Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT zeichnet mit dem „Target Grid“ erstmals das Bild eines integrierten, grenzüberschreitenden und klimaneutralen Höchstspannungsnetz für das Jahr 2045. Das Szenario auf deutscher Seite ist dabei identisch mit den Berechnungen zum ersten Entwurf des Ende März veröffentlichten Netzentwicklungsplans 2037/2045 (2023). Zudem berücksichtigt das „Target Grid“ die niederländischen Berechnungen für Netzausbaumaßnahmen bis zum Jahr 2050. Die beiden nationalen Planungen werden von TenneT zu einem gemeinsamen Ausblick zusammengefügt: „Target Grid“ – TenneTs Vision eines klimaneutralen Stromnetzes.
Das „Target Grid“ zeigt ein Höchstspannungsnetz, das den Anforderungen einer EU-weiten Klimaneutralität bis 2050 (in Deutschland bis 2045) und einem deutlich steigenden Strombedarf entspricht. Sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden wird mit einer Verdoppelung des gegenwärtigen Stromverbrauchs bis 2045 gerechnet. Zudem gehen die zugrunde gelegten Berechnungen von einer Verfünffachung bis Verzehnfachung der installierten Leistung aus Erneuerbaren Energien aus.
Tim Meyerjürgens, COO von TenneT: „Mit dem Target Grid zeigen wir erstmals ein grenzüberschreitend optimiertes Netz der Zukunft zur Umsetzung der Klimaziele in den Niederlanden und Deutschland. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Nordsee als Energiequelle für eine größere Energieunabhängigkeit in der gesamten nordwesteuropäischen Region.“
Nordsee als grünes Kraftwerk
Ziel ist, die Nordsee so effizient und effektiv wie möglich als grünes Kraftwerk Nordwesteuropas zu erschließen. Hier steht das „Target Grid“ im Einklang mit der Esbjerg-Erklärung aus dem Mai 2022, in der die Nordsee-Anrainer Deutschland, Niederlande, Dänemark und Belgien eine Steigerung der Offshore-Windenergie auf 65 Gigawatt (GW) im Jahr 2030 bzw. 150 GW im Jahr 2050 vereinbart haben.
Dies erfordert ein grenzüberschreitendes Energiesystem-Design, zu dem das „Target Grid“ seinen Beitrag leisten will.
Offener Dialog mit Stakeholdern
TenneT sieht das „Target Grid“ gleichzeitig auch als Ausgangspunkt für einen offenen Dialog mit seinen wichtigsten Stakeholdern aus Politik, Industrie und Energiewirtschaft sowie mit den Übertragungsnetzbetreibern in Europa, um die künftige Entwicklung des europäischen Höchstspannungsnetzes gemeinsam zu gestalten. Fünf Prinzipien sind dabei von grundlegender Bedeutung. Erstens die Entwicklung einer eindeutigen Nordsee-Länderstrategie 2050 mit klaren Vereinbarungen zwischen den Nordseeländern. Außerdem ist eine zusätzliche Standortpolitik erforderlich, um die Nachfragezentren für Energie an den richtigen Standorten zu entwickeln. Außerdem ist eine rechtzeitige Genehmigung für die Entwicklung der Energiekorridore, die TenneT im „Target Grid“ aufgenommen hat, notwendig.
Darüber hinaus wird eine Anpassung des Strommarktmodells empfohlen, um den grenzüberschreitenden Austausch von Strom aus Offshore-Windenergie zu erleichtern und die Kosten dafür angemessen zu verteilen. Schließlich sieht TenneT die Versorgungskette für kritische Infrastrukturkomponenten unter Druck geraten, da die Off-shore-Windkraft weltweit sehr ambitioniert ist und das Angebot an kritischen Komponenten, die Verfügbarkeit von (Werft-)Anlagen, Installationsschiffen und Arbeitskräften begrenzt ist. TenneT empfiehlt eine (europäische) koordinierte Strategie, um ausreichende und über Jahre hinweg stabile Kapazitäten in der Lieferkette zu gewährleisten.