Mehr als 140 Lehrpersonen und Schulleitungen aus dem Bereich des Nachbarsprachenunterrichts beiderseits der Grenze sowie interessierte Stakeholder wie Bürgermeister, wethouders & Beamte trafen sich kürzlich zum deutsch-niederländischen Onlinekongress „Vom Nachbarn lernen / Leren van de buren“. Zugleich stellte er die Abschlusskonferenz des INTERREG-Projekts Nachbarsprache & buurcultuur dar. Unter dem Motto „Mit- und voneinander lernen“ tauschten sich die Teilnehmenden verteilt auf elf Workshops über Best-Practices, aktuelle Herausforderungen und neue didaktische Ansätze aus. Auf einer virtuellen Messeumgebung stellten sich zudem Partnerschulen des Projekts, Verlage, universitäre Einrichtungen sowie öffentliche Zweckverbände wie die Euregio Rhein-Waal vor.
Den Auftakt des Kongresses machte Axel Krummer, Akademischer Oberrat am Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur der Universität Erlangen-Nürnberg. Er sprach über Chancen der Digitalisierung im Unterricht und plädierte für ein Umdenken in Bezug auf „traditionelle“ Prüfungsformen. Sie würden häufig nur reine Wissensreproduktion abfragen und wenig Raum für eine differenzierte Didaktik lassen.
In den anschließenden Workshops hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, sich fortzubilden und auszutauschen – unter anderem über die Rolle von Lehrpersonen im grenzüberschreitenden Schulaustausch, neue Formen des literarischen Lernens, sprachbewussten Nachbarsprachenunterricht, Sprachzertifikate im Berufskontext und aktuelle, innovative Ansätze, wie den Einsatz von Apps im Unterricht und Schulaustausch.
Gewachsenes, breit getragenes Interesse
„Die Tatsache, dass nicht nur Partnerschulen des INTERREG-Projekts, andere Lehrkräfte & Schulleitungen, sondern auch Bürgermeister und andere öffentliche Stakeholder beiderseits der Grenze heute anwesend sind, zeigt die enorme gesellschaftliche Relevanz und das gewachsene, breit getragene Interesse an nachbarsprachlicher und nachbarschaftlicher Bildung“, erläuterte Jun.-Prof. Dr. Ute K. Boonen (Universität Duisburg-Essen), Projektleiterin des INTERREG-Projekts auf der deutschen Seite, bei ihrem Grußwort.
Dass trotz aller Fortschritte noch viele Chancen zum grenzüberschreitenden Schulaustausch ungenutzt bleiben, wurde unter anderem im Workshop zur Rolle von Lehrpersonen bei grenzüberschreitenden Schulaustauschen von Jana Hermann, Monitoring Mitarbeiterin im INTERREG-Projekt, sichtbar. Nach einem Austausch in Kleingruppen herrschte bei den anwesenden Lehrpersonen Einigkeit darüber, dass grenzüberschreitender Schulaustausch im Moment in der Lehrerausbildung beiderseits der Grenze kaum eine Rolle spielt. Für viele beteiligte Lehrerinnen und Lehrer ist Schulaustausch eine Herzensangelegenheit, die viel Eigeninitiative und Engagement erfordert. Möglichkeiten, fächerübergreifend auch außerhalb des regulären Sprachunterrichts zusammenzuarbeiten, werden zwar in „Leuchtturmprojekten“ wie Nachbarsprache & buurcultuur genutzt. Häufig gehören sie laut den teilnehmenden Lehrpersonen jedoch noch nicht zu den Standardinstrumenten schulischer Curricula.
360-Grad-Lebenswelt bei jungen Menschen in der Grenzregion noch nicht verwirklicht
Prof. Dr. Paul Sars, Mitinitiator & Leiter des Projekts an der Radboud Universiteit in Nijmegen, nahm während der Abschlusskonferenz als Bestand auf: „Wir bemerken großes Interesse bei den Beteiligten, das gemeinsame Lernen fortzusetzen. In den letzten vier Jahren haben wir so viele neue Einsichten gewonnen, dass wir uns ernsthaft überlegen, ein Folgeprojekt zu entwickeln. Nach Ende des Projekts am 31. Dezember 2021 haben insgesamt mehr als 6.000 Schülerinnen und Schüler, Lehrpersonen & Schulleiter an binationalen Austauschtagen in der Grenzregion teilgenommen. Ein wichtiges Ergebnis dieses intensiven Austausches ist schon jetzt, dass es noch einige Schritte bis zur Verwirklichung einer 360-Grad-Lebenswelt junger Menschen in der deutsch-niederländischen Grenzregion zu gehen gibt. Beispielsweise im Bereich von Nachbarsprachenaustausch bei Grundschulen, in der Lehrerbildung und was die Entwicklung gemeinsamer Curricula angeht.“
Material & Ergebnisse ab Mai frei verfügbar
Material aus den Workshops des Kongresses und eine Zusammenfassung der Ergebnisse werden im Laufe des Mais auf der Website des INTERREG-Projekts für jeden frei zugänglich zur Verfügung gestellt.
Projekt Nachbarsprache & buurcultuur
Das Projekt Nachbarsprache & buurcultuur ist ein von der Universität Duisburg-Essen und der Radboud Universiteit Nijmegen initiiertes Projekt, das im Rahmen des INTERREG V-Programms gefördert wird. Gemeinsam mit über 40 Partnerschulen in Deutschland und den Niederlanden ist es das Ziel, dass Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrerinnen und Lehrer mithilfe von verschiedenen Austauschbegegnungen in der deutsch-niederländischen Grenzregion von- und miteinander die Kultur und Sprache des Nachbarlandes kennenlernen können. Im Rahmen des Projekts, das seit dem 1. Januar 2017 läuft, fanden bisher über 130 deutsch-niederländische Austauschbegegnungen statt, die vom Projektteam begleitet wurden. Teilnehmende Lehrkräfte nahmen während der Projektlaufzeit an zahlreichen Workshops und Veranstaltungen zu deutsch-niederländischem Schulaustausch teil. In Zusammenarbeit mit den Partnerschulen sind dabei unter anderem über 40 Materialboxen entstanden, die für jeden kostenfrei auf der Internetseite des Projekts zur Verfügung stehen.