Das Handwerk trägt durch seinen Fokus auf Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit maßgeblich zur Nachhaltigkeit bei. Als entscheidender Umsetzer der Klimatransformation ist seine Expertise unersetzbar. In NRW und den Niederlanden liegen gute Marktchancen für Handwerksunternehmen unter anderem in der energetische Gebäudesanierung und dem energieeffizienten Neubau. Aber auch Effizienzlösungen für Maschinenbau und Produktion bieten Handwerk und kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Raum für innovative Entwicklungen. Das Erreichen der Klimaziele hängt ab von vielen Faktoren – über die Chancen, die dies gerade innovativen KMU und Handwerksunternehmen bietet, haben sich 70 Unternehmensvertreter aus den Niederlanden und NRW beim Nachhaltigkeitsgipfel Handwerk Niederlande und NRW ausgetauscht. Eröffnet wurde die Veranstaltung durch den Vizepräsident der HWK Münster, Jürgen Kroos, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur hat die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einer Videobotschaft ermutigt, den Weg der Nachhaltigkeit für ihr Unternehmen konsequent zu beschreiten – insbesondere auch grenzüberschreitend. Die niederländische Konsulin Willemijn van der Toorn hat ebenso zu einer intensiven grenzüberschreitenden Zusammenarbeit eingeladen, um gemeinsam Antworten auf die Herausforderungen der Klimawende zu finden.
Viele Herausforderungen
Die Einführung ins Thema gab Professor Dr. Jens Südekum, Professor für International Economics an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Er legte dar, wie Konjunktur, Energiepreise und Industrieproduktion im Deutschland der Zeitenwende sich auf die Aussichten der Unternehmen auswirken. Während viele Indikatoren schon wieder steil nach oben zeigen und die Industrieproduktion in NRW den Stand von Anfang 2022 – also vor dem russischen Überfall auf die Ukraine – wieder erreicht hat und die nicht energieintensiven Industrien diesen sogar deutlich übertreffen und die Zinswende auch die Bauwirtschaft wieder positiv beflügelt, geben auch einige Faktoren Anlass zu Sorge.
Der sich abzeichnende Fachkräftemangel, der mit dem Ausscheiden der Babyboomer aus dem aktiven Arbeitsleben in den nächsten Jahren verstärkt wird einerseits, die zu geringen öffentlichen und privaten Investitionen insbesondere in Technologien der Dekarbonisierung andererseits hemmen die Geschwindigkeit, die erforderlich ist, um den grünen Wandel schnell herbeizuführen. Um private Investitionen zu stärken und den Wandel dadurch zu beschleunigen, sollten „Unternehmen für klimafreundliche Investitionen eine Steuergutschrift von 25 Prozent der Investitionssumme erhalten“, so der abschließende Vorschlag von Professor Dr. Jens Südekum.
Two4C
Anschließend hatten die Praktiker das Wort. Das Projekt Two4C, das die HWK Münster gemeinsam mit niederländischen Partnern durchführt, befasst sich mit innovativen Verpackungslösungen. Das Projekt unterstützt ganz konkret Unternehmen in den Niederlanden und NRW bei der Einführung nachhaltiger zirkulärer Verpackungen. Durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit schaffen Unternehmen für jede individuelle Verpackungssituation die passende nachhaltige zirkuläre Verpackung – ein vierfacher Gewinn für Produzent, Abnehmer, Endkunden und Natur. „Mehr als 85 Prozent der KMU des verarbeitenden Gewerbes wünschen sich einen leichteren Zugang zu Optimierungsstrategien, um die Kreislaufwirtschaft zu verbessern“ fasst Projektleiter Thomas Melchert von der HWK Münster die Motivation für das 2023 gestartete Interreg-Projekt zusammen.
Fördermöglichkeiten vorhanden
Anschließend formulierten fünf Schüler der Gesamtschule Rhede ihre Erwartungen und Nachhaltigkeits-Wünsche an ihre zukünftigen Arbeitgeber im Handwerk – schließlich sind sie die Generation, die mit den Folgen des Klimawandels werden umgehen müssen. Daher haben sie ein großes Interesse am Erfolg einer nachhaltigen Wirtschaftswende und wählen daher die Unternehmen, bei denen sie ihre Ausbildung beginnen, gut aus.
Justus Schünemann und Dr. Kai Pflanz, Förderberater der NRW.BANK mit Niederlassungen in Düsseldorf und Münster stellten am Beispiel einer handwerklichen Tischlerei anschaulich die Fördermöglichkeiten vor, die kleinen und mittleren Unternehmen zur Verfügung stehen, um ihr Unternehmen nachhaltig und zukunftssicher aufzustellen. „Nutzen Sie professionelle Beratung, um vom ersten Schritt an sinnvoll die besten Förderinstrumente für Ihr Unternehmen zu identifizieren“, so Schünemann. „Vielfältige Förderansätze und Förderprogramme stehen zur Verfügung, die jeweils auf die Bedarfe eines Unternehmens abgestimmt werden können. Die NRW.BANK berät hierzu neutral und kostenlos“, ergänzte Dr. Kai Pflanz.
Gemeinsame NRW-niederländische Initiativen
Den Blick in die Niederlande und auf gemeinsame NRW-niederländische Initiativen richtete Hans Brouwers von TECH.LAND. Dabei handelt es sich um eine grenzüberschreitenden Initiative der niederländischen Wirtschaftsförderung Oost NL, der HWK Münster und weiterer Partner beidseits der Grenze. „Wir wandeln die Grenze um in Verbindungen“, so Hans Brouwers, „weil wir gemeinsam schlagkräftiger sind um die künftigen Herausforderungen anzugehen“.
Abschließend stellten Ines Haydn und Birgitt Helms, Ressourceneffizienz-Beraterinnen und CIRCO-Trainerinnen der Effizienz-Agentur NRW das CIRCO-Programm vor. Die Effizienz-Agentur NRW ist die erste Beratungseinrichtung außerhalb der Niederlande, die das in den Niederlanden entwickelte CIRCO-Programm umsetzt. Anknüpfend an die einführende Präsentation des Projekts Two4C, das mit der CIRCO-Beratung zusammenarbeitet, erläuterten die Expertinnen, wie wichtig das Design eines Produkts für seine Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit ist. Sie bieten regelmäßig Workshops in NRW an, um Unternehmen zu helfen, für ihre eigenen Produkte zirkuläre Strategien vom Design über die Wertschöpfungskette bis zum After Sales Service von vornherein mitzudenken und damit ihr Geschäftsmodell grundlegend zirkulär anzulegen.