Der 15. Mai stand ganz im Zeichen der deutsch-niederländischen Freundschaft. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 375. Jahrestags des Friedens von Münster erreichte das Rathaus ein symbolisches Friedensfeuer. Im Anschluss debattierten die Botschafter aus Deutschland und den Niederlanden über ihr diplomatisches Wirken. Erfahrene Historiker erklärten die bis heute spürbaren Auswirkungen dieses Friedensvertrags. Zudem nahm der neue Direktor des Zentrums für Niederlande-Studien die Gäste bei seiner Antrittsvorlesung mit auf eine Zeitreise.
In neongelben Leibchen brachten die letzten beiden Teilnehmer einer Läuferstaffel die brennende Friedensfackel in den Innenhof des Rathauses in Münster. An dem historischen Ort warteten zahlreiche Politiker, Historiker, Studenten aus Münster und Utrecht sowie weitere Interessierte.
Entflammt wurde das Feuer von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst genau zehn Tage zuvor in Zwolle. Dort wohnte er gemeinsam mit dem niederländischen Staatschef Mark Rutte den Feierlichkeiten anlässlich des niederländischen Befreiungstags bei.
Nun kam das Feuer im rund 130 Kilometer entfernten Münster an, nachdem es weitere Städte in den Niederlanden durchquerte. Dort wurde es von Münsters ehrenamtlicher Bürgermeisterin Angela Stähler und dem Kommissar des Königs der Provinz Overijssel entgegengenommen. Letztgenannter war bereits bei der Entfachung des Feuers in „seiner“ Provinzhauptstadt Zwolle zugegen.
Symbolisch zündeten sie gemeinsam eine Friedenskerze an, ehe Angela Stähler einige Worte an die Gäste richtete. Sie betonte, dass der Frieden von Münster ein gutes Beispiel dafür sei, dass eine Versöhnung immer möglich ist, „wenn man ernsthaft miteinander verhandelt.“ Sie nannte Deutschland und die Niederlande als Vorbild und hofft, dass auch ein Frieden zwischen der Ukraine und Russland schnellstmöglich erreicht werden könne.
Botschafter geben diplomatische Eindrücke
Im Anschluss wurde die Veranstaltung im Rathaus fortgeführt. Der niederländische Botschafter Ronald van Roeden und sein deutscher Amtskollege Jean Nunn sprachen über die diplomatische Arbeit in Europa und zwischen den beiden Ländern.
Unter dem Titel „Diplomatie und Sicherheit im heutigen Europa: Benötigen wir einen Westfälischen Frieden 2.0?“ debattierten sie gemeinsam mit Professor Jacco Pekelder vom Zentrum für Niederlande-Studien über die Frage, inwiefern ein vergleichbarer, angepasster Friedensvertrag dafür sorgen kann, den Ukraine-Krieg zu beenden.
Beide Botschafter lobten den in Münster ansässigen deutsch-niederländischen Militär-Corps und erläuterten die Relevanz einer guten Zusammenarbeit der beiden Länder in Zeiten eines Krieges auf dem eigenen Kontinent. Als Beispiel für einen gegenseitigen Antrieb wurde die Lieferung von niederländischen Panzern in die Ukraine genannt. Sie habe auch dafür gesorgt, dass sich das zögerliche Deutschland zu diesem Schritt entschieden habe.
Historiker erklären den Einfluss des Friedensvertrags
Nach den spannenden Einblicken betraten Historiker aus Deutschland, der Niederlande und den Vereinigten Staaten die Bühne. Sie verknüpften die Relevanz des Friedensvertrags mit anderen wegweisenden historischen Ereignissen und erläuterten seinen Einfluss.
In ihrem Beitrag nannte Beatrice de Graaf, Professorin an der Universität Utrecht, Indikatoren, warum der Friedensschluss von 1648 für das heutige, starke Europa so wichtig war.
Professor Bruce Schulmann von der Universität Boston verlinkte im Anschluss die Vorbildfunktion der damaligen Friedensgespräche mit denen nach dem Verfall der Sowjetunion. Dr. Justus Nipperdey von der Universität Saarland bezog sich in seinem Kurzbeitrag auf die frühe niederländische Republik und erläuterte seine Stellung als Großmacht in Europa.
Ebenfalls von der Universität Utrecht kam Dr. Jorrit Steehouder. Er erläuterte in seinem Beitrag die frühen Visionen der europäischen Einheit und ging dabei explizit auf die Ideen der Benelux-Länder ein, die sie aus ihrem Exil nach dem Zweiten Weltkrieg ausarbeiteten.
Professor Jacco Pekelder hält Antrittsvorlesung
Abgerundet wurde der Nachmittag mit der Inauguration von Professor Jacco Pekelder. Der niederländische Historiker ist seit 2021 Direktor des Zentrums für Niederlande-Studien (ZNS) in Münster. In einem interessanten Vortrag rekapitulierte der 56-Jährige die Jahrhunderte aus einem historischen Blickwinkel. Vom Jahr 1648 an bis in das in der Zukunft liegende Jahr 2048 nahm er die anwesenden Gäste mit auf eine Zeitreise und erläuterte die Historie sowie die Entwicklung der Dreiecksbeziehung Niederlande – Europa – Deutschland. Dabei prognostizierte er trotz „starker ideologischer Polarisierung und extremer Emotionalisierung“ einen positiven Ausblick für die gemeinsame europäische Zukunft.