Der Radtourismusmarkt boomt mehr denn je – vor allem in der Corona-Krise. Alle Anliegerkommunen am südlichen Niederrhein und in den Niederlanden sind sich einig, dass die Themenroute „Fietsallee am Nordkanal“ ihr Marktpotenzial noch besser nutzen kann und ergreifen daher die Initiative: Im Rahmen eines EU-Förderprojektes nutzen sie im ersten Schritt eine umfassende Bestandsaufnahme als Basis, um die grenzüberschreitende Route als touristische Attraktion erlebbarer zu machen.
Die touristische Radroute folgt dem einst von Napoleon Bonaparte geplanten „Grand Canal du Nord“ von Neuss, unter anderem über Mönchengladbach und Venlo, bis Nederweert über insgesamt 100 Kilometer – davon 50 Kilometer auf deutscher und 50 Kilometer auf niederländischer Seite. Der Kanal sollte die Handelsstädte mit Rhein und Maas verbinden und darüber hinaus den Zugang zum Seehafen Antwerpen schaffen. Im Rahmen der Euroga2002plus wurden die nie vollendete Trasse und die hohe Ingenieurskunst des 19. Jahrhunderts als euregionale Radroute und Land-Art-Projekt wieder neu in Szene gesetzt. Im Jahr 2009 wurde die Fietsallee zur Radroute des Jahres in Nordrhein-Westfalen gewählt. Aktuell ist sie auf beiden Seiten der Grenze aus der öffentlichen Wahrnehmung nahezu verschwunden. Daher sahen die deutsch-niederländischen Projektpartner Anlass zum Handeln.
Chancen der Digitalisierung
Ziel des Projektes ist ein grenzüberschreitend abgestimmter Maßnahmenkatalog zu einer einheitlichen bautechnischen und ergänzenden digitalen Infrastruktur. Die bislang verbindenden Elemente – prägnante Markierungsstellen, Bodenmarkierungen, Infotafeln und Rastplätze – sind rein analoger Natur. Doch gerade die Möglichkeiten der Digitalisierung, die sich seit dem Zeitpunkt der ursprünglichen Planungen vor 20 Jahren signifikant weiterentwickelt haben, bieten in den Augen aller Beteiligten große Chancen und Entwicklungsperspektiven, um das Interesse bei Zielgruppen jeden Alters zu wecken.
50 Prozent EU-Förderung
Für die Bestandsaufnahme zur Qualitätsoffensive „Fietsallee am Nordkanal“ wurde innerhalb des Interreg VA Rahmenprogramms Deutschland-Nederland eine 50-prozentige Anteilsfinanzierung von der euregio rhein-maas-nord bewilligt. Die Projektlaufzeit erstreckt sich vom 01.07.2020 bis zum 28.02.2021. Ein Folgeprojekt zur Umsetzung von qualitätssteigernden Maßnahmen ist bereits in Vorbereitung.
Projektpartner
Die Marketing Gesellschaft Mönchengladbach (MGMG) hat die Initiative ergriffen, alle Partner an einen Tisch gebracht und als Lead-Partner die inhaltliche und administrative Koordinierung übernommen. Neben Vertretern aus den Bereichen Planung und Tourismus der zwölf Anliegerkommunen (Neuss, Kaarst, Korschenbroich, Willich, Mönchengladbach, Viersen, Grefrath, Nettetal, Straelen, Venlo, Peel en Maas, Nederweert), engagieren sich auch der Rhein-Kreis Neuss und der Kreis Viersen für die Attraktivitätssteigerung der Radroute.
Das Routebureau Noord- en Midden-Limburg koordiniert mit seiner Expertise für radtouristische Infrastruktur und Digitalisierung der Routen die grenzüberschreitende Abstimmung als zentraler niederländischer Ansprechpartner. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Viersen mbH und die Niederrhein Tourismus GmbH begleiten die Qualitätsoffensive bereits seit der Vorbereitungsphase und bleiben fachlich beratend einbezogen.
Komplexe Bestandsaufnahme als Basis für Maßnahmenkatalog
Seit der Routeneröffnung hat keine Gesamtbestandsaufnahme mehr stattgefunden, deshalb steht eine detaillierte Dokumentationsbefahrung per Rad und Kamera im Mittelpunkt des Projektes, die in digitaler Abstimmung an das Ingenieurbüro VIA e.G. vergeben wurde. Problematische Strecken, Gefahrenpunkte, Markierungs- und Ausschilderungsmängel werden dokumentiert und mit Empfehlung zur Beseitigung kommentiert. Gleichzeitig gilt es durch die Projektpartner selbst, die verkehrstechnischen und städtebaulichen Entwicklungen auf Berührungspunkte mit der Routenführung zu untersuchen und neue und alte Geschichten am Wegesrand zu entdecken. Diese beiden Untersuchungsinhalte bilden gemeinsam die Ausgangsbasis für einen euregional abgestimmten Maßnahmenkatalog. Um die Bevölkerung in die Planungen zur Qualitätsoffensive einzubeziehen, werden Ende des Jahres im Rahmen eines Workshop Wünsche und Anregungen von ehrenamtlich engagierten Vereinen und Interessensverbänden aufgenommen.