien GmbH & Co. KG brachte der Lockdown ebenfalls eine große Herausforderung mit sich: „Wir konnten plötzlich nirgendwo mehr drehen“, erinnert sich Geschäftsführer Stephan Lutz. Auch Veranstaltungen wie der Unternehmerpreis Niederrhein, für den Chilihaus seit 2013 die Gewinner-Filme produziert, mussten abgesagt werden. Die rettende Idee: „Wir haben einigen Kunden angeboten, aus vorhandenem Filmmaterial viele kurze und gezielte Social-Media-Clips zu produzieren. Das hat sehr gut funktioniert.“ Mittlerweile ist daraus ein neuer Geschäftszweig geworden: „Wir produzieren nicht nur Filme, sondern verbreiten sie auch mit so genanntem ‚Performance Marketing‘ in den sozialen Medien“, berichtet Lutz. Vom reinen Filmproduzenten zum Videomarketing, mit dem die Sichtbarkeit und Conversion Rate für die Kunden deutlich erhöht werden kann: Für Chilihaus hat die Krise sogar die Geschäftsgrundlage gestärkt. Mit Erfolg: „2020 war wirtschaftlich unser stärkstes Jahr“, bilanziert Stephan Lutz.
Die Organisatoren
Organisiert wurde das Online-Meeting von folgenden Clubs: Deutsch-Niederländische Gesellschaft Köln, Deutsch-Niederländischer Businessclub Kleve, Stichting Duits-Nederlandse Businessclub Gelderland, Businessclub Maas-Rhein, Grenzhoppers, Deutsch-Niederländischer Businessclub der IHK Aachen und Deutsch-Niederländische Gesellschaft München. Als Medienpartner unterstützt die grenzüberschreitend tätige Kommunikationsagentur mediamixx die Kooperation. Da die Clubs aufgrund der Coronapandemie keine Veranstaltungen für ihre Mitglieder anbieten können, haben sie sich zu mehreren digitalen Events zusammengeschlossen. Das fünfte gemeinsame Online-Meeting steht am Donnerstag, 22. April, von 12 bis 13 Uhr auf dem Programm. „Dann treffen wir uns wieder zum Speeddating“, berichtet Anouk Ellen Susan, Vorsitzende der deutsch-Niederländischen Gesellschaft Köln und Initiatorin der Kooperation.