Ein Blogbeitrag vom niederländischen Rechtsanwalt Wouter Timmermans
Mit einem Pfandrecht sichern Gläubiger ihre Forderungen ab. Zahlt ein Schuldner die Rechnungen nicht, ist ein Gläubiger berechtigt, einen Gegenstand des Schuldners, der von dem Gläubiger als Pfand einbehalten wird, zu verkaufen, um damit seinen Anspruch zu begleichen. Im Falle der Insolvenz des Schuldners darf der Gläubiger sogar seine Rechte aus dem Pfandrecht ausüben, „als ob es keine Insolvenz gegeben hätte“. Im deutschen Gesetz steht, dass ein Frachtführer automatisch ein Pfandrecht am Transportgut hat. Zahlt der Auftraggeber nicht, kann sich der Frachtführer durch Pfandverwertung eine Kompensation holen. Gibt es nach niederländischem Recht auch ein gesetzliches Frachtpfandrecht? Wenn nicht, wie wird dann ein niederländisches Frachtpfandrecht bestellt?
Das niederländische Faustpfandrecht
Anders als im deutschen Recht entsteht im niederländischen Recht ein Frachtpfandrecht nicht kraft Gesetz, sondern durch einen Vertrag. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes „Faustpfandrecht”. Zur Bestellung eines solchen Pfandrechts an einer beweglichen Sache ist es erforderlich, dass…
- …ein Pfandvertrag abgeschlossen worden ist;
- …eine Besitzübertragung der Fracht stattgefunden hat;
- …der Auftraggeber befugt ist, ein Pfandrecht zu Gunsten des Frachtführers zu bestellen.
- Ein Pfandvertrag vereinbaren
Die Bestellung eines Faustpfandrechts kann ausdrücklich im Transportvertrag vereinbart werden. Es reicht aber auch aus, dass der Frachtführer mit dem Auftraggeber vereinbart, dass die Algemene Vervoerscondities (AVC) oder die Fenex-Voorwaarden Anwendung finden. Diese AGB enthalten Standard-Klausel, womit ein Pfandrecht zu Gunsten des Frachtfühers bestellt wird (s. Artikel 24 der Algemene Vervoerscondities 2005 und Artikel 17, Absatz 3 der Nederlandse Expeditievoorwaarden).
Vorsichtshalber wird darauf hingewiesen, dass im Falle eines Transports von Deutschland in die Niederlande oder andersrum automatisch der CMR-Vertrag anwendbar ist. Der CMR-Vertrag regelt aber nichts bezüglich der Bestellung eines Faustpfandrechts.
- Besitzübertragung
Im Rahmen der Durchführung des Transports geht der Besitz der Fracht in der Regel auf den Frachtführer über. Damit hat die Besitzübertragung stattgefunden.
- Der Auftraggeber ist befugt, ein Pfandrecht zu Gunsten des Frachtführers zu bestellen
Nur der Eigentümer der Fracht ist befugt, rechtsgültig ein Pfandrecht zu Gunsten des Frachtführers zu bestellen. Entscheidend dabei ist der Zeitpunkt, in der die Ware in die Verfügungsgewalt des Pfandgläubigers übergeht. Verfügt der Eigentümer (Pfandgeber) zu diesem Zeitpunkt über die Verfügungsgewalt der Ware, entsteht das Pfandrecht. Wenn das Pfandrecht nicht von einem Eigentümer bestellt worden ist, kann es angefochten werden. Unter bestimmten Umständen kann der Frachtführer sich aber mit Erfolg darauf berufen, dass trotzdem ein rechtsgültiges Pfandrecht zustande gekommen ist.
Rechtstreitigkeiten
Obwohl die Regeln bezüglich des niederländischen Faustpfandrechts recht klar sind, führt es in der Praxis häufig zu Rechtsstreitigkeiten. Was es extra kompliziert machen kann, ist, wenn auch noch internationale Aspekte (zum Beispiel ein deutsch-niederländisches Verhältnis) eine Rolle spielt.
Wenn Sie Frachtführer oder Auftraggeber sind und Sie zu diesem Thema Fragen haben, können Sie Kontakt mit Wouter Timmermans, niederländischer Rechtsanwalt in der Kanzlei Stellicher advocaten NV in Arnheim (Niederlande) aufnehmen.
Über den Autor
Wouter Timmermans berät und vertritt seit vielen Jahren deutsche Unternehmen mit seiner Expertise im niederländischen Recht. Er ist Anwalt der Kanzlei Stellicher advocaten NV in Arnheim (Niederlande) und Co-Vorsitzender des Deutsch-Niederländischen Businessclubs Gelderland.