Die Wirtschaft steht in großen Teilen still. Doch die Fragen der deutsch-niederländischen Grenzgänger bleiben – ergänzt um konkrete Sorgen und bisher unbekannte Probleme. Ein Gespräch mit Carola Schroer vom GrenzInfoPunkt der Euregio Rhein-Waal über die Beratung von Grenzgängern in der Coronakrise.
AHA24x7.com: Derzeit sind keine persönlichen Gespräche möglich. Wie halten Sie die Beratung aufrecht?
Wir arbeiten vom Homeoffice aus, sind aber für Fragen telefonisch oder per E-Mail erreichbar. Das ist sicherlich ungewohnt, funktioniert aber auch.
AHA24x7.com: Welche Fragen bewegen die Grenzgänger derzeit am meisten?
Carola Schroer: Die Fragen der Grenzgänger drehen sich in dieser Situation natürlich vor allem um das Thema „Corona“. Wir erhalten sehr viele Fragen von Selbständigen, die in Deutschland wohnen, aber ihren Betrieb in den Niederlanden haben, die sogenannten „ZZPers“ wie beispielsweise Physiotherapeuten. Typische Fragen sind, ob die Grenze offen bleibt, ob ich noch in Deutschland einkaufen darf oder ich ins Nachbarland umziehen kann. Also die ganze Bandbreite. Natürlich kommen auch noch die „normalen“ Fragen bei uns rein, bei denen es um Steuern oder Sozialversicherungen geht.
„Wenn man nicht in einer niederländischen Gemeinde gemeldet ist, erhält man keine Unterstützung vom Staat.“
AHA24x7.com: Durch das Raster fallen offenbar ZZPer. Was können Sie ihnen empfehlen?
Carola Schroer: Eigentlich geraten alle „zwischen die Stühle“, die in Deutschland wohnen und in den Niederlanden ihr Unternehmen haben, da die Unterstützungsregelungen für diese Gruppe an dem Wohnort festgemacht werden. Das heißt konkret: Wenn man nicht in einer niederländischen Gemeinde gemeldet ist, erhält man keine Unterstützung vom Staat. In Deutschland wird diese Gruppe auch nicht unterstützt, da das Unternehmen in Deutschland nicht registriert ist. Für Hilfe bei der deutschen Gemeinde (Hartz 4) kommen diese Leute auch nicht in Frage, da sie ja nicht arbeitssuchend sind. Im Moment können wir nur empfehlen, Geduld zu haben…
Die Niederländer, die in Deutschland ein Unternehmen haben, können aber in Deutschland Unterstützung bekommen, da diese nicht vom Wohnort des Unternehmers abhängig ist. Der Betroffene braucht lediglich die Steuernummer seines Unternehmens und seine SteuerID.
AHA24x7.com: Wie wichtig ist zurzeit der persönliche bzw. telefonische Kontakt zu den Grenzgängern?
Carola Schroer: Für diese Menschen ist der telefonische Kontakt sehr wichtig. Das ist mir in den vergangenen beiden Wochen sehr deutlich geworden. Sie sind froh, dass sich überhaupt jemand um ihr Anliegen kümmert – und ihnen auch zuhört. Sie sind meistens erleichtert, dass sie wenigstens beim GrenzInfoPunkt eine vernünftige Antwort bekommen und nicht „von Pontius zu Pilatus“ geschickt werden, was oft passiert, bevor die Leute bei uns landen.
„Ich versuche auf jeden Fall, den Leuten ein wenig die Unsicherheit zu nehmen und versichere ihnen, dass wir uns um ihre Fragen kümmern.“
AHA24x7.com: Sind Sie derzeit nicht auch als „Psychologin“ gefordert?
Carola Schroer: Ja, ich fühle mich tatsächlich fast wie eine Psychologin. Ich versuche auf jeden Fall, den Leuten ein wenig die Unsicherheit zu nehmen und versichere ihnen, dass wir uns um ihre Fragen kümmern. Dann sind sie auch zufrieden und wissen, dass sie im Moment Geduld haben müssen und nicht alles schnell geregelt werden kann.
AHA24x7.com: Wie funktioniert die Kooperation mit den anderen Partnern der GIPs in dieser Krisenzeit? Dort werden vermutlich auch viele Kollegen im Homeoffice arbeiten.
Carola Schroer: Wir haben natürlich telefonischen Kontakt zu den Kollegen, aber auch über Skype und Mail. Zudem haben wir mit allen GIPs (auch Belgien) ein Forum ins Leben gerufen, in dem die Fragen gemeldet und von anderen Kollegen gegebenenfalls beantwortet werden können. Auch die neuesten Informationen werden hier ausgetauscht. Also stehen wir ständig in Kontakt mit allen GIPs. Das funktioniert wunderbar!
Vielen Dank für das Gespräch – und bleiben Sie gesund!