Das Wahlsystem ist ein wichtiger Bestandteil einer Demokratie. Es regelt den Prozess der politischen Teilhabe und der Entscheidungsfindung. Von Land zu Land gibt es jedoch Unterschiede: Zwischen dem deutschen und dem niederländischen Wahlsystem sind die gar markant. Obwohl beide Länder repräsentative und parlamentarische Demokratien sind, bestehen bei den Wahlgesetzen und den Wahlverfahren deutliche Abweichungen, aber auch einige Gemeinsamkeiten.
Proportionalität gegen Mehrheitswahlrecht
Besonders in der Art der Wahl unterscheiden sich die beiden Nachbarländer stark. In den Niederlanden wird ein Verhältniswahlrecht angewendet, bei dem die Anzahl der Sitze im Parlament proportional zur Anzahl der erhaltenen Stimmen einer Partei ist. Dadurch wird eine größere Vielfalt politischer Parteien ermöglicht, gleichzeitig berücksichtig es auch mehr politische Meinungen in der Gesellschaft. In Deutschland hingegen wird ein gemischtes Wahlsystem verwendet. Dabei werden sowohl Direktkandidaten in den Wahlkreisen als auch Listenkandidaten gewählt. Dadurch entsteht eine Mischung aus Mehrheitswahlrecht und Verhältniswahlreicht.
Die Sperrklausel
Ein weiterer auffälliger Unterschied ergibt sich, wenn man auf die vertretenen Parteien in den Parlamenten schaut. In Deutschland schaffen es in der Regel zwischen fünf und sieben Parteien in den Bundestag. Dafür sorgt die Fünf-Prozent-Hürde. Diesen Prozentsatz muss eine Partei in Deutschland mindestens erreichen, um in das Parlament einzuziehen. Es soll dazu dienen, die politische Stabilität zu fördern. In den Niederlanden gibt es eine solche Sperrklausel nicht. Das hat zur Folge, dass auch kleine Partien mit einer geringen Anzahl von Stimmen in die Tweede Kamer gewählt werden können. Dennoch ist es erstaunlich, dass bei der letzten Wahl 2021 gleich 17 Parteien in das Parlament eingezogen. Rekord nach dem zweiten Weltkrieg.
Wahlkreise und Zweitstimmen
Auch die Art und Weise, wie die Wahlen organisiert sind, zeigen Unterschiede auf. Deutschland ist in Wahlkreise unterteilt, die Wähler haben zwei Stimmen: eine Erststimme für den Direktkandidaten ihres Wahlkreises und eine Zweitstimme für die Parteiliste. Die Erststimme bestimmt den Gewinner im Wahlkreis, während die Zweitstimme die Sitzverteilung im Bundestag beeinflusst. In den Niederlanden gibt es keine Wahlkreise und die Wähler haben nur eine Stimme für eine Parteiliste. Die Anzahl der Sitze, die eine Partei erhält, basiert auf der Gesamtzahl der erhaltenen Stimmen.
Die Vorzugsstimmen
Anders als im deutschen, gibt es im niederländischen Wahlsystem die Möglichkeit der Vorzugsstimmen. Bei Wahlen werden nicht nur Parteien gewählt, sondern auch einzelne Kandidaten innerhalb einer Partei. Die Vorzugsstimmen erlauben den Wählern, bestimmten Kandidaten innerhalb der Partei eine bevorzugte Stimme zu geben. Dadurch kann der Wähler die Reihenfolge dieser Liste zu beeinflussen. Wenn ein Wähler eine Partei wählt, kann er zusätzlich einen oder mehrere Kandidaten dieser Partei auswählen und ihnen seine Vorzugsstimme geben. Diese Stimmen werden als zusätzliche Unterstützung für den bevorzugten Kandidaten gezählt und können die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass dieser Kandidat einen Sitz im Parlament erhält.
Diese Gemeinsamkeiten gibt es zwischen den Ländern
Trotz vieler Unterschiede im deutschen und niederländischen Wahlrecht, verfügen die Länder auch über Gemeinsamkeiten:
Sowohl Deutschland als auch die Niederlande praktizieren ein allgemeines Wahlrecht. Alle Staatsbürger haben somit ab einem bestimmten Alter das Recht, an Wahlen teilzunehmen. Außerdem sind die Wahlen in beiden Ländern geheim. Dadurch werden Unabhängigkeit und Freiheit der Wählerstimmen gewährleistet. Dies- und jenseits der Landesgrenze gibt es zudem Regelungen zur Parteienfinanzierung. Es gibt Transparenzvorschriften und Grenzen für Spenden an politische Parteien. Zudem werden die Wahlen in beiden Ländern durch Wahlbeobachtung abgesichert, um einen rechtmäßigen Wahlablauf zu gewährleisten. Auch ist es in beiden Ländern möglich, durch eine Briefwahl an den politischen Weichenstellungen teilzunehmen. Es erleichtert die Wahlbeteiligung für Menschen, die nicht physisch im Wahlbüro erscheinen können.