100 Teilnehmern kamen zum Symposium „Deutschland-Niederlande: Grenzübergreifendes Gesundheitswesen“, das von der Ems Dollart Region (EDR) und dem Universitair Medisch Centrum Groningen (UMCG) organisiert wurde.
Der Blick über Grenzen bietet viele Chancen. Auf der anderen Seite der Grenze müssen Patienten vielleicht viel kürzere Zeit auf eine bestimmte Operation warten. Wir müssen den Menschen die Unsicherheit nehmen, damit sie auch die medizinischen Möglichkeiten im Nachbarland nutzen.“ Professor Dr. Alex Friedrich hielt schon zur Begrüßung des Symposiums „Grenzübergreifendes Gesundheitswesen“ in Groningen ein flammendes Plädoyer für die niederländisch-deutsche Kooperation im Bereich Gesundheit und Pflege. Die Veranstaltung wurde jetzt gemeinsam von der Ems Dollart Region (EDR) und dem Universitair Medisch Centrum Groningen (UMCG) organisiert. Rund 100 Gäste nahmen an dem Symposium im UMCG teil.
Friedrich, der Leiter der Mikrobiologie des UMCG, spricht dabei aus eigener Erfahrung. Er selbst leitete mehrere grenzübergreifende Projekte, die mit EU-Mitteln aus dem INTERREG-Förderprogramm unterstützt wurden. „In der Grenzregion kann nur durch die Zusammenarbeit zwischen den Nachbarländern eine optimale Patientenversorgung, Innovation und Forschung sowie eine umfangreich Aus- und Weiterbildung des Personals gewährleistet werden“, so der Experte.
Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit sei generell bei den Partnern vorhanden – treffe aber immer wieder auf Hindernisse, so Dr. Jochen Mierau. Der Dozent der Rijksuniversiteit und wissenschaftlicher Leiter der Aletta Jacobs School of Public Health betonte: „Leider muss man feststellen, dass wir in der Nähe manchmal oft noch sehr fern sind. Viele Regeln erschweren die interregionale Zusammenarbeit.“ Dabei steht für Mierau fest: „Wir brauchen den grenzübergreifenden Austausch. Beiderseits der Grenzen gibt es Innovationen, die auch beim Nachbarn genutzt werden könnten. Das ist ein Mehrwert für die ganze Grenzregion.“
Nicht auf Berlin, Hannover und Den Haag verlassen
Professor Dr. Alex Friedrich betonte: „Wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass die Situation an der Grenze in Berlin, Hannover oder Den Haag geregelt wird. Wir müssen vor Ort aktiv werden.“ In kurzen Präsentationen wurden unterschiedliche Projekte vorgestellt, die bereits für einen Brückenschlag im Gesundheits- und Pflegesektor sorgen. Diese Projekte wurden mit EU-Mitteln aus dem INTRERREG-Förderprogramm unterstützt und vom Regionalen Programmmanagement INTERREG der Ems Dollart Region begleitet. Ein entscheidender Schritt hinsichtlich grenzübergreifender Versorgung wird derzeit im INTERREG-Projekt „Common Care“ gemacht. Sabine Kretschmar, Leiterin der Fort- und Weiterbildung am Pius-Hospital Oldenburg, erläuterte im Symposium die Möglichkeiten, die im Projekt geschaffen werden. „Im Bereich Protonentherapie müssen die Patienten aus dem Nordwesten Deutschlands jetzt zum Beispiel nicht mehr nach Essen fahren, da die Therapie auch in Groningen stattfinden kann. Auch auf anderen Gebieten arbeiten wir an einer Effizienzsteigerung und Schaffung eines grenzübergreifenden Versorgungsnetzwerks im Gebiet der Ems Dollart Region. Die Niederländer können zum Beispiel von der Versorgung im Bereich Gastroenterologie und Pädiatrie profitieren“, so Kretschmar. Andere Bereiche des grenzübergreifenden Austauschs von Patienten seien im ersten Schritt die Orthopädie, Rheumatologie und Endokrinologie.
In einem weiteren vorgestellten INTERREG-Projekt mit dem Titel „EurHealth-1Health“ ging es um die Vermeidung von lebensgefährlichen Infektionen mit besonders resistenten Mikroorganismen. Dr. Corinna Glasner, Scientific Project Manager am UMCG, erläuterte das Projekt. In den Niederlanden ist die Prozentzahl der an „Krankenhauskeimen“ erkrankten Personen um ein mehrfaches niedriger als in Deutschland. Durch die grenzübergreifende Zusammenarbeit konnten niederländische Präventionsmaßnahmen auch auf deutsche und niederländische Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen übertragen werden.
Grenzübergreifende Praktikumsvermittlung
Dass niederländisch-deutsche Kooperationen nicht nur im wissenschaftlichen Bereich wichtig sind, machte Maud Diemer vom sozio-gesellschaftlichen Expertenzentrum „CMO STAMM“ deutlich. Sie berichtete vom Projekt „Sorgen für…, sorgen dass…“, in dem Auszubildende grenzübergreifend in Praktika vermittelt werden und Praxiserfahrung sammeln können. In der Zukunft soll auf dieser Basis der Einsatz von Fachkräften über die Grenze hinweg durch die gegenseitige Anerkennung von Diplomen möglich sein.
Zum Abschluss des Symposiums diskutierten die Teilnehmer in einem so genannten World-Café über das Thema „Gesundheitsversorgung über Grenzen hinweg: Herausforderungen, Chancen und Lösungsansätze.“ In kleinen Gesprächsrunden wurden unterschiedliche Facetten des Themas intensiv erörtert. „Der Austausch gelang auch deshalb so gut, weil die Teilnehmer aus den unterschiedlichsten Bereichen der Gesundheit und Pflege kamen. Es waren Geschäftsführer von Krankenhäusern, Krankenkassen-Vertreter, Ärzte, Dozenten und Vertreter von Gemeinden vor Ort“, zog Organisatorin Wiebke Kanngießer von der Ems Dollart Region ein positives Fazit.